Auf dem Gelände des Marbacher Krankenhauses soll neu gebaut werden, unter anderem die dringend benötigte Pflegeschule. Foto: Werner Kuhnle

Die Planungen am Gesundheitscampus in Marbach schreiten voran. Ob die Pflegeschule von Ludwigsburg wie beabsichtigt dorthin umziehen kann, ist aber eine Kostenfrage.

Wird der Gesundheitscampus in Marbach wie geplant umgesetzt, oder machen die Kosten und die schlechte Prognose zur wirtschaftlichen Entwicklung der Krankenhäuser den Überlegungen einen dicken Strich durch die Rechnung? Eine Aussage von Professor Jörg Martin, dem Geschäftsführer der RKH-Kliniken, lässt zumindest stutzig werden: „Für den geplanten Gesundheitscampus Marbach verhandeln wir gerade einen städtebaulichen Vertrag mit der Stadt. Die Pläne stehen aber unter einem gewissen Finanzierungsvorbehalt“, so Martin am Donnerstag. Andererseits gebe es „einen enormen Druck an der Krankenpflegeschule, wir müssen raus.“

Das derzeit genutzte Gebäude an der Harteneckstraße in Ludwigsburg stammt aus den 1970er Jahren und ist stark sanierungsbedürftig. Axel Hechenberger, der kaufmännische Direktor der Kliniken, nannte als Beispiel die Elektroleitungen. „Noch einmal Geld in ein Gebäude zu stecken, das abgerissen wird, lohnt sich nicht. Und während des laufenden Schulbetriebs wäre eine Sanierung auch nicht möglich“, so Hechenberger. Ein Erhalt komme auch deshalb nicht in Frage, weil man dem dringend benötigten Pflegenachwuchs die derzeitigen Zustände an der Schule nicht länger zumuten könne und wolle, um attraktiv zu bleiben.

Theoretisch wäre ein Umzug im Jahr 2028 möglich

Ein Umzug in das frühere Marbacher Krankenhaus wäre „rein baulich gesehen“ im Jahr 2028 möglich, so Hechenberger. Es bleibt aber das Problem der Finanzierung. In diesem Jahr sieht die Finanzlage der Kliniken trotz rückläufiger Zahlen (11 Prozent bei den Behandlungsfällen, 10 Prozent bei den ökonomisch relevanten Punkten) noch ganz gut aus. Doch schon für das nächste Jahr plant der kaufmännische Direktor mit einer Deckungslücke im Pflegebudget und mit roten Zahlen. Wie hoch diese ausfallen könnten, dazu wollte er sich nicht äußern. Nur soviel: „Tiefrot werden sie nicht sein.“

Interimslösung in Kornwestheim?

Dennoch denkt man im Fall der Pflegeschule erst einmal über eine Interimslösung nach. Diese könnte auf dem Salamanderareal in Kornwestheim entstehen, wo laut Hechenberger eine große Firma ausgezogen ist. Man müsse prüfen, was für den Einzug einer Pflegeschule dort an Umbauten nötig wäre.

Ob an der schlechter werdenden Finanzlage der Kliniken die aktuellen Pläne von Gesundheitsminister Karl Lauterbach etwas ändern werden, daran hat man bei den RKH Kliniken Zweifel. Die Idee, Fachabteilungen durch Leistungsgruppen zu ersetzen und die Krankenhäuser in verschiedene Level einzuteilen, sei zwar nicht schlecht, findet Jörg Martin, ebenso die Aufteilung in ein Pflegebudget und ein Vorhaltebudget, doch da auch die DRGs erhalten bleiben, zieht er das Fazit: „Das Hamsterrad bleibt bestehen.“ Zudem liege das Krankenhausplanungsrecht und damit die Frage der Investitionen bei den Ländern. Und dass alle 16 Bundesländer bei den Plänen mitziehen werden, hält Martin schon deshalb für unwahrscheinlich, weil einige bereits Widerstand gegen die Lauterbach-Pläne angekündigt haben. „Da sind einfach noch sehr viele Fragen offen.“

Gesundheitssystem nicht mehr finanzierbar

Fest stehe lediglich: So wie bisher könne man nicht weitermachen, das Gesundheitssystem werde in Zukunft nicht mehr finanzierbar sein. Und auch bislang wirtschaftlich gesunde Krankenhäuser würden ohne eine grundlegende Veränderung in die Miesen rutschen. Nach Einschätzung von Martin wäre davon in Deutschland etwa die Hälfte aller Kliniken betroffen. Vor allem für die Krankenhäuser in freier gemeinnütziger und kirchlicher Trägerschaft werde es schwer.

Weniger Betten, mehr ambulante Behandlungen

Um zu verhindern, dass das Gesundheitssystem kollabiert und es zu einer „ernsten Rationierung im Gesundheitswesen“ kommt, wie es der Gesundheitsökonom Boris Augurzky als drohendes Szenario beschrieben hat, stellt man sich bei der RKH schon jetzt auf Veränderungen ein. Eine Folge des Sparzwangs: „Wir müssen Betten abbauen, und der Schweregrad der Erkrankungen auf den Stationen wird steigen“, so Martin. Bis zu 20 Prozent der Fälle, die bisher stationär behandelt worden seien, könnten künftig in den Ambulanzbereich verlagert werden. Dazu sei eine enge Zusammenarbeit mit den niedergelassenen Ärzten nötig, um gemeinsame Konzepte zu entwickeln.

Außerdem möchte man bei der Telemedizin der größte Anbieter Baden-Württembergs werden – mit Zentralen in Ludwigsburg, Bruchsal und Mühlacker. Aktuell scheitere dies beim Telenotarzt aber oft noch an der fehlenden Infrastruktur mit etlichen Funklöchern, so Martin.

Ungelöst bleibt das Problem der fehlenden Pflegekräfte, das sich durch Corona noch verstärkt habe, wie Jörg Martin sagte. Daran werde auch der neue Personalschlüssel, der die Fachkräfte entlasten soll, nichts ändern – im Gegenteil: „Ohne Strukturbereinigung werden wir ein Versorgungsproblem bekommen. Und das kann man auch nicht mit ausländischen Pflegekräften lösen.“

Was für den Gesundheitscampus Marbach geplant ist

Krankenpflegeschule
 Ein wichtiger Bestandteil des Gesundheitscampus ist die Krankenpflegeschule, die bislang in Ludwigsburg angesiedelt ist. Ergänzt werden soll sie durch eine Akademie für Fortbildungen sowie durch Wohnungen für Auszubildende und Mitarbeiter. Der Siegerentwurf des Architektenwettbewerbs sieht vor, die Schule im früheren Krankenhaus anzusiedeln. Wie viel davon bei dem Umbau erhalten bleibt, ist noch offen.

Seniorenzentrum
 Auch die Evangelische Heimstiftung möchte sich auf dem Gelände ansiedeln – mit Tagespflege, betreutem Wohnen und anderen Angeboten für ältere Menschen.

Ärztehaus
Im Gespräch ist zudem ein zweites Ärztehaus im Anschluss an das bestehende.