Ob in Konstanz oder anderswo: Sonnenstunden gab es reichlich in diesem Jahr. Foto: //bodenseebilder.de

Der Trend ist eindeutig: Die Sommermonate werden immer heißer, trockener, sonnenreicher. Die Klimaerwärmung macht auch Deutschland zunehmend zu schaffen.

Sonne satt: Die vergangenen drei Monate waren in Deutschland so sonnenreich wie noch kein Sommer seit 1951, als zum ersten Mal die Sonnenscheindauer aufgezeichnet wurde. Und es gibt noch einen anderen Rekord: Normalerweise scheint die Sonne 1544 Stunden im ganzen Jahr – zumindest, wenn man das vieljährige Mittel der Jahre 1961 bis 1990 (international gültige Referenzperiode) betrachtet. Der Wert wurde aber bereits zu Beginn vergangener Woche übertroffen. „Die Sonne hat ihr Arbeitssoll für das Jahr 2022 also schon über vier Monate vor Jahresende erreicht“, sagt der Meteorologe Markus Übel vom Deutschen Wetterdienst (DWD). Wir blicken auf den Sommer 2022 zurück.

Wie lange schien die Sonne? Nach der vorläufigen Bilanz des DWD und der Prognose bis Monatsende gab es im Sommer, also vom 1. Juni bis 31. August, bundesweit 817 Sonnenstunden. Damit schlägt der Sommer 2022 den bisherigen Rekord 2003 mit 793,3 Stunden. Zur Erinnerung: Bereits im März gab es mit rund 235 Sonnenstunden einen neuen Rekord für diesen Monat.

Wie sieht die Temperaturbilanz aus? „Zu heiß und zu trocken“ – so lautet die Bilanz der Meteorologen. Der DWD-Experte Andreas Friedrich betont aber, dass es keinen neuen bundesweiten Rekord gibt. Dieser Sommer gehört mit einer Durchschnittstemperatur von 19,2 Grad zwar zu den heißesten, landet aber nicht auf dem ersten Platz. Den hält nach wie vor der Jahrhundertsommer 2003 mit 19,7 Grad Celsius im Bundesdurchschnitt. Nach der vorläufigen Auswertung liegt der diesjährige Sommer temperaturmäßig auf dem vierten Platz. Das sind ganze 2,9 Grad mehr als in der Referenzperiode von 1961 bis 1990 – und immer noch 1,6 Grad mehr im Vergleich zum Durchschnitt der generell wärmeren Jahre 1991 bis 2020.

Wie groß ist die Trockenheit? In Teilen Deutschlands ist es nach wie vor extrem trocken. Doch insgesamt haben in manchen Regionen – etwa in Süddeutschland am Alpenrand – die teils starken Niederschläge der vergangenen Tage dazu geführt, dass bundesweit kein neuer Dürrerekord zu verzeichnen ist. Gleichwohl ist der diesjährige Sommer viel zu trocken, vor allem im Westen und in der Mitte Deutschlands. Anfang August steuerte die Dürre in Deutschland noch auf einen neuen Rekord zu: Vom 1. Juni bis 10. August wurden bundesweit nur 103 Liter Niederschlag pro Quadratmeter gemessen – im Durchschnitt der Jahre 1961 bis 1990 waren es in dieser Zeit 239 Liter. Vielerorts wurden nur 5 bis 20 Prozent des üblichen Niederschlages gemessen. An manchen Messstationen, etwa in Würzburg, wurde in den ersten drei Augustwochen gar kein Niederschlag registriert. In der Endabrechnung ist der Sommer 2022 nach den jüngsten Regenfällen nun mit rund 145 Litern pro Quadratmeter der sechsttrockenste Sommer. Das bedeutet laut DWD knapp 40 Prozent weniger Niederschlag als im Mittel der Jahre 1961 bis 1990.

Was ist die Ursache für das anhaltende Sommerwetter? Typisch für diesen Sommer: Azorenhochableger nisteten sich über Westeuropa und Teilen Mitteleuropas ein, so wie etwa um den 20. August. Damals brachte Tief Karin zunächst teilweise große Regenmengen mit sich, wurde aber alsbald vom Azorenhochableger Piet verdrängt. Allerdings gab es dabei auch in Deutschland „immer wieder Gerangel in den Randbereichen“, wie es der DWD-Meteorologe Lars Kirchhübel formulierte: Da versuchten atlantische Tiefs, aufs Festland vorzudringen.

Was hat dieser Sommer mit dem Klimawandel zu tun? Andreas Friedrich vom DWD kommentiert den diesjährigen Sommer mit klaren Worten: „Wir sehen eine Manifestierung der Klimaerwärmung.“ Dabei erinnert er an die jüngsten Hitzesommer 2018 mit durchschnittlich 19,3 Grad Celsius und 2019 mit 19,2 Grad. „Dass wir solche Rekorde immer häufiger erleben, ist eindeutig ein Ergebnis des Klimawandels.“ Der Trend zur immer weiteren – und auch schnelleren – Erwärmung zeichnet sich auch in diesem Jahr wieder deutlich ab: Bereits der Januar war mit einer Abweichung von plus 3,5 Grad gegenüber der Referenzperiode von 1961 bis 1990 viel zu warm, der Februar war mit einer Abweichung von plus 4,1 Grad sogar noch wärmer.

Was sind die Auswirkungen? In diesem Sommer waren es die Hitzeperioden mit deutlich über 30 Grad Celsius, die vielen Menschen zu schaffen machten. Und das auch in normalerweise kühleren Regionen: So verzeichnete Hamburg am 20. Juli einen neuen Hitzerekord mit 40,1 Grad. Hinzu kam die Dürre. Außerdem sanken in Flüssen und Seen die Wasserspiegel auf rekordverdächtig niedrige Werte. Das brachte insbesondere am Rhein die Schifffahrt in starke Bedrängnis. Wie hoch die klimabedingten Schäden sind, zeigte eine Ende Juni veröffentlichte Studie des Wirtschaftsforschungsunternehmens Prognos, die vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz in Auftrag gegeben wurde. Demnach haben in den Jahren 2000 bis 2021 extreme Wetterereignisse zu Schäden von fast 145 Milliarden Euro geführt – das entspricht einer Schadensummer von jährlich mindestens 6,6 Milliarden Euro. Dies sind deutlich mehr als die knapp 2,7 Milliarden Euro, welche die EU für Deutschland als Durchschnitt der wetter- und klimabedingten Schadenereignisse in den Jahren von 1980 bis 2020 anführt.

Wie sehen die Prognosen für September aus? Es geht in den nächsten Tagen spätsommerlich weiter – also für die Jahreszeit eher zu warm als zu kalt. Bis Mitte September sollen im Norden, also etwa in Hamburg, die Tageswerte meist zwischen 20 und 25 Grad liegen. Auch in München ist noch mit weiterhin warmem Sommerwetter zu rechnen. Immerhin prognostizieren die Meteorologen in nächster Zeit für ganz Deutschland immer wieder Niederschläge, so dass die Trockenheit zumindest ein wenig gelindert wird.