Noch sind Windräder im Rems-Murr-Kreis Exoten. Foto: Gottfried Stoppel

Das Windkraftangebot im Rems-Murr-Kreis ist noch ziemlich überschaubar. Doch neue Vorgaben machen mehr möglich.

Die Energiekrise beschleunigt zumindest die Vorgaben. Die Bundesländer müssen künftig deutlich mehr Flächen für die Windkraft bereitstellen. Das Bundeskabinett hat einen Gesetzentwurf auf den Weg gebracht, wonach in Deutschland im Jahr 2026 insgesamt 1,4 Prozent der Bundesfläche für Windkraft ausgewiesen und im Jahr 2032 das Zweiprozentziel erreicht werden soll. Bundesländer, in denen der Wind stärker weht, sollen einen Anteil von 2,2 Prozent erreichen und andere – darunter Baden-Württemberg – nur 1,8 Prozent.

Kommen in der Region Stuttgart mittlerweile mehr Flächen in Betracht?

Ja, während bisher 647 Quadratkilometer oder 17,7 Prozent der Flächen als potenziell windkraftgeeignet eingestuft wurden, kommen laut dem neuen Windatlas aus dem Jahr 2019 mit 1239 oder 33,9 Prozent der Regionsfläche, also fast doppelt so viel, in Betracht. Im Rems-Murr-Kreis hingegen haben die neuen Rahmenbedingungen die Fläche reduziert. Laut dem Regionsverband sind die Potenzialareale von 167 Quadratkilometern oder 19,5 Prozent der Fläche auf 117 Quadratkilometer (13,9 Prozent) geschrumpft.

Woran liegt das?

Im jüngsten Windatlas zieht die Landesregierung für potenzielle Standorte nicht mehr die sogenannte Windhöffigkeit heran, sondern die Windleistungsdichte, die bei mindestens 215 Watt pro Quadratmeter liegen muss. Außerdem liegen genauere Berechnungen zum Windangebot vor. Zudem sind die Windräder höher und leistungsfähiger geworden.

Welche Flächen sind ausgeschlossen?

Neben Ausschlusskriterien wie Besiedelung oder Gründen der Verkehrssicherheit sind sogenannte Landmarken definiert, besonders erhaltenswerte Kulturlandschaften. Im Rems-Murr-Kreis sind fünf Landmarken definiert, vom Juxkopf bei Spiegelberg bis zur Y-Burg in Stetten.

Wo gibt es bereits Windräder ?

Nachdem lange Jahre gewissermaßen als Exot in der Landschaft ein einsames Windrad in Welzheim seine Kreise gedreht hatte, kamen 2017 drei Anlagen auf dem Goldboden bei Winterbach hinzu.

Wo könnten neue entstehen?

Weil die Deutsche Flugsicherung ihr bisher für die Luftfahrtnavigation benötigtes Drehfunkfeuer bei Affalterbach (Kreis Ludwigsburg) im Jahr 2023 außer Betrieb nehmen will, fällt für mehrere Standorte ein bisheriges Ausschlusskriterium weg. Für die Standorte Amalienhöhe in Aspach, Zollstock-Springstein in der Backnanger Bucht, Hörnle in Winnenden und Leutenbach sowie die Buocher Höhe würde das bisher geltende Bauverbot für Windräder in einem Radius von 15 Kilometern entfallen.

Gibt es Bestrebungen zur Beschleunigung von Genehmigungsverfahren?

Das Landratsamt verfolgt eigenen Angaben zufolge zum einen den Ansatz, die internen Verwaltungsprozesse zu optimieren und so die Verfahrensdauer zu reduzieren. Zum anderen wolle man durch eine frühzeitige Information und Kommunikation mit den kommunalen Planungsträgern mögliche Konflikte mit anderen öffentlichen Belangen vorausschauend vermeiden beziehungsweise minimieren. Für die Umsetzung dieser Ansätze wurde eine „Taskforce Erneuerbare Energien“ gebildet. Diese untergliedert sich in die Bereiche „Windkraft“ und „Freiflächenfotovoltaik“.

Was sagen Kritiker?

Die Bürgerinitiative Pro Schurwald moniert, dass die geringen Windstromerträge in keinem Verhältnis zu den „gravierenden Beeinträchtigungen und Nachteilen für Landschaft, Natur und Menschen“ stünden. Auch die FDP im baden-württembergischen Landtag zählt zu den Kritikern. Der Fraktionsvorsitzende Hans-Ulrich Rülke: „Das Problem der Energiewende in Baden-Württemberg sind nicht fehlende Flächen, sondern der fehlende Wind. Nur weil man mehr Flächen für Windräder ausweist, weht trotzdem nicht mehr Wind in Baden-Württembergs Schwachwindregionen.“