Laut Plänen der möglichen neuen Bundesregierung sollen im Lokal verzehrte Speisen wieder nur mit sieben Prozent besteuert werden – wie schon zu Coronazeiten. Die Gastwirte in Leonberg und Umgebung begrüßen das, haben aber bei einem anderen Vorhaben von Union und SPD Bauchschmerzen.
Es war ein kleiner Rettungsanker für die Gastronomie in Zeiten der Coronapandemie gewesen: die Senkung der Mehrwertsteuer für Speisen in der Gastronomie von 19 auf sieben Prozent. Im Sondierungspapier der möglichen neuen Bundesregierung haben Union und SPD vereinbart, diesen Steuersatz, der nur bis Ende des Jahres 2023 gegolten hatte, auf im Lokal verzehrte Speisen nun dauerhaft auf sieben Prozent umzuschreiben. Aufseiten der Gastronomie wird die Senkung durchweg begrüßt, auch in Leonberg und Umgebung.
„Wenn es so kommt, dann finde ich das richtig“, sagt etwa Lothar Mattner, der über 30 Jahre lange in Leonberg das Bistro „Domizil“ betrieben hatte und nun seit fast zwei Jahren die Gaststätte „Engelberg“ im Sportheim auf dem selbigen führt. „Das ist für mich eine Frage der Gerechtigkeit. Entweder, ich besteuere alle Speisen mit 19 Prozent oder alle mit sieben Prozent“, sagt er. Bislang wird Essen zum Mitnehmen mit dem niedrigeren Satz besteuert.
Unterschiedliche Mehrwertsteuer, gleicher Preis
Mattner nennt ein Beispiel: „Wenn ich beim Bäcker ein Stück Kuchen oder Torte kaufe und erst daheim esse, muss der Bäcker 19 Prozent Mehrwertsteuer abrechnen und abführen. Esse ich das Stück Kuchen aber dort vor Ort, dann muss die Bäckerei nur sieben Prozent abführen.“ Als Kunde zahle man aber denselben Preis. Schummeleien seien dadurch Tür und Tor geöffnet.
Auch Martin Banzhaf, Chef des „Grünen Baum“ in Warmbronn und Heckengäu-Naturkoch, kritisiert die Ungleichbehandlung und zitiert dazu eine Äußerung von SPD-Chefin Saskia Esken zu Zeiten der Coronapandemie: „Frau Esken meinte damals, es sei nicht nachvollziehbar, dass ein industrielles Produkt im Supermarkt mit sieben Prozent zu versteuern ist und das frisch zubereitete Produkt im Restaurant mit 19 Prozent.“ Auch er hofft auf eine Umsetzung der Steuersenkung, die CDU-Kanzlerkandidat Friedrich Merz den Mitgliedern des Deutschen Hotel- und Gastgewerbeverbandes (Dehoga) fest versprochen habe.
Er selbst habe in seinem Lokal die Preise anheben müssen nach der Rückkehr zur höheren Mehrwertsteuer, wobei das nicht alle Kostensteigerungen habe abfangen können. Die Inflation infolge der Coronapandemie, aber auch der Ukrainekrieg hatten Erzeuger- beziehungsweise Energiepreise stark steigen lassen. Sollten die sieben Prozent nicht kommen, käme er nicht umhin, noch einmal an den Preisen zu schrauben.
Gäste kommen seltener oder bestellen weniger
Schon jetzt merkt der Warmbronner Koch die Auswirkungen aufs Geschäft. „Die Intervalle der Besuche haben sich bei dem ein oder anderen verlängert. Oder es wird auf eine Vorspeise oder das Dessert verzichtet“, berichtet Martin Banzhaf. Ein wenig werde dies aber durch neue Kunden ausgeglichen. „Da leider auch gleichzeitig einige inhabergeführte Restaurants mit regionalem Angebot im Umkreis bereits geschlossen oder ihre Öffnungszeiten reduziert haben“, erzählt er.
„Die Senkung auf sieben Prozent hat sich während der Coronapandemie als wichtige, zusätzliche Unterstützung etabliert gehabt. Gerne hätten wir gewollt, dass dieser Steuersatz dauerhaft besteht“, sagt Daniel Bucovarov, Betriebsleiter der Wichtel-Brauereigaststätte, die in Ditzingen einen ihrer vier Standorte hat. Den neuen Plänen stehe man positiv gegenüber, an der Mehrwertsteuer zu schrauben sei notwendig.
Effekte könnten sich ausgleichen
Dennoch warnt er: „Man sollte nicht zu euphorisch sein, bedenkt man die gesamtwirtschaftlichen Aspekte, die in Zukunft abgefangen werden müssen.“ Dabei denke er an primär an die geplante Erhöhung des Mindestlohns und an steigende Preise infolge einer weiterhin steigenden Inflation.
Denn auch den Mindestlohn im Jahr 2026 auf bis zu 15 Euro pro Stunde zu erhöhen, findet sich als Ziel im Sondierungspapier von Union und SPD. Für Arbeitnehmer sei das natürlich positiv, sagt Bucovarov. „Meiner Meinung nach erhofft sich die neue Regierung, die Lücke zwischen staatlicher Unterstützung und lohnender Arbeit zu vergrößern, um einen größeren Anreiz für Arbeitnehmer zu schaffen, ins Berufsleben ein- oder wiedereinzusteigen.“
Sollte Schwarz-Rot den Mindestlohn tatsächlich anheben, so sei das für die Gastronomie nur in Kombination mit der Mehrwertsteuersenkung zu verkraften. „Der Effekt wird sich ausgleichen“, sagt der Wichtel-Betriebsleiter. Die Preise für die Kunden könnten am Ende trotz Mehrwertsteuersenkung tatsächlich steigen. „Denn der Mindestlohn betrifft ja auch unsere Dienstleister und Lieferanten, deren Preise dann auch steigen werden“, meint Daniel Bucovarov.
Steuern im Gastgewerbe
Verzehr außer Haus
Bei Speisen wird eine Mehrwertsteuer von sieben Prozent fällig, dies gilt für Straßenverkauf, Lieferungen oder Mitnahme.
Verzehr vor Ort
Hier gilt eine Mehrwertsteuer von 19 Prozent.
Getränke
Hier sind grundsätzlich 19 Prozent fällig, aber es gibt Ausnahmen, etwa für Leitungswasser und Kuhmilch (sieben Prozent).
Imbisse
Hier kommt es auf viele Details an. Verkauf nur zur Mitnahme hat den niedrigeren Steuersatz zur Folge, ebenso wenn an Stehtischen von Wegwerfgeschirr gegessen werden kann. Bei festen Sitzplätzen oder auch der Nutzung von Porzellangeschirr und Besteck wird der höhere Satz fällig.