Polen fordert von Deutschland 1,32 Billionen Euro an Reparationen als Wiedergutmachung für die im Zweiten Weltkrieg angerichteten Schäden. Foto: dp/Jens Büttner

Nach dem Zweiten Weltkrieg hat Deutschland auf verschiedenen Wegen Wiedergutmachung geleistet. Doch bis heute erheben einige Länder noch immer Ansprüche an Deutschland.

Deutschland sollte ursprünglich 320 Milliarden US-Dollar als Reparationszahlungen für den Zweiten Weltkrieg leisten. Diese ungeheure Summe war für das vom Krieg völlig zerstörte Land nicht zu leisten.

So reduzierten die vier Siegermächte USA, Sowjetunion, Großbritannien und Frankreich nach 1945 die Reparationen zunächst auf 16,2 Milliarden Deutsche Mark und schließlich 1952 auf sieben Milliarden Deutsche Mark Nachkriegsschulden, sowie auf 7,3 Milliarden Deutsche Mark für Vorkriegsschulden.

Die Alliierten verständigten sich nach 1945 darauf, Reparationen besonders in Form von Demontagen und der Beschlagnahme und Verteilung des deutschen zu erheben. Jede der vier Siegermächte entnahm ihre Reparationen aus der jeweiligen Besatzungszone.

Die anderen ehemaligen Kriegsgegner wurden über die Interalliierte Reparationsagentur beteiligt. Die Sowjetunion befreite die DDR 1953 von weiteren Leistungen.

Mehrere Abkommen regeln die Schulden

Das Londoner Schuldenabkommen von 1953 schob die Regelung aller noch offenen Reparationsfragen bis zum Abschluss eines Friedensvertrags mit Deutschland auf. Das Moratorium wurde 1990 durch den Zwei-Plus-Vier-Vertrag gegenstandslos.

1953 trat das deutsch-israelische Wiedergutmachungsabkommen in Kraft, in dem sich Deutschland zu einer Entschädigung im Wert von drei Milliarden D-Mark an Israel verpflichtete. Zudem flossen 450 Millionen Mark an die Jewish Claims Conference für jüdische Flüchtlinge außerhalb Israels.

Die Bundesrepublik schloss von 1959 bis 1964 mit zwölf westeuropäischen Ländern sogenannte Globalabkommen. Sie erhielten einen Festbetrag, der von 400 Millionen Mark für Frankreich über 125 Millionen für die Niederlande, 115 Millionen für Griechenland bis zu einer Million für Schweden reichte.

Insgesamt wurden dafür 971 Millionen Mark (gut 496 Millionen Euro) zur Verfügung gestellt. Nach der Wiedervereinigung schloss Deutschland auch mit osteuropäischen Staaten Abkommen.

Bundesgesetze

Die Wiedergutmachung für NS-Opfer wurde im Wesentlichen durch das Bundesgesetz zur Entschädigung für Opfer der nationalsozialistischen Verfolgung, das später durch einige Härtefonds ergänzt wurde, und das Bundesrückerstattungsgesetz geregelt.

Stiftung

Im Jahr 2000 wurde die mit zehn Milliarden Mark ausgestattete Stiftung „Erinnerung Verantwortung und Zukunft“ gegründet. Sie dient vor allem der Entschädigung ehemaliger Zwangsarbeiter.

Polen stellt umfangreiche Forderung

Jahrelang hat eine staatliche Kommission in Polen die Schäden durch Nazi-Deutschland ausgerechnet. Jetzt steht eine Summe im Raum: mehr als 1,3 Billionen Euro. Der Bericht beziffert die Weltkriegsschäden auf 6,22 Billionen Zloty (umgerechnet knapp 1,32 Billionen Euro).

Allein die Verluste für die Volkswirtschaft durch nicht mehr erbrachten Einkommen der Getöteten schätzte die Kommission auf 919 Milliarden Euro. Den materiellen Schaden, der durch den deutschen Angriff und die Besatzung entstand, beziffert das Gutachten auf 170 Milliarden Euro. Hinzu kommen zerstörte Kulturgüter und Kunst im Wert von vier Milliarden.

Für die Bundesregierung ist das Reparationsthema mit dem Zwei-Plus-Vier-Vertrag von 1990 rechtlich und politisch abgeschlossen. In dem Vertrag zwischen Bundesrepublik, DDR und den vier ehemaligen Besatzungsmächten sind Reparationen allerdings nicht ausdrücklich erwähnt. Außerdem waren zahlreiche angegriffene und besetzte Staaten wie Griechenland und Polen an den Verhandlungen nicht beteiligt.

Griechenland fordert ebenfalls Geld

Auch Griechenland fordert von Deutschland Reparationen für die im Zweiten Weltkrieg von den deutschen Besatzern angerichteten Zerstörungen. „Ich möchte unterstreichen, dass das Thema der Reparationen Deutschlands für die griechische Regierung, aber hauptsächlich für die griechische Gesellschaft, offen bleibt“, betont Außenminister Nikos Dendias.

Italien scheitert mit Klage gegen Deutschland

Im Mai 2022 hatte Italien Deutschland im langwährenden Rechtsstreit über Schadenersatz für die Opfer von Verbrechen der Wehrmacht in den Jahren 1943 bis 1945 zum zweiten Mal vor dem Internationalen Gerichtshof verklagt. Deutschland beruft sich auf die sogenannte Staatenimmunität, die individuellen Entschädigungsforderungen entgegenstehe.

In einem ersten Verfahren hatte der Internationale Gerichtshof die deutsche Position 2012 bestätigt. Die Richter entschieden damals, dass italienische Gerichte die Bundesrepublik nicht verpflichten können, Wiedergutmachung an einzelne Opfer oder Angehörige von Opfern deutscher Kriegsverbrechen zu bezahlen.

Sowjetunion beschlagnahmt DDR-Produktion

Nach 1945 wurde das gesamte deutsche Auslandsvermögen, die deutsche Handelsflotte und alle deutschen Patente beschlagnahmt. Ein großer Teil der Reparationsansprüche wurde durch Demontagen (beendet 1950, 1948 in der Sowjetischen Besatzungszone, SBZ) und Entnahmen aus der laufenden Produktion (insbesondere in der ehemaligen DDR) sowie Arbeitsleistungen Deutscher im Ausland kompensiert.

Nach Angaben der Westmächte betrug der Sachwert der deutschen Reparationen etwa 500 Millionen US-Dollar, nach westlichen Schätzungen lag der Wert der deutschen Reparationen an die Sowjetunion bei mehr als 15 Milliarden Dollar. Am 1. 1. 1954 hatte die Sowjetunion schließlich auf weitere deutsche Reparationen verzichtet.

Jugoslawien erhält ebenfalls Zahlungen

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden Reparationen an Jugoslawien gezahlt. Nach Einschätzung der Reparationskommission der Bundesvolksrepublik Jugoslawien aus dem Jahr 1945 belief sich der Gesamtbetrag der Kriegsschäden, die Jugoslawien im Zweiten Weltkrieg erlitten hatte, ab 1938 auf 46,9 Milliarden US-Dollar, berechnet nach dem Wert bei Kriegsausbruch.