Meer, Strand und Sonne – im Sommer soll es für die Reisebranche wieder aufwärts gehen. Foto: dpa/Jens Kalaene

Veranstalter und Agenturen hoffen auf Coronahilfen über das Frühjahr hinaus. Die Mehrheit spricht sich für eine Impfpflicht aus.

Berlin - Die Reisebranche hofft auf eine starke Sommersaison und darauf, dass wegen der weiterhin heftigen Einbußen durch die Pandemie die Staatshilfen über das Frühjahr hinaus verlängert werden. In einer Umfrage des Deutschen Reiseverbands (DRV) plädieren die Unternehmen mit großer Mehrheit für eine allgemeine Impfpflicht.

„Das neue Jahr bleibt angesichts der weiter anhaltenden Coronapandemie herausfordernd für die Reisewirtschaft“, fasst der Präsident des DRV, Norbert Fiebig, zusammen. Demnach erwarten weniger als fünf Prozent der befragten Unternehmen für 2022 einen Gesamtjahresumsatz auf Vor-Corona-Niveau. Die Branche hofft zwar darauf, dass Reisewillige aufgeschobenen oder ausgefallenen Urlaub nachholen werden. Doch die Hoffnung wird durch die stark steigenden Omikron-Infektionen getrübt.

Kurzfristige Buchungen

Weiterhin wird wegen der Unsicherheiten durch die Pandemie so kurzfristig gebucht wie nie zuvor. Wegen Corona und kurzfristig drohenden Reisebeschränkungen fehlt Urlaubern wie Anbietern die Planungssicherheit. Rekordumsätze wie vor der Infektionsplage erwarten daher 43 Prozent der Befragten frühestens wieder 2023 und weitere 37 Prozent erst 2024. Fast jedes sechste Unternehmen befürchtet eine noch spätere Erholung.

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In der laufenden Wintersaison zogen die Buchungen bisher zumindest zeitweise an, als beliebte Ziele wie die USA und Thailand für Touristen die Einreise wieder erleichterten. Auch Skitouristen lassen sich von Auflagen in den Zielgebieten wie Österreich nicht abschrecken. Und zumindest ein Teil der Reiselustigen hat schon Pläne fürs nächste Jahr geschmiedet.

Jede zweite Buchung in Reisebüros und auf Online-Portalen entfalle aktuell auf den nächsten Sommer, betont Fiebig. Allerdings erwartet nur jedes zehnte befragte Unternehmen, dass der Umsatz in der Sommersaison, die im Mai startet, das Niveau des Vor-Corona-Jahrs 2019 übertrifft.

Branche setzt auf finanzielle Hilfen des Staates

Die Reisebranche muss damit aller Voraussicht nach das dritte Krisenjahr in Folge überstehen. 54 Prozent der Befragten halten daher weitere finanzielle Hilfen des Staates über den März 2022 hinaus für notwendig, um ihre wirtschaftliche Existenz zu sichern. Die neue Bundesregierung sollte zeitnah die Hilfen für die Branche „nachschärfen und verlängern, wenn das notwendig sein sollte“, mahnt Fiebig.

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Die Pandemiebekämpfung dürfe nicht zu undifferenzierten Reisebeschränkungen führen, warnt der Verband. „Die getroffenen Maßnahmen müssen sinnvoll und verhältnismäßig sein“, erwartet Fiebig. In der DRV-Umfrage fordern demnach knapp 60 Prozent der Unternehmen von der Politik, „eine neuerliche Stigmatisierung des Reisens als Pandemietreiber zu vermeiden“.

Die Branche sehe sich dem gesundheitlichen Schutz der Reisenden verpflichtet, betont der DRV-Präsident. Die Mehrheit befürworte eine allgemeine Impfpflicht. 78 Prozent der befragten Unternehmen sprechen sich dafür aus, nur 15 Prozent sind dagegen. „Mobilität und Reisen auch in der Pandemie sicher zu ermöglichen, sollte aus Sicht der Reisewirtschaft ein Ziel der neuen Bundesregierung sein“, so Fiebig.

Schwere Umsatzrückgänge im zweiten Jahr in Folge

Auch im abgelaufenen Touristikjahr, das am 30. November endete, musste die Branche, zu der 2500 Veranstalter und 10 000 Reisebüros gehören, schwere Umsatzrückgänge verkraften. Wegen Corona habe es bisher in zwei Jahren rund 24 Milliarden Euro Umsatzeinbußen gegeben, erklärte Fiebig auf der DRV-Jahrestagung im Herbst. Die vorige Wintersaison fiel wegen der weltweiten Lockdown-Maßnahmen fast komplett aus, die Erlöse sanken um 94 Prozent.

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Erst von Mai an wurde wieder mehr gebucht, einige Wochen sogar auf Rekordniveau, aber auch extrem kurzfristig. In den Ferienmonaten Juli und August wurden laut DRV 55 beziehungsweise 61 Prozent der Reiseverträge weniger als vier Wochen vor Abreise geschlossen. Beliebt waren Flugpauschalreisen nach Spanien, Griechenland und in die Türkei. Auch die Sommersaison endete mit Umsatzeinbußen von mehr als 50 Prozent. Große Veranstalter wie Tui und FTI überstanden die Krise nur mit üppigen Staatshilfen.