Polizeigewerkschafter Ralf Kusterer (li.) und der Stuttgarter FDP-Bundestagskandidat Timur Lutfullin: Foto: /Feyder

Polizeigewerkschafter Ralf Kusterer erläutert Bundestagskandidaten die Situation der Polizei. Und fragt, wo die gepanzerten Fahrzeuge herkommen, die Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl (CDU) angekündigt hat.

Stuttgart - Baden-Württembergs Landesvorsitzender der deutschen Polizeigewerkschaft hatte eine Fülle von Themen mit dem Stuttgarter FDP-Bundestagskandidaten Timur Lutfullin zu besprechen: wie die Bundespolizei im Bund und im Südwesten zu stärken ist, Kennzeichnungspflicht für Bereitschaftspolizisten, Antidiskriminierungsgesetz, Ausstattung der Polizei und was die Entwicklungen für die innere Sicherheit in Deutschland bedeuten. „Es gibt eine Menge zu tun”, ist Ralf Kusterer überzeugt.

Und will, dass die Zuständigkeit der Bundespolizei deutlicher geregelt wird. „Bei einer Straftat auf dem Gleis kommt die Bundespolizei, wenn ein Geldautomat im Bahnhof beschädigt wird muss die Landespolizei ran”, zeigt Kusterer, der auch stellvertretender Bundesvorsitzender seiner Gewerkschaft ist, auf. Wäre die Bundespolizisten „für das gesamte Gebiet eines Bahnhofs oder Flughafens zuständig, würde das die Landespolizeien deutlich entlasten”. Auch mit Blick auf mögliche Terroranschläge will Kusterer die Stationierung von Bereitschaftspolizisten der Bundespolizei in Deutschland überdacht wissen: „Baden-Württemberg ist neben Thüringen und Sachsen-Anhalt das einzige Flächenbundesland, in dem der Bund keine stehenden Einheiten vorhält”.

Lage in Afghanistan wirkt sich in Deutschland aus

Gerade vor dem Hintergrund der Entwicklungen in Afghanistan könnte dies auch Baden-Württemberg zu Problemen führen. Kusterer erwartet zunächst einen sprunghaften Anstieg von Drogen, die aus Opium hergestellt werden. „90 Prozent dieser Drogen werden nach einer Studie der Vereinten Nationen über die Taliban in unterschiedlich verarbeiteten Produkten weltweit vertrieben.” Hier müssten sich die Sicherheitsbehörden sofort auf die neue Lage einstellen - „dazu brauchen sie Geld, Polizistinnen und Polizisten, moderne Ausrüstung und internationale Vernetzung”. Denn: Mit dem über den Drogenhandel erwirtschafteten Geld finanzierten die Taliban sich, ihre Idee von einem Gottesstaat und letztendlich auch Terroristen, in dem sie ihnen Unterkünfte, Schlupfwinkel und Trainingsmöglichkeiten böten.

Deshalb werde dem Gewerkschafter Angst, wenn er die politischen Beteuerungen höre, Afghanistan dürfe nicht mehr zu einem Hort des internationalen Terrorismus werden: „Alle Erfahrungen mit den Taliban zeigen uns, dass wir ihren Worten nicht trauen können und dürfen.” Deshalb müssten sich Bund und Länder „in den Fähigkeiten Ermittlung und Bekämpfung fragen, ob sie wirklich alles für die Sicherheit der Menschen tun”.

Lutfullin, von Beruf Staatsanwalt, pflichtete Kusterer bei: „Die Entwicklungen in Afghanistan werden auch die innere Sicherheit bei uns beeinflussen.” Deshalb werde er bei einer Wahl ins Bundesparlament sehr genau darauf achten, dass Afghanistan nicht wieder zu einem Rückzugsort internationaler Terroristen werde. Der Liberale mahnte zugleich zu mehr Realismus bei künftigen Einsätzen der Bundeswehr: „Afghanistan hat gezeigt, dass die Bundeswehr nicht dafür da ist, anderswo Demokratie aufzubauen.“

Gepanzerte Sonderwagen für die Polizei

Thema war auch die Ausrüstung der Polizei. Kusterer berichtete, dass der Bund - zuständig für die Ausstattung aller deutschen Bereitschaftspolizeien - bislang 64 Millionen Euro für die Anschaffung gepanzerter Sonderwagen vorhalte. „Weder über ein konkretes Modell ist bislang eine Entscheidung gefallen geschweige denn, dass das Vorhaben bislang für die eine Anschaffung ausgeschrieben wurde.” Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl (CDU) hatte Ende Juni in einer Antwort auf eine Parlamentarische Anfrage der SPD behauptet, das Land werde mit gepanzerten Sonderwagen 5 ausgestattet. Sich aber nicht zu Kosten, Lieferdatum und -termin geäußert, weil dies der Geheimhaltung unterliege. Bislang wurden Berlin, Brandenburg, Bayern, Hamburg, Sachsen, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen mit insgesamt 10 Nachfolgefahrzeugen für die Sonderwagen 4 ausgerüstet. Dabei war jedoch auf unterschiedliche Modelle von zwei Herstellern zurückgegriffen worden.

„Sorgen Sie im Fall Ihrer Wahl dafür, dass die für die Beschaffung vorgesehenen 64 Millionen Euro im Bund nicht einfach einem anderen Verwendungszweck zugeführt werden”, forderte Kusterer Lutfullin auf.

Der sagte zu, genau das tun zu wollen. „Mich wundert, wie der CDU-Innenminister Strobl zu so einer Aussage gegenüber dem Parlament und der Öffentlichkeit kommt”, so der Liberale

Auch in zwei anderen Punkten unterscheide er sich von der CDU sehr: „Einer Kennzeichnungspflicht für die Bundespolizei oder einem Anti-Diskriminierungsgesetz auf Bundesebene werde ich nicht zustimmen.”