Nur ein Schild zeugt noch davon, dass sich in Renningen einmal ein Kinderarzt befunden hat. Foto: Simon Granville

Die Praxis von Werner Plieninger in Renningen im Kreis Böblingen wurde im März 2022 geschlossen. Informationen über potenzielle Nachfolger bleiben vage.

„Die Umstände werden nicht besser, und die Eltern warten weiterhin stundenlang in Krankenhäusern.“ Esin Karadeniz, Begründerin der Bürgerinitiative kinderärztliche Versorgung Renningen, erlebt die Sorgen und Nöte anderer Eltern in Renningen regelmäßig. Ende März 2022 hat der Kinderarzt Werner Plieninger seine Praxis geschlossen. Bis heute gibt es keinen Nachfolger, einige Eltern haben nach Kenntnis von Esin Karadeniz noch keine echte Alternative gefunden. Denn die nächstgelegene Kinderarztpraxis in Weil der Stadt ist voll bis obenhin, woanders sieht es kaum anders aus. „Jetzt haben wir ein weiteres Baugebiet Schnallenäcker III erschlossen, und immer noch keinen Kinderarzt in Sicht.“

Ein paar Silberstreifen gibt es am Horizont: Noch besteht unter anderem die Möglichkeit, dass die Praxis nachbesetzt wird. Der Stadt Renningen zufolge sind auf die Ausschreibung hin bei der Kassenärztlichen Vereinigung „Interessenbekundungen von mehreren Medizinerinnen oder Medizinern eingegangen, welche die Kinderarztpraxis übernehmen möchten“, sagt Melanie Pfeifer, Sprecherin der Stadt Renningen. „Derzeit läuft unseres Wissens die Prüfung der Zulassung dieser Mediziner durch die Kassenärztliche Vereinigung beziehungsweise der Ärztekammer noch.“

Keine Informationen über mögliche Bewerber

Die Kassenärztliche Vereinigung Baden-Württemberg (KVBW) bestätigt das unserer Zeitung nicht. Weder zur Prüfung von Bewerbungen noch dazu, ob überhaupt Bewerbungen eingegangen sind, dürfe man etwas sagen, teilt ein Sprecher mit. Die Verfahren des Zulassungsausschusses sind nicht öffentlich. Falls also tatsächlich jemand die Praxis übernehmen wird, würde das erst offiziell bekannt, wenn die Person ihren Start in Renningen eigenständig verkündet. Bekannt ist nur: Die Frist zur Abgabe von Bewerbungen ist mittlerweile abgelaufen.

Doch was sind die Alternativen? Es gibt ein gesetzlich festgelegtes Regelwerk, wie viele Ärzte einer Fachgruppe sich in einem bestimmten Gebiet niederlassen dürfen, erklärt der Sprecher der KVBW. Zum Zeitpunkt, als Werner Plieninger seine Praxis geschlossen hatte, war der Landkreis Böblingen „voll“, trotz der Schließung. Trotzdem ist es erlaubt, aufgegebene Praxen nachzubesetzen, sodass die Patienten übernommen werden können. Diese Stellen müssen explizit ausgeschrieben werden, wie es im Fall von Renningen geschehen ist.

Lage auf dem Land wird immer schwieriger

Die Lage hat sich nun aber geändert. Aktuell gilt für den Kreis Böblingen, dass sich zwei neue Kinderärzte hier ansiedeln dürften. Falls die Praxis in Renningen also nicht nachbesetzt werden könnte, bestünde weiterhin die Möglichkeit, dass ein neuer Kinderarzt in den Kreis kommt. Ob dieser dann aber nach Renningen, Böblingen oder Herrenberg geht, das bleibt dem Mediziner überlassen. Denn die freien Kontingente beziehen sich immer auf die Landkreise, nicht auf einzelne Städte.

Gerade im ländlichen Bereich kämpfen nicht nur aus diesem Grund immer mehr Städte und Kommunen mit dem Problem fehlender Ärzte, die sich oft lieber in größeren Städten mit Ärztezentren niederlassen. So steht das Dreieck zwischen Leonberg, Wimsheim und Weil der Stadt im Moment ohne einen Kinderarzt da. Auch der Rest des östlichen Enzkreises ist nur karg besetzt, während die Dichte vor allem in Stuttgart, aber auch im Bereich Ludwigsburg und Pforzheim sehr viel größer ist.

Unmut der Eltern besteht weiterhin

Umso größer waren und sind die Anstrengungen in Renningen, die Nachfolge für die Praxis von Werner Plieninger zu sichern. „Dies ist jedoch leider nicht so einfach“, sagt Melanie Pfeifer. Denn die Stadt ist weder für die Ausschreibung noch eine Einstellung der Mediziner zuständig. „Wir haben jedoch in Absprache mit Herrn Dr. Plieninger damals eine Anzeige in der Rubrik ,Kommune sucht Arzt‘ im Stellenportal Landarztbörse geschaltet.“ Parallel setze die Stadt Renningen ihre Bemühungen fort, durch Öffentlichkeitsarbeit, zum Beispiel einer Anzeige auf der städtischen Homepage, potenzielle Nachfolger zu finden.

Für die Eltern bleibt die Situation schwierig, „unser Unmut besteht weiterhin“, formuliert es Esin Karadeniz. Zwar gibt es eine Absprache mit der Kinderklinik Böblingen über eine ambulante Behandlung von Kindern aus Renningen und Malmsheim. „Allerdings sind in der Klinik nur begrenzte Behandlungskapazitäten verfügbar“, weiß Melanie Pfeifer. Die Stadt wolle sich in den kommenden Tagen bei der KVBW nochmals nach dem Stand der Prüfung erkundigen „und erneut auf die dringliche Notwendigkeit hinweisen, die Lücke der kinderärztlichen Versorgung in Renningen zu schließen“.