Die Proteste in Tunesien nehmen zu. Foto: imago images/ZUMA Wire/Jdidi Wassim via www.imago-images.de

Die Lage in Tunesien wird zunehmend unübersichtlich: Protestierende zogen vor das Parlament in Tunis und versuchten einzudringen. Die Sicherheitskräfte hielten sie davon ab.

Tunis - In Tunesien ist die Lage nach der Entmachtung von Ministerpräsident Hichem Mechichi gespannt. Das Parlament in der Hauptstadt Tunis war am Montag von Sicherheitskräften umstellt. Aufgebrachte Demonstranten zogen dorthin und forderten Zugang. Einige versuchten, über das Tor zu klettern. Dabei kam es auch zu Auseinandersetzungen.

Zuvor hatte Präsident Kais Saied den Regierungschef abgesetzt und die Arbeit des Parlaments für zunächst 30 Tage eingefroren. Zudem werde die Immunität aller Abgeordneten werde zudem aufgehoben, kündigte Saied am Sonntagabend nach einem Treffen mit Militärvertretern an.

Kritiker werfen dem Präsident einen Putsch vor

Der ehemalige Juraprofessor versicherte, sich im Rahmen der Verfassung zu bewegen. Kritiker sprechen hingegen von einem Putsch. In dem nordafrikanischen Land kommt es wegen stark steigender Corona-Zahlen und der anhaltenden Wirtschaftskrise seit Tagen zu Protesten.

Das Militär hielt in der Nacht auch Parlamentspräsident Rached Ghannouchi davon ab, das Gebäude zu betreten. Der Chef der Ennahda-Partei rief Anhänger auf, mit ihm vors Parlament zu ziehen. Hingegen feierten Unterstützer von Präsident Saied nachts auf den Straßen. Sie zündeten teils Leuchtfeuer und Feuerwerk und schwenkten Fahnen. Einige sangen die Nationalhymne. Auf Videos waren auch Militärfahrzeuge zu sehen, die durch klatschende Gruppen fahren.

Auch Saied zeigte sich in der Nacht im Zentrum von Tunis und begrüßte seine Unterstützer. Es handle sich um keinen Staatsstreich, versicherte der seit 2019 amtierende Präsident. „Wie kann ein Putsch auf dem Gesetz beruhen?“ Saied beteuert, sich innerhalb des rechtlichen Rahmens zu bewegen. Mit Blick auf mögliche Unruhen sagte er: „Ich will keinen einzigen Tropfen Blut vergießen lassen.“ Gewalt werde aber umgehend mit Gewalt der Sicherheitskräfte beantwortet.