Ermittlungen gegen Baden-Württembergs obersten Polizisten wegen sexueller Belästigung. Foto: Eibner-Pressefoto/Fleig

Gegen Baden-Württembergs oberstem Polizeibeamten ermittelt die Staatsanwaltschaft Stuttgart. In einer Videokonferenz stimmt die Landespolizeipräsidentin die Chefs der Polizei auf weitere Fälle ein.

Stuttgart - In einer Videokonferenz hat Landespolizeipräsidentin Stefanie Hinz am späten Dienstagnachmittag die Polizeichefs des Landes informiert, dass eine Hauptkommissarin dem Inspekteur der Polizei vorwirft, sie sexuell belästigt zu haben. Es bestehe zudem der Verdacht, dass weitere Polizistinnen Opfer des Beschuldigten wurden, die sich nun im Zuge der von der Staatsanwaltschaft Stuttgart geführten Ermittlungen offenbaren.

Die Ankläger würden nun prüfen, heißt es in einer Mitteilung des Landespolizeipräsidiums, „ob die Vorwürfe zutreffen und ein Anfangsverdacht für die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens gegen einen hochrangigen Mitarbeiter der Polizei besteht, der hierbei seine Stellung als Amtsträger missbraucht haben könnte“. Der Inspekteur wurde zunächst von seinem Aufgaben entbunden und beurlaubt.

Verdächtiger entscheidet über Karriere

Nach Recherchen unserer Zeitung hatte der 48-jährige Tatverdächtige zunächst versucht, eine Beamtin zum Sex zu überreden. Nachdem sie das ablehnte, habe der Spitzenpolizist der Beamtin mitgeteilt, er gehöre zu dem Personenkreis, der über ihrer Karriere entscheidet. In einem Videotelefonat soll er dann die junge Frau mit von ihm erwünschten Sexualpraktiken belästigt haben. Die Frau befindet sich im Auswahlverfahren für den höheren Dienst in der Polizei.

Erst in diesem Sommer hatten Hinz und ihr Inspekteur persönlich die Drehtage der Videokampagne „Nicht bei uns!“ beaufsichtigt. Mit den vier Filmen mit den Titeln „Wegschauen?“, „Diskriminierung?“, „Extremismus?“ und „Unvernunft in Uniform?“ sollen Polizistinnen und Polizisten auch für das Thema sexuelle Belästigung sensibilisiert werden. Die Clips sind im Internet auf der Videoplattform Youtube für jedermann anzuschauen. Die Kampagne gehört zur Diskussion um Werte und Leitbilder in der Polizei, die dessen Führungsduo seit vergangenem Jahr initiiert. Dafür wurde im Landespolizeipräsidium eigens eine Wertekommission geschaffen, deren Vorsitzender der Inspekteur der Polizei ist.