Der Energiekonzern hat im Rems-Murr-Kreis nach dem Goldboden nun Projekte bei Welzheim und Oppenweiler im Visier. Und die Verantwortlichen sehen darüber hinaus in der Region Stuttgart noch einiges Potenzial.
Sieht man von dem vor 18 Jahren am Rande des Örtchens Aichstrut von der Bürgerwind Welzheim errichteten, 70- Meter-„Windrädles“ ab, ist die EnBW bisher der einzige Energieproduzent, der im Rems-Murr-Kreis Luftbewegungen in größere Strommengen umwandelt. Vor fünf Jahren sind die drei Anlagen mit einer Nabenhöhe von jeweils 162 Metern auf dem Goldboden bei Winterbach in Betrieb gegangen. Und entgegen anderslautenden Einwänden von Kritikern ist die wohl jüngste Sparte des Konzerns zufrieden mit den Erträgen. Nach anfänglichen Schwierigkeiten – ein Flügelschaden hatte ein Windrad ein halbes Jahr lang lahmgelegt, ein Kurzschluss alle drei ein Vierteljahr blockiert – laufe es rund auf der Anhöhe, sagt Michael Soukup, Teamleiter für den Windenergieausbau der EnBW in Süddeutschland. Die Anlagen verdienten nicht nur das eingesetzte Kapital, sondern spielten durchaus auch eine Rendite ein.
Region für Windkraft nicht optimal, aber geeignet
Die Region Stuttgart sei sicherlich absolut gesehen nicht der optimale Standort für die Gewinnung regenerativer Energie aus der Windkraft, aber in Teilen durchaus geeignet. Zumal der Fortschritt der Technik etwa gegenüber den Windrädern auf dem Goldboden bereits rund 40 Prozent mehr Leistung ermögliche. Auch im Rems-Murr-Kreis treibt der Energiekonzern deshalb aktuell zwei Projekte voran.
Am weitesten ist man bisher mit einem kleinen Windpark auf einem Höhenzug südlich des Welzheimer Ortsteils Breitenfürst. Dort hat die EnBW für drei Windräder bereits im Herbst vergangenen Jahres einen Genehmigungsantrag beim Landratsamt eingereicht. Dieses hat laut eigenen Angaben allerdings noch Ergänzungen eingefordert. Für das Vorhaben auf einer forstwirtschaftlich genutzten Fläche müssten rund zwei Hektar Wald weichen.
Mit den drei Windrädern mit einer Nabenhöhe von 166 Metern und Rotordurchmessern von 150 beziehungsweise 162 Metern könnten pro Jahr rund 31 Gigawattstunden Strom erzeugt werden, so die Rechnung der ENBW. Dafür will sie 20 bis 22 Millionen Euro investieren. Nach einem Erörterungstermin im Juni hofft der künftige Bauherr und Betreiber auf eine Genehmigung noch zum Ende dieses Jahres. Das allerdings erscheint angesichts noch fehlender Stellungnahmen sowie einer Umweltverträglichkeitsprüfung als sportliches Ziel. Angepeilt wird dann eine Inbetriebnahme im ersten Quartal 2025. Unwägbarkeiten wie Liefer- und Logistikprobleme seien da allerdings noch nicht eingerechnet, sagt Soukup.
Windfarm zwischen Oppenweiler und Aspach
Noch nicht ganz so weit ist ein Projekt nordwestlich von Oppenweiler. Die EnBW will im Bereich des Mönchsgartens vier Windanlagen mit einem Rotordurchmesser von jeweils 172 Metern und einer Nabenhöhe von 175 Metern errichten. Weil die Ellwanger Uhl Windkraft Projektierung GmbH & Co. KG nur unweit, auf der Amalienhöhe bei Aspach, das Gleiche tun möchte, können beide Vorhaben als sogenannte Windfarm in einem gemeinsamen Verfahren beantragt werden. Förmlich ist das zwar noch nicht eingereicht, aber man habe im Sommer mit den beiden Investoren in einem sogenannten Scoping-Termin den Untersuchungsrahmen zu den voraussichtlichen Umweltauswirkungen des Vorhabens abgesteckt, heißt es vonseiten des Waiblinger Landratsamts. Die Projektpartner betonen, die Umweltverträglichkeitsprüfung für das Vorhaben freiwillig beantragen zu wollen, um die Transparenz im Laufe des Genehmigungsverfahrens zu erhöhen. Eine erste Bürgerinformation ist Ende September bereits vorgenommen worden. Läuft bei Genehmigung und Bau alles glatt, könnten die Windräder laut Einschätzung der Investoren im vierten Quartal 2025 Schwung aufnehmen. Laufen sie wie geplant, sollen sie den Bedarf an Strom von rund 27 000 Haushalten decken, schätzt Michael Pflaum, der bei der EnBW zuständige Projektleiter.
Weitere konkrete Projekte hat die EnBW im Rems-Murr-Kreis noch nicht in Angriff genommen. Einiges hängt noch davon ab, wo der Bau planungsrechtlich möglich gemacht wird. Aber Michael Soukup ist überzeugt: „Es gibt noch einige gute und interessante Flächen in der Region.“ Der Ausbau der erneuerbaren Energiegewinnung sei nicht nur erklärter Wille der Politik, sondern einfach eine Notwendigkeit. „Und die Effizienz spricht da eindeutig für die Windkraft“, sagt Soukup. Schließlich könnten mit nur einem Hektar Landverbrauch 30 bis 40 Millionen Kilowattstunden Strom erzeugt werden. Und da dieser additiv aufgenommen werden könne, müsse pro Windpark nur ein einziger Kabelstrang verlegt werden.
Widerstand wird geringer
Während die EnBW erst vor wenigen Jahren beim Bau der Anlagen auf dem Goldboden noch das „volle Programm“ des Widerstands bis hin zur Einschaltung eines Petitionsausschusses entgegengeschlagen sei, spüre er jetzt einen „neuen Spirit“ sagt Soukup. Die Bürger seien offener, die Rückmeldungen positiver. Und wenn wie beim Goldboden der Nachweis erbracht sei, dass alles längst nicht so schlimm ist wie angenommen – dann sei dies das überzeugendste Argument. Soukup sagt: „Damals vor dem Bau des Stuttgarter Fernsehturms hat es auch die wildesten Diskussionen gegeben – heute will ihn keiner mehr missen.“