Sie liebte Hunde und Pferderennen: „Queen Mum“ Elizabeth Bowes-Lyon. Foto: imago/UIG/imago

Vor 20 Jahren, am 30. März 2002, starb die „Queen Mother“ im biblischen Alter von 101 Jahren. Verehrt wird sie von ihren Landsleuten bis heute.

Geschätzte 1,57 Meter eiserne Disziplin – kaum jemand verkörperte das britische Lebensmotto „Keep calm and carry on“ besser als Elizabeth Bowes-Lyon, „Queen Consort“ und Mutter der heutigen Königin Elizabeth II. „Queen Mum“, wie sie später nur noch genannt wurde, trug alles mit Würde und zäher Entschlossenheit: Die plötzliche Abdankung ihres Schwagers Edward VIII., die ihren schüchternen, stotternden Mann Bertie zum König wider Willen machte. Den Bomben-„Blitz“ der deutschen Nazis. Den viel zu frühen Tod ihres Mannes. Ihre Jahrzehnte dauernde Witwenschaft.

Vor 20 Jahren, am 30. März 2002, starb die „Queen Mother“ im biblischen Alter von 101 Jahren. Verehrt wird sie von ihren Landsleuten bis heute. Und es dürfte für Prinz Williams Ehefrau Herzogin Kate die größte Ehre sein, dass sie schon heute mit der legendären Königin verglichen wird.

Hübsches Mädchen aus altem schottischem Adel

„Queen Mum“ war durch und durch britisch. Im Jahr 1900 als Elizabeth Angela Marguerite Bowes-Lyon geboren, entstammte sie anders als die Gemahlinnen früherer Könige nicht einem ausländischen - oftmals deutschen - Haus, sondern altem schottischem Adel.

Lange hatte Prinz Albert, der zweitgeborene Sohn von King George V., um die kleine, hübsche Schottin geworben. 1923 heiratete sie Bertie und wurde Herzogin von York. Das Paar bekam zwei Töchter, die Prinzessinnen Elizabeth und Margaret. Nie hätte sie sich träumen lassen, dass ihr Mann, schüchtern und unscheinbar, einmal König von Großbritannien werden würde. Doch 1936 dankte Berties älterer Bruder Edward VIII. ab, um die geschiedene Amerikanerin Wallis Simpson zu heiraten. Prinz Albert musste übernehmen, wurde wider Willen King George VI. – Elizabeth Bowes-Lyon soll dies ihrem Schwager nie verziehen haben. Sie machte die Last der Krone für Berties frühen Tod verantwortlich.

Stilikone ihrer Zeit

Die anmutige Schottin war eine Stilikone ihrer Zeit. Bei einer Reise nach Frankreich 1938 verzauberte sie die Franzosen mit ihrer Eleganz – dabei war ihre rein weiße Reisegarderobe aus der Not geboren. Die Königin konnte keine Farben tragen – kurz vor dem Frankreichbesuch war ihre Mutter gestorben. Der Modedesigner Norman Hartnell hatte ihr in Rekordzeit einen Look kreiert, der ganz Europa begeisterte.

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Doch das Königspaar hatte wenig Zeit für die glamourösen Seiten des royalen Daseins – der Zweite Weltkrieg stand vor der Tür. Elizabeths und Georges Haltung angesichts des Bombenterrors der Nazis ist bis heute unvergessen: Als 1940 die Bomben der deutschen Luftwaffe auf London herabregneten und Teile der Stadt in Schutt und Asche legten, gab es Überlegungen, die damalige Königin und ihre Töchter Elizabeth und Margaret in die USA oder nach Kanada zu bringen. Doch Elizabeth hatte anderes im Sinn. „Die Kinder werden nicht ohne mich gehen. Ich werde den König nicht verlassen. Und der König wird niemals gehen“, sagte sie.

Ein Königspaar im Krieg

Es heißt, Adolf Hitler habe Elizabeth „die gefährlichste Frau Europas“ genannt. Sie ging selbst dann nicht aus London weg, als der Buckingham-Palast von Bomben getroffen wurde. Jetzt könne sie „dem East End endlich in die Augen schauen“, soll Elizabeth gesagt haben. „Sie hat etwas von Großbritannien symbolisiert, das nun für immer fort ist“, sagte ihr Biograf Anthony Holden dem US-Sender ABC, als sie starb.

Die Deutschen waren ihr seit dem „Blitz“ suspekt. Es heißt, sie habe den Mann ihrer Tochter Elizabeth, Prinz Philip, wegen seiner deutschen Verwandtschaft verächtlich „The Hun“ (der Hunne“) genannt. Philipp und die „Queen Mother“ – beide eigenwillig und durchsetzungsfähig – sollen häufiger uneins gewesen sein. Stets vermittelte dann die auf Ausgleich bedachte Queen.

Charmant und trinkfest

Ihre große Liebe gehörte dem Pferderennen. Begeistert stapfte “Queen Mum“ selbst mit eleganten Schuhen und Kleidern durch Stroh und Mist der Ställe. Und sie war bekannt für ihren Charme, ihre Geselligkeit und Trinkfestigkeit.

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Doch auch die sprichwörtliche „stiff upper lip“ - die Eigenschaft, sich selbst im Angesicht schlimmer Schicksalsschläge nichts anmerken zu lassen - galt als einer ihrer Charakterzüge. Nachdem ihr Mann 1952 gestorben war und ihre gerade einmal 25-jährige Tochter Elizabeth Königin wurde, war sie mehr denn je das Rückgrat der Royal Family. Bis ins hohe Alter absolvierte sie diszipliniert Termin um Termin.

Prinz Charles liebte seine „Granny“

Vor allem Prinz Charles betete seine Großmutter förmlich an. Sie kümmerte sich um den introvertierten, schüchternen Jungen, wenn seine Eltern auf Auslandsreisen waren. Auch die Queen liebte ihre „Mummy“ innig – neben ihrer Schwester Margaret war ihre Mutter ihre wohl wichtigste Vertraute. Umso härter traf Elizabeth II. der Tod der beiden nur wenige Wochen auseinander. Queen Mum starb sechs Wochen nach ihrer Tochter Margaret – im Schlaf, auf Schloss Windsor.

Die Trauerfeier für Queen Mum war auch eine Art Blaupause für das, was eines Tages nach dem Tod von Elizabeth II. passieren wird. Ihr Sarg wurde in der ehrwürdigen Westminster Hall aufgebahrt, dem ältesten Teil des Parlaments. Eine Million Menschen kamen, um ihr Respekt zu zollen.