Oberbürgermeister Stefan Belz (rechts mit roter Mütze) ist entmachtet: Der Böblinger Rathausschlüssel ist in Narrenhand. Foto: edi

Im Kreis Böblingen übernehmen die Narren die Macht: Nach langer Corona-Unterbrechung haben die Gemeindeoberhäupter an ihrer vorübergehenden Entmachtung mindestens so viel Spaß wie die Fasnetsgruppen.

Wenn Baustellenchaos eine olympische Disziplin wäre, dann hätte Böblingen aus Sicht seiner von Staus und Umleitungen geplagten Bevölkerung sicher schon längst eine Medaille verdient. Genau die haben Böblingens Oberbürgermeister Stefan Belz, der Erste Bürgermeister Tobias Heizmann sowie der städtische Tiefbau und Grünflächenamtschef Frank Bader jetzt verliehen bekommen. Die Siegerehrung war der witzige Höhepunkt des Böblinger Rathaussturms, der an diesem Schmotzigen Dorschtich nach langer Corona-Zwangspause endlich wieder vor Ort auf dem Böblinger Marktplatz stattfinden konnte.

Mit den Roschnarren, den Kemmla-Hexa, Grün-Weiß Böblingen, den Wasserbuggl-Hexa & -Deifel, den Böblinger Bären, den Bluadschlotzern, den Giftgrünen Schlossberghexen und den Lombamenscha haben sämtliche Böblinger Zünfte die Herrschaft auf dem Rathausplatz übernommen und gemeinsam mit zahlreichen Nicht-Hästrägern (sprich: der Böblinger Bürgerschaft) die närrische Amtsenthebung ihres Stadtoberhaupts gefeiert.

Spott, „Narris“ und „Narros“

Der war auf das Ereignis gut vorbereitet: Im Zwiegespräch mit dem Oberbürgermeister reimten und spöttelten sich Sandra Chant von den Roschnarren und Bianca Hartmann von den Kemmla Hexen durch die Problemzonen der Böblinger Stadtpolitik – vom Baustellenchaos über die mit 50 neuen Stellen aufgeblähte Verwaltung. Stefan Belz verteidigte sich seinerseits in (wenn auch nicht unbedingt preisverdächtiger Reimform): „Ob Kitas, Schulen, Baumoval und Skate-Anlage, all des und mehr isch wichtig, net immer klage’“, sprach der OB von seinem Fenster herab in die Zuhörermenge. Ein paar gereimte Strophen und einige „Narris“ und „Narros“ später, gab es dann für die Narren kein Halten mehr. Sie stürmten die Amtsstube im Alten Rathaus und schleiften den OB nach unten auf den Marktplatz.

Wie schon bei vergangene Rathausstürmen war Belz in sein Super-Mario-Kostüm geschlüpft. Das Outfit war sehr passend, denn gemeinsam mit Tobias Heizmann und Frank Bader durfte der OB zum spielerischen Wettstreit um den Rathausschlüssel antreten. Alle drei bekamen eine Seilspule in die Hand gedrückt, mit der sie symbolisch das Rathauschaos entwirren sollten. Frank Bader war damit am schnellsten durch, Belz und Heizmann teilten sich sich den zweiten Platz.

Verkehrschaos-Medaillen für die Sieger

Auf dem Siegerpodest bekam das Trio dann Medaillen umgehängt, auf denen ein Böblinger Baustellenplan aufgezeichnet ist. Außerdem bekam jeder zwei mit Schnüren verbundene Blechdosen in die Hand gedrückt – „für den kurzen Draht zu den Bürgern“, wie Sandra Chant scherzhaft kommentierte. Ihre strapazierten Stimmbänder waren an dieser Stelle sicher dankbar dafür, dass ab hier die Guggenmusik von Grün-Weiss den Ton angab und den sonst so wenig belebten Böblinger Marktplatz in eine ausgelassene und bunte Partyzone verwandelte. Ähnliche Szenen spielten sich bei den Rathausstürmen in Schönaich und Weil im Schönbuch und am Nachmittag auch in Aidlingen, Grafenau, Ehningen, Sindelfingen, Herrenberg und Gärtringen ab.

Bildergalerien Viele närrische Fotos finden sich auf der Homepage unserer Zeitung.