Das Kamillenfeld bietet Frauen aus dem Dorf Arbeit vor Ort. Foto: Ge/hard von Kapff

Das zarte Pflänzchen des nachhaltigen Tourismus in Ägypten drohte in Coronazeiten wieder zu verwelken. Doch dank eines deutschen Hilfsprogrammes überlebten Initiativen von tatkräftigen Frauen wie in der Oase Fayoum.

Lautlos gleitet das Kanu durch das Wasser des Nils. Nur ein paar Paddelschläge entfernt steht ein Ibis am Ufer einer kleinen Insel und beäugt den ungewohnten Besucher. Plötzlich ist hinter einer Bucht der Philae-Tempel zu sehen. Im sanften Licht der untergehenden Sonne spiegeln sich die sandsteinfarbenen Statuen und altägyptischen Säulen im Wasser. Doch wie realistisch ist es, Ägypten auf ökologische Art zu besuchen, zur Nachhaltigkeit beizutragen und im Idealfall noch fernab von Touristenmassen zu reisen?

Eine erste Antwort gibt ein kleines Guesthouse in Kairo, nur zwei Gehminuten vom Tahrir-Platz entfernt. Auch die großen Hotelketten sind hier vertreten, unmittelbar am Ägyptischen Museum, Hunderte Touristen checken täglich ein und wieder aus. Wie viel Geld davon den Einheimischen zugutekommt, ist unklar.

Geschäftsleute, Familien, Globetrotter

Im Madina Hostel dagegen bleibt jedes ägyptische Pfund im Land. Geschäftsleute, Familien, aber auch moderne Globetrotter übernachten hier über den Dächern der Stadt. Im Frühjahr 2020 hat Mostafa Nasr das Guesthouse mit 13 Zimmern und einem Mehrbettraum eröffnet. Dann kam Corona. Erst seit Januar kommen nun wieder Gäste. Auch der Pionier von Öko-Touren in und um Kairo, Mohamed Aboelzam, litt unter dem abrupten Besucherschwund. Dass Geld aus Deutschland half, diese Zeit zu überstehen, wird er nie vergessen. Denn bereits in der Anfangsphase der Pandemie rief das Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung das „Tourism Recovery Programm“ ins Leben, um das zarte Pflänzchen des nachhaltigen Tourismus in Ägypten nicht verwelken zu lassen. 50 kleine und mittlere Unternehmen wurden dafür von der gemeinnützigen Berliner Organisation enpact ausgewählt. Während das Ministerium finanzielle Unterstützung gewährte, vermittelte die konzernunabhängige Stiftung Tui-Care-Foundation kostenlose Schulungen, um die häufigsten Fehler bei der Arbeit mit Touristen zu vermeiden.

Hayam Hefnawy serviert ihr original ägyptisches Frühstück unter Olivenbäumen. Während sie frisches Fladenbrot, Kofta-Hackbällchen, Oliven, Hummus und Joghurt auftischt, setzen sich die Gäste der Öko-Tour von Rove Egypt in der Oase Fayoum auf die Bodenkissen rund um den niedrigen Tisch. „Ich habe vor 22 Jahren dieses Grundstück hier vom Staat bekommen“, erzählt Hayam. „Damals war das alles Wüste.“ Heute kann sie elf Frauen aus dem nahen Dorf beschäftigen.

Der zarte Duft ihres Kamillenfeldes ist auch im nebenan liegenden Olivenhain präsent, in dem das Frühstück stattfindet. „Wir wollen die Touristen fühlen und schmecken lassen, wie wir hier leben“, sagt Hayam Hefnawy. Mohamed Aboelzam, der die Touren organisiert, weiß, wie nachhaltig so kleine Initiativen wie die von Hera sein können. „So müssen die Frauen hier nicht aus dem Dorf wegziehen, um Geld zu verdienen, oder stundenlang zur Arbeit nach Kairo fahren“, lobt er.

Öko-Touren rund um Ägyptens Hauptstadt

Ein bis zwei Tage dauern die Öko-Touren von Rove Egypt rund um Kairo. Die Pyramiden und die Sphinx stehen zwar auch auf dem Programm, aber nur zu Zeiten, wenn wenig los ist. Mohamed Aboelzam weiß genau, wann die großen Reisebusse mit Touristen auf den Parkplatz fahren. Seine Gäste sind dann längst wieder weg. Ein Höhepunkt des Besuchs der Oase Fayoum ist neben den grandiosen Felsformationen von Jabal El Medawara die Bootsfahrt auf dem Wadi-El-Rayan-See.

Vier sonnengegerbte Fischer steuern ihren rustikalen Kahn mit archaischen Paddeln auf den See hinaus. Die Einheimischen können das Zusatzeinkommen gut brauchen, aber auch die Gäste profitieren von dieser ruhigen, fast meditativen Annäherung an die Landschaft und die Tierwelt. Denn der Lärm eines Motorbootes hätte die gewaltige Schar Flamingos wohl vertrieben. So steigen sie zu Hunderten auf, aber erst, als der Kahn näher kommt.

Lebensader Nil

Die elementar Ägypten vom Wasser des Nils abhängt, wird bei der Weiterreise nach Assuan offensichtlich. Der Ausgangspunkt für den Besuch der Felsentempel von Abu Simbel ist von Kairo aus in allenfalls zwei Stunden mit dem Flugzeug zu erreichen. Doch auch bei der Fahrt mit dem Zug wird schnell klar, dass die Wüste oft nur wenige Meter neben dem Ufer sofort wieder die Oberhand gewinnt. Einen viel geringeren ökologischen Fußabdruck als mit dem Flugzeug können die Besucher Ägyptens bei der Fahrt im Expresszug hinterlassen.

Auf den Nil-Inseln nahe der Stadt Assuan gibt es etliche Guesthouses, die sich auf Touristen eingestellt haben, die ein wenig individueller unterwegs sein wollen. Wirkliche Ruhe findet man vor allem oberhalb der Stadt, auf den Inseln zwischen dem alten und dem neuen Nil-Staudamm. Eines der interessantesten Projekte dort wurde ebenfalls von der Bundesregierung unterstützt: Auf der Nil-Insel Bigeh gegenüber dem Philae-Tempel wird Stück um Stück ein verfallenes nubisches Dorf zum Öko-Guesthouse umgebaut. „75 Familien haben früher hier gewohnt“, sagt Taha Al Abady, „doch nach und nach wurden die Häuser verlassen und verfielen.“

Nasser-See und Assuan-Stausee

Zehn dieser aus Lehm errichteten Gebäude wurden bereits renoviert und mit Terrasse, Schlafzimmer und Bad ausgestattet. Wer mag, kann an dem kleinen Strand sogar im überraschend kalten Nil planschen. Krokodile müsse man hier nicht fürchten, sagen die Einheimischen. „Die sind alle oberhalb des Staudamms im Nasser-See. Und wegen des Dammes können sie nicht nach unten in Richtung Assuan.“ Die Zimmer sind gut gebucht, schon allein, weil das Konzept des Restaurants nachhaltig denkende Menschen anspricht. „Wir pflanzen möglichst viele Lebensmittel hier auf der Insel an“, sagt Abady. „Das senkt die Kosten und wir haben keine Transportwege.“

Ist die Atmosphäre schon tagsüber beim Paddeln mit dem Kanu unwirklich, so wird sie nachts magisch. Spätestens nach dem Ende der täglichen Lichtshow im Philae-Tempel, wenn nur noch der Mond die altägyptischen Bauten und Statuen beleuchtet, ist es still auf dem See. Das Wasser des Nils, die Natur und die jahrtausendealten Tempel sind Entertainment genug. Man könnte die ganze Nacht sitzen und staunen.

Info: Ägypten

Anreise
Egyptair (www.egyptair.com/en) und Lufthansa (www.lufthansa.com) fliegen ab München und Frankfurt nach Kairo.

Unterkunft
Im Madina-Hostel in Kairo kostet die Nacht im Mehrbettzimmer 7 Euro, im DZ 32 Euro, www.madinahostel.com. Das Steigenberger Hotel bietet DZ/F ab 117 Euro, www.steigenberger.com. In Assuan besticht das Eco Nubia Guesthouse mit rustikalem Charme. DZ/F ab 76 Euro, www.facebook.com/econubia. Das Hotel Möwenpick in Assuan liegt auf einer Nil-Insel mit tollem Ausblick, DZ/F ab 175 Euro, www.all.accor.com.

Essen und Trinken
Das Madina-Hostel bietet eine geführte Bar-Tour durch Kairos Altstadt an, das Steigenberger Hotel die gehobene Küche dieser Hotelkategorie. Auf der Straße zwischen den beiden Unterkünften befindet sich das LE Grillon Restaurant & Garden Cafe, in dem neben ausgezeichneter ägyptischer Küche auch alkoholische Getränke serviert werden. Das Restaurant im Eco Nubia in Assuan bietet hervorragende ägyptische und nubische Küche zu fairen Preisen, es wird aber kein Alkohol ausgeschenkt. Eine Legende ist das Old Katarakt-Hotel in Assuan. Der Sonnenuntergang von der Terrasse aus ist unvergleichlich. Wer nicht essen will, kann auch nur einen Cocktail oder einen Kaffee genießen – www.all.accor.com

Allgemeine Informationen
Ägyptisches Fremdenverkehrsamt, www.egyptian-embassy.de