Die Laufzeitverlängerung für das AKW in Neckarwestheim ist umstritten. Foto: dpa/Bernd Weißbrod

Neckarwestheimer Anti-Atom-Initiativen rufen am 6. November zum Protest gegen die Laufzeitverlängerungen der Atomkraftwerke auf. Die Demonstrierenden wollen zu den Anlagen in Neckarwestheim marschieren.

Am Neckarwestheimer Atommeiler geht es wieder heiß her. Neue Brennstäbe soll es zwar auch dort nicht mehr geben, so hat es der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) entschieden. Aber die Laufzeit, die eigentlich zum Jahresende hätte auslaufen sollen, wird wohl bis April 2023 verlängert. Grund genug für das Bündnis der Neckarwestheimer Anti-Atom-Initiativen, für Sonntag, 6. November, zum Protestmarsch von Kirchheim am Neckar gen Neckarwestheim zum Kernkraftwerk samt „Abschalt-Demo“ auf dem dortigen Kraftwerksparkplatz aufzurufen. Die Veranstaltung trägt den Titel: „Atomausstieg jetzt – Keine Laufzeitverlängerungen!“

Protest gegen alle Laufzeitverlängerungen

Der Protest richte sich dabei natürlich nicht nur gegen die Verlängerung des Betriebs im Neckarwestheimer Block 2, betont der Bündnis-Pressesprecher Herbert Würth, sondern auch gegen diejenigen für Isar 2 und den Meiler Emsland. Genau deshalb werde bei der Kundgebung mit Petra Filbeck, Sprecherin der Bayern-Allianz für Atomausstieg und Klimaschutz, sowie des Bündnisses für Atomausstieg Regensburg auch eine Gastrednerin aus Bayern mit dabei sein. Sprechen werden bei der Kundgebung außerdem Angelika Claußen, die Vorsitzende der Vereinigung „Internationale Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges“, sowie Sebastian Sladek von den Elektrizitätswerken Schönau im Schwarzwald.

Statt des versprochenen Atomausstiegs zum Jahresende gebe es nun für alle drei Atomkraftwerke eine Laufzeitverlängerung bis April 2023, heißt es im Aufruf zur „Abschalt-Demo“. „Die Tür für weitere Verlängerungen des AKW-Betriebs wird so von der Ampel-Regierung weit geöffnet.“ Auf diese Weise werde in Deutschland zum zweiten Mal nach 2010 ein vereinbarter Atomausstieg mittels Laufzeitverlängerungen gekippt. Und dies, obwohl der Stresstest Nummer Zwei ergeben habe, dass es in Deutschland kein Strom-, sondern lediglich ein selbst verschuldetes Wärme- und Gasproblem gebe. „Der Weiterbetrieb der drei AKWs hilft dabei nicht“, sagen die Kritiker der nuklearen Übergangslösung.

„Umwelt- und Klimaschutz ausgebremst“

Die politische Debatte zu den Laufzeitverlängerungen habe mit den Fakten zur Stromversorgung so gut wie nichts mehr zu tun, lautet die weitere Kritik. Mit Begründungen wie Netzstabilität und Problemen der Kernkraftwerke in Frankreich würden lediglich Scheinargumente vorgeschoben.

In der Energie-Debatte gehe es nicht darum, die Abhängigkeit von fossilen Energieträgern schnell zu reduzieren. „Im Gegenteil: Mit Unterstützung aus Deutschland werden neue Öl- und Gasfelder realisiert und langfristige Lieferverträge abgeschlossen“, heißt es. Dabei würden viele Milliarden Euro für neue klimaschädliche fossile Infrastrukturen bereitgestellt, wie etwa Terminals an vier Standorten für LNG- und Fracking-Gas und Wasserstoff. „So wird der Umwelt- und Klimaschutz behindert und ausgebremst.“ Deshalb, so der Aufruf des Bündnisses, sei es „wieder dringend notwendig, gegen Atomkraft und Fossile zu protestieren“.

Auftakt der Protestaktionen am Sonntag, 6. November, ist um 13 Uhr am Bahnhof in Kirchheim am Neckar. Gegen 13.20 Uhr marschieren die Demonstrierenden dann los zu den Neckarwestheimer Atomanlagen. Um 14.15 Uhr beginnt ebendort die Kundgebung mit den Redebeiträgen.

Hiesiges Ministerium trägt Scholz’ Entscheidung mit

Aus dem hiesigen Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft hat es im Vorfeld des „Infoforums Nukleare Sicherheit und Strahlenschutz“ eine Stellungnahme zur Laufzeitverlängerung gegeben. „Das baden-württembergische Umweltministerium trägt die Entscheidung, das GKN II befristet weiterzubetreiben, mit“, sagt der Staatssekretär Andre Baumann.

Für den Weiterbetrieb gebe es verschiedene Optionen. Denkbar sei ein Streckbetrieb des Kraftwerks mit reduzierter Leistung, bis etwa Mitte Februar der Reaktorkern vollständig ausgenutzt wäre. Möglich sei aber auch, dass das Kernkraftwerk Anfang 2023 zunächst heruntergefahren wird, um dann nach der Neubeladung des Reaktorkerns mit leistungsfähigen Brennelementen aus dem Brennelementlagerbecken bis Mitte April Strom produzieren zu können. Neue Brennelemente müssten aber in beiden Fällen nicht beschafft werden, heißt es.