Das Deutsche Phonomuseum in Sankt Georgen zeigt die Entwicklung der Tontechnik und würdigt die Phonoindustrie. Die Vorläufer der Plattenspieler stehen dort selbst auf der Rolltreppe – anstelle von Menschen.
Wer träumte in den 60er Jahren nicht von einem schicken Plattenspieler, vielleicht mit einem Holzkorpus, aber auf jeden Fall von Dual? Das Unternehmen aus St. Georgen im Schwarzwald gründeten die Brüder Christian und Josef Steidinger 1907 unter dem Namen Gebrüder Steidinger, Fabrik für Feinmechanik, das auch Grammofone mit Federantrieb baute. Dual entwickelte sich zu einem bedeuteten Hersteller von Plattenspielern – mit zeitweise mehr als 3000 Mitarbeitern. Heute gehört die Marke größtenteils der Dual GmbH mit Sitz in Landsberg am Lech. Wegen Streitigkeiten mit seinem Bruder baute sich Josef Steidinger 1911 mit Perpetuum Schwarzwälder Federmotoren und Automatenwerke sein eigenes Phonounternehmen in St. Georgen auf, das nach der Fusion mit Electromophon, Mitte der 30er Jahre, zu Perpetuum Ebner (PE) geworden ist. Die Compact Disc (CD) ersetzte ab Anfang der 80er Jahre die Schallplatte. Nach und nach verschwanden die Plattenspieler – auch aus der Schwarzwaldgemeinde. Vor wenigen Jahren lebte die Marke Perpetuum Ebner wieder auf, und es gibt inzwischen einige Plattenspieler-Modelle – Made in St. Georgen.
Das Deutsche Phonomuseum, das es ohne die Unternehmen Dual und PE wohl kaum gäbe, eröffnete 1972 im Untergeschoß des neugebauten Rathauses mit Exponaten zweier privater Phonosammler aus St. Georgen. Fast lückenlos zeigen die Ausstellungsstücke die Entwicklung der mechanischen Tonaufzeichnung und -wiedergabe – seit Edisons Erfindung des Phonographen 1877 bis in die heutige Zeit. „Die meisten Geräte sind funktionsfähig und können bei Führungen abgespielt werden“, sagt Silke Jeske, die im Museum tätig ist. Die Rolltreppe, die vom Erdgeschoss in den ersten Stock geht, erinnert an das ehemalige Kaufhaus von St. Georgen, in das das Museum 2011 mit einer erweiterten Ausstellung gezogen ist. Auf der stillgelegten Rolltreppe steht ein Standgrammophon hinter dem anderen.
Ein 30 Meter hohes Grammophon
Beim Rundgang durchs Museum sticht das mehr als einen Meter 30 hohe Standgerät aus dunklem Holz ins Auge, das mit feinen Schnitzereien verziert ist. Das Grammofon kostete 1926 rund 2000 Reichsmark, was ungefähr dem Wert eines Kleinwagens entsprach. Gebaut hat es Albert Ebner, Gründer des Unternehmens Electromophon in Stuttgart-Vaihingen. Ebner soll 1919 den ersten elektrischen Grammofonmotor entwickelt haben. Der Stuttgarter Tüftler heiratete 1936 Hermine Steidinger, Mitinhaberin von Perpetuum aus St. Georgen. Die Unternehmen fusionierten und wurden als Perpetuum Ebner (PE) zu einem der wichtigsten Phonotechnikhersteller ihrer Zeit. Neben Trichter-, Koffer- und Salongrammofonen, Musikboxen und den ersten Hi-Fi-Anlagen gibt es im Museum auch einige Kuriositäten zu sehen, wie beispielsweise ein mit Schlangenhaut überzogener Schallplattentrichter. Durch sein Design sticht auch das Tischgrammofon in Form eines Schwarzwaldhauses heraus, einstiger Verkaufsschlager in den USA.
Dieses Jahr gibt es fürs Museum gleich zwei Anlässe zur Freude. Zum einen das 50-Jahr-Jubiläum des Museums. Zudem weisen seit Sommer zwei braune Hinweisschilder an der A 81 auf die Heimat der Phonoindustrie und das Deutsche Phonomuseum in St. Georgen hin.
Weitere Infos gibt es unter: https://deutsches-phonomuseum.de