Sollen auf dem „Platz der Synagoge“ in Pforzheim Demonstrationen verboten werden? Foto: dpa/Christoph Schmidt

Die Israelitische Kultusgemeinde Pforzheim will erreichen, dass auf dem „Platz der Synagoge“ nicht mehr demonstriert werden darf.

Ist es Gedankenlosigkeit? Oder schlicht eine Provokation? In Pforzheim, der etwa 125 000 Einwohner zählenden Großstadt im Nordwesten des Landes haben sich wiederholt Corona-Leugner und Querdenker am „Platz der Synagoge“, einem zentralen Ort in Pforzheims Innenstadt, versammelt und mit Trommeln und Pfeifen lautstark ihren Protest kundgetan. Auf dem Höhepunkt der Corona-Proteste gingen zu Beginn vorigen Jahres jeweils bis zu 5000 Menschen auf die Straße. Ähnlich strittig sind Auftritte von rechtsgerichteten Kreisen an einem vergleichbaren Gedenkort in Freiburg. Das sorgt für Kontroversen.

Rami Suliman lebt inzwischen annähernd 40 Jahre in Pforzheim. Der Vorsitzende der Israelitischen Kultusgemeinde Pforzheim und des Oberrats der Badischen Juden stört sich schon lange an den Protesten – er sorgt sich um die Würde von Gedenkstätten und Mahnmalen. Schon im vorigen Sommer stand er mit dem Rathaus in Kontakt, hat Oberbürgermeister und Fraktionen angesprochen. Doch bislang ohne Erfolg: selbst dann noch als militante Reichsbürger und die so genannte „Pforzheim Revolte“, ein Ableger der Identitären Bewegung, bei den Demonstrationen mitmischten.

Immer wieder provokante Auftritte

Die „sogenannten Montagsdemonstrationen von Coronaregel-Kritikern in Pforzheim, aber auch Versammlungen in anderen Städten in Baden wie beispielsweise der Palästina-Kundgebung in Freiburg“, so teilte Suliman vor Jahreswechsel den Fraktionschefs der vier großen Parteien im Landtag, Grüne, CDU, SPD und FDP in einem Schreiben mit, würden „ein aktuelles Problem des Versammlungsrechts deutlich machen“. Auch in Freiburg gab es immer wieder Diskussionen um den 2016 und 2017 umgestalteten Platz der Alten Synagoge, einer Freifläche zwischen Uni-Gebäuden und Stadttheater. Rund um ein gestalterisch den exakten Grundrissen der Alten Synagoge nachempfundenes Wasserbassin gab es immer wieder provokante Auftritte.

Verbot nur in Einzelfällen möglich“

Suliman weiß: Das Recht auf Demonstrationsfreiheit ist ein hohes Gut. Ein generelles Verbot von Versammlungen an bestimmten Örtlichkeiten wie beispielsweise dem „Platz der Synagoge“ in Pforzheim sei nur „in äußerst wenigen Einzelfällen möglich“, sagt auch eine Sprecherin von Oberbürgermeister Peter Boch (CDU) auf Anfrage. Doch Suliman sah zuletzt auch Einigkeit mit den Fraktionschefs von CDU, Grünen, SPD und FDP im Pforzheimer Gemeinderat. Diese erklärten sich in einer gemeinsamen „Willensbekundung“ solidarisch. Man bitte dringend darum, „an dem Ort, an dem die alte Pforzheimer Synagoge bis zur Zerstörung stand, keine Demonstrationen mehr stattfinden zu lassen“, hieß es in einem Schreiben an den Rathauschef.

Sulimans Vorstoß beim Landtag von Baden-Württemberg scheint nun möglicherweise von Erfolg gekrönt. Am Donnerstag steht nun ein fraktionsübergreifender Antrag zur Abstimmung: Geplant ist nach Informationen unserer Zeitung eine „ermessensleitende Verwaltungsvorschrift“, die es Kommunen ermöglichen soll, den Weg von Protest-Kundgebungen vorzugeben.