Preisträger Anton Zeilinger in seinem Labor in Wien Foto: dpa/Hans Klaus Techt

Drei Forscher teilen sich den Physiknobelpreis. Mit ihrer Arbeit haben sie die Grundlagen für künftige Supercomputer gelegt. Und ein kleines bisschen Science Fiction hat dabei auch eine Rolle gespielt.

In der modernen Physik gibt es vieles, das mit unserer Alltagserfahrung nur schwer vereinbar ist. Ein Beispiel dafür sind die Erkenntnisse Albert Einsteins über die Zeit, die keineswegs überall gleich schnell voranschreitet. Nicht so leicht fassbar sind auch die Forschungsarbeiten der Physiker Alain Aspect, John Clauser und Anton Zeilinger auf dem Feld der Quantenmechanik, die jetzt mit dem Physiknobelpreis bedacht worden sind.

Drei Pioniere setzen sich durch

Die drei Wissenschaftler aus Frankreich, den USA und Österreich haben sich mit dem Verhalten verschränkter Teilchen beschäftigt und damit „Pionierarbeit auf dem Gebiet der Quanteninformation“ geleistet, wie die Königliche Schwedische Akademie der Wissenschaften in ihrer Begründung schreibt. Verschränkte Teilchen haben eine merkwürdige Eigenschaft: Sie beeinflussen sich gegenseitig, auch wenn sie sich an verschiedenen Orten befinden. Bereits Albert Einstein sprach von einer „spukhaften Fernwirkung“.

Das Nobelkomitee zieht als Vergleich eine Maschine heran, die verschiedenfarbige Bälle in entgegengesetzte Richtungen wirft – einen schwarzen Ball nach links und einen weißen nach rechts. Wer den schwarzen Ball fängt kann sicher sein, dass sein Gegenüber auf der anderen Seite zur gleichen Zeit einen weißen Ball in Händen hält.

Verwirrende Quantenmechanik

Der gesunde Menschenverstand würde davon ausgehen, dass die Farben der beiden Bälle vorher feststehen. Doch hier geht es um Quantenmechanik. Und die postuliert, dass beide Kugeln grau sind und erst in dem Moment, in dem ein Betrachter eine von beiden anschaut, zufällig die Farben Weiß beziehungsweise Schwarz annehmen. Steht die Farbe der einen Kugel fest, ist im gleichen Moment auch die Farbe der anderen Kugel definiert, selbst wenn diese sich am anderen Ende des Universums befindet.

Anton Zeilinger hat diese Überlegungen 1997 in ein spektakuläres Experiment übersetzt. Er leitete einen Laserstrahl über einen speziellen Kristall und schuf so verschränkte Lichtteilchen, auch Photonen genannt. Diese zeichneten sich durch eine unterschiedliche Polarisation aus – schwangen also entweder in senkrechter oder waagrechter Richtung hin und her. Sobald die Polarisation eines Photons A gemessen wird, steht nach den Gesetzen der Quantenmechanik auch die eines verschränkten Photons B fest – ähnlich wie in dem Beispiel mit den Bällen.

Wenn Teilchen gekitzelt werden

Tatsächlich konnten Zeilinger und sein Team mit dem Versuch von 1997 und weiteren Experimenten nachweisen, dass sich der Zustand eines Photons A exakt auf ein beliebig weit entferntes Photon B übertragen ließ. Da das Photon A bei der Messung vernichtet wird, bleibt am Ende nur das Photon B als identische Kopie übrig. Manche Beobachter fühlten sich daher an die als „Beamen“ bekannte Teleportation aus Science-Fiction-Filmen wie „Star Trek“ erinnert und verpassten Zeilinger den Spitznamen „Mr. Beam“. Doch übertragen werden nicht die Teilchen selbst, sondern ihre Eigenschaften. „Wenn Sie ein Teilchen kitzeln, lacht das andere“, so die Erklärung des US-Physikers Jeff Kimble.

Beamen bleibt aber Science-Fiction

Die beiden anderen Preisträger Alain Aspect und John Clauser hätten mit ihren Arbeiten die Basis für Zeilingers spektakuläre Experimente gelegt, sagte Thors Hans Hansson vom Nobelkomitee für Physik. Beide konnten im Labor nachweisen, das wesentliche theoretische Annahmen der Quantenmechanik tatsächlich zutreffen. Auch Aspect und Clauser nutzten unterschiedlich polarisierte Lichtteilchen als Untersuchungsobjekt. Zeilinger machte klar, dass es trotz der Fortschritte der Quantenphysik wohl auch künftig nichts mit dem Beamen von Menschen oder Objekten werden wird: „Die Teleportation ist nach wie vor Science-Fiction“, sagte er nach der Bekanntgabe.

Dafür verweist das Nobelkomitee auf vielversprechende Möglichkeiten auf dem Gebiet der Computertechnik und Informationsübertragung. Bereits jetzt sei es möglich, mittels Quantenkryptografie Nachrichten mit bislang unerreichbarer Sicherheit zu verschlüsseln, so Hansson. Hoffnungen setzen Fachleute auch auf immer leistungsfähigere Quantencomputer, mit denen sich zum Beispiel in kürzester Zeit selbst die aufwendigsten Klimamodelle durchrechnen lassen.