Wirklich allein ist man im Urlaub selten. Foto: Mohssen Assanimoghaddam/dpa

Urlaubszeit ist Familienzeit – oder doch nicht? Denn wenn die Kinder keine Spielgefährten haben, können die schönsten Tage des Jahres für Eltern schnell anstrengend werden. Ist eine Reise mit einer befreundeten Familie da eine gute Lösung?

Bald sind Sommerferien, und für viele Familien bedeutet das Urlaubszeit. Das sind jene Tage, auf die sich Eltern und Kinder ein Jahr lang gefreut haben. Doch damit sie nicht in einem Desaster enden, braucht es eine genaue Planung. Das betrifft nicht nur das Ziel und die Art des Urlaubs, sondern auch die Frage, mit wem man reist. Unsere Redakteurinnen Lisa Welzhofer und Kathrin Haasis haben da unterschiedliche Vorstellungen.

Lisa Welzhofer sagt: Zusammen ist man weniger allein

Urlaub mit Kindern – zumal mit kleinen, also ungefähr bis zur Pubertät – hat ja oft nichts mit Urlaub zu tun. Fern gewohnter Tagesabläufe, fester Mahlzeiten und kindlicher wie elterlicher Spielpartner, ist die Bagage auf sich geworfen, kracht es – unter dem Druck, nun bitte eine äußerst erinnerungswürdige „Quality time“ verbringen zu müssen – besonders häufig. Während des Meerwasserkanälegrabens bei 35 Grad fantasiert sich die Mutter auf einen Liegestuhl mit Gin-Tonic-Zufuhr, sehnt sich die Tochter nach Lotti und Lennox aus der Kita, die nicht nach zehn Minuten „Jetzt ist mal Alleinespielzeit!“ nörgeln. Und währenddessen hängt dem Vater die Zunge zum Boden, weil er die Fußballtrainingszeiten des Sohnes kompensieren muss.

Szenarien, die sich spielend verhindern lassen, nimmt man eine andere Familie mit. Klar, die Auswahl der Reisekumpels muss sorgfältigst sein. Hier nur einige Leitfragen: Stimmen Vorstellungen zu Budget, Reiseziel, Unterkunft, Fernsehkonsum der Kinder, Essensversorgung überein? Sind beide Familien Team Lerche oder Team Eule? Haben die Kleinen ähnliche Spielinteressen – und die Erwachsenen gemeinsame Themen, abseits von Kindererziehung und den Niederungen des Elternseins?

Ist diese Castingphase erfolgreich abgeschlossen (wenn nicht, bitte doch lieber allein urlauben!), spricht aber wirklich absolut gar nichts dagegen, gemeinsam zu fahren. Einkäufe und Kochdienste lassen sich aufteilen, abwechselndes Bespielen und Babysitten führt zu kinderfreien Restaurant-, Museumsbesuchen und Shoppingexzessen in unterschiedlichen Besetzungen. Und die Kinder spielen und spielen und spielen und spielen. So fühlt es sich am Ende doch tatsächlich für alle an, als habe man Urlaub gemacht.

Lisa Welzhofer (45) schreibt im Team Familie/Bildung/Soziales und hat zwei Kinder, die sieben und zehn Jahre alt sind.

Kathrin Haasis meint: Je mehr Masse, desto träger der Urlaub

Einen Urlaub plane ich nach dem Äquivalenzprinzip. Und das geht so: Je mehr träge Masse ein Körper besitzt, desto größer muss die Kraft sein, um ihn zu beschleunigen. Wenn ich also zwei Wochen lang träge am Strand liegen und viele Bücher lesen will, dann stören befreundete Familien in der Regel nicht. Die anderen Erwachsenen beschäftigen sich (hoffentlich) selbst, die Kinder beschäftigen sich damit, gemeinsam in ihre Handys zu starren oder, wenn es gut läuft, in den Wellen zu hüpfen, und ich kann lesen. Hat man andere Ambitionen – zum Beispiel, dass das Kind nicht die ganze Zeit ins Handy starrt – darf die Masse, mit der man in den Urlaub fährt, logischerweise nicht so träge sein.

Prinzipiell hält mein Sohn, als Einzelkind sicherlich mehr seinen Eltern ausgeliefert als Geschwister mit geballter Widerstandskraft, Sightseeing oder sportliche Aktivitäten nämlich für einen vergnüglichen Zeitvertreib. Mit einem weniger begeisterten Kind im Schlepptau sieht die Lage ganz anders aus. Es scheint ein ungeschriebenes Gesetzt zu sein, dass die Motivation durch Kombination mehrerer Minderjähriger in den Keller rauscht. Ist man in den Ferien unterwegs, müssen aber auch die Erwachsenen eine hohe Kompromissbereitschaft haben: Wann geht es morgens los, welches Restaurant passt, was schaut man sich an? Da vergeht viel Zeit mit Absprachen und das erinnert mehr ans Büro, als einem im Urlaub lieb ist. Und wenn man nicht aufpasst, ist man wie im Job plötzlich für die ganze Kinderschar zuständig, während das andere Elternpaar ausschläft oder Shoppen geht.

Bleibt man unter sich, schaffen Reisen besondere Familienerinnerungen, es gibt Zeit für Gespräche oder eine Runde Mensch-ärgere-dich-nicht. Und wenn man dann daheim ist, freut man sich, die Freunde wieder zu treffen.

Kathrin Haasis (53) schreibt im Team Stadtleben über Essen und Trinken. Ihr Sohn ist fast 13 Jahre alt.