Regelmäßiger Druck auf den Brustkorb ist bei einer Reanimation entscheidend. Foto: Eibner-Pressefoto/Tadas Svetikas

Die Gemeinde Schönaich hat zu einem Reanimationstraining eingeladen. Das Ziel: Menschen zu zeigen, wie sie im Notfall helfen können. Die Zahl der Teilnehmer hielt sich in Grenzen.

Jeder könnte irgendwann am Boden liegen, an der Schwelle zum Tod, mit einem Herz-Kreislaufstillstand. Am Samstagvormittag in der Gemeindehalle Schönaich sind es glücklicherweise keine Menschen, die auf eine Reanimation warten, sondern Puppen. Sie liegen auf Turnmatten, die auf dem Boden der Halle verteilt sind. Die Menschen, die sich über diese Puppen beugen, mit den Handballen auf ihren Brustkorb drücken, nehmen teil am ersten kostenfreien Reanimationstraining der Gemeinde Schönaich. Sie lernen, wie sie anderen helfen können, in einer schlimmen Situation.

Sören Wagner, Anästhesiearzt am Katharinenhospital Stuttgart, Notarzt und Mitglied des Schönaicher Gemeinderates, hatte das Training initiiert. Bianca Gruber, erste Beigeordnete der Gemeinde Schönaich, ist an diesem Tag vor Ort, fünf Gemeinderäte zudem. Das Deutsche Rote Kreuz und der Arbeiter Samariter Bund unterstützen das Training, sind mit 35 Helfern gekommen.

Eine Reanimation kann auch geübte Helfer ermüden

„Bislang“, sagt Sören Wagner, „fand Reanimationstraining in Schönaich eher punktuell statt, bei Firmen oder im Rathaus.“ Mit der Absicht, ein Reanimationstraining auch der breiteren Öffentlichkeit im Ort zugänglich zu machen, brachte er einen Antrag im Gemeinderat ein, der auf breite Zustimmung stieß. Ein Datum für das erste Reanimationstraining wurde gesucht und gefunden. Unter dem Titel „Neustart“ fand dieses Training nun statt, am Samstag und Sonntag, mit jeweils drei Durchläufen pro Tag.

Etwa 60 Puppen lagen zum Üben bereit. Foto: Eibner-Pressefoto/Tadas Svetikas

Rund 40 Minuten sind für ein Training vorgesehen – das schließt Zeit für Gespräche und Rückfragen mit ein. 30 Reanimationspuppen stehen bereit, 60 Teilnehmer könnten also gleichzeitig geschult werden, denn vorgesehen sind zwei Teilnehmer pro Puppe. „Wir üben immer zu zweit“, sagt Sören Wagner, „da es auch wichtig ist, den Wechsel zu üben.“ Während einer Reanimationsmaßnahme kann nämlich auch ein geübter Helfer ermüden. Übergibt er an einen anderen, muss dies synchron zum Rhythmus der Reanimation geschehen.

Statt 60 Teilnehmer haben sich am Samstag gegen 11.20 Uhr aber lediglich fünf in der Gemeindehalle eingefunden. Das mag am schönen Herbstwetter liegen oder schlicht daran, dass das Trainingsangebot im Ort noch nicht bekannt genug ist. Wagner möchte es unbedingt wiederholen, wahrscheinlich im kommenden Frühjahr schon. „Es ist eine einfache, überschaubare Übungsmaßnahme mit einem hohen Effizienzgrad“, sagt er. „Sehr wichtig für uns dabei ist, dass wir die Furcht abbauen können, der Patient könnte bei einer Reanimationsmaßnahme Schaden nehmen.“ Dies könne zwar durchaus geschehen, da Menschen, die durch eine Reanimation gerettet werden könnten, sehr oft ein schon höheres Alter erreicht hätten. Eine Rippen- oder Brustbeinfraktur stelle jedoch fraglos eine vergleichsweise kleine Verletzung dar. „Wenn Sie nichts machen, dann bleibt der Patient verstorben. Wenn Sie etwas machen, dann haben Sie zumindest eine Chance, ihn ins Leben zurückzubringen.“ Eine Fraktur könne behandelt werden. Auch wichtig: der Helfer kann im Fall einer Verletzung nicht belangt werden. „Wir versuchen, diese Berührungsängste abzubauen und die Menschen dahin zu bringen, Verantwortung zu übernehmen“, sagt Sören Wagner. „Wenn wir mit einer Trainingsmaßnahme nur einen Menschen ausbilden können, der dann in der Lage ist, eine Reanimation durchzuführen, haben wir schon viel gewonnen.“ Allein Reanimationstrainings an Schulen hätten in der Vergangenheit bereits dazu beigetragen, die Situation zu verbessern.

Karin Binder und Kathrin Schramm, Mutter und Tochter, beide aus Holzgerlingen, gehören zu den Teilnehmern der Übung, haben sich gerade noch über eine Reanimationspuppe gebeugt, Druck auf ihre Brust ausgeübt. „Mein Mann“, sagt Karin Binder, „wird demnächst 81. Da kann immer was passieren. Und ich selbst werde bald 80 Jahre alt. Man muss schauen, dass man zurecht kommt.“ Karin Binder hatte bereits in einer Zeitschrift über Reanimationen gelesen, aber manches war ihr unklar geblieben. „Ich wusste in etwa, was man machen soll, aber nicht wirklich, wo man die Hände bei der Reanimation ansetzen muss.“ Kathrin Schramm entschloss sich, ihre Mutter zu begleiten. „Ich fand es toll, das sie das machen wollte“, sagt sie. „Wir hatten in unserer Familie schon einen Fall, bei dem es jemandem nicht sehr gut ging. Wir mussten einen Rettungswagen holen. Ich wollte mir einmal gut anschauen, was man bei einer Reanimation machen muss.“

Großteil der Fälle im häuslichen Umfeld

Statistik
 Im Jahr 2024 erlitten 136 000 Menschen in Deutschland einen Herz-Kreislauf-Stillstand. Hilfsmaßnahmen wurden in diesen Fällen zu gleichen Teilen vom Rettungsdienst und von der Bevölkerung eingeleitet.

Chancen
  Etwa 30 Prozent der Patienten konnten mit einem so genannten Spontankreislauf in ein Krankenhaus gebracht werden. Von ihnen konnten nur etwa elf Prozent lebend entlassen werden. Die Überlebenschance der Betroffenen hängt ab vom Alter, von Vorerkrankungen und davon, wie schnell und effizient sie im Krankenhaus behandelt werden können. Es zählt aber auch, wie schnell sie vor Ort eine Reanimation erhalten, denn mit jeder Minute, in der dort nichts geschieht, sinkt ihre Chance um zehn Prozent.

Patienten
 Das Durchschnittsalter liegt bei 70 Jahren. Zwei Drittel der Menschen, die einen Herz-Kreislauf-Stillstand erleiden, sind männlich. Rund 70 Prozent aller Fälle geschehen im häuslichen Umfeld, 15 Prozent im öffentlichen Raum, zwölf Prozent in Pflegeeinrichtungen.