CDU-Mann Siegfried Lorek im Gespräch. Foto: Gottfried Stoppel

Das Gebaren des CDU-Politikers Siegfried Lorek wirft viele Fragen auf. Selbst in der eigenen Partei spricht die Basis von „Vetternwirtschaft“.

Stuttgart - Der CDU-Abgeordnete Siegfried Lorek, erzählen Fraktionskollegen, ging im Frühjahr gelassen in die Landtagswahl. Für den Fall einer Nichtwahl, vertraute er dem einen und anderen an, hätten Landespolizeipräsidentin Stefanie Hinz und der Inspekteur der Polizei, Andreas Renner, „schon für mich gesorgt“. Als früherem Polizeioberrat wäre Lorek die Rückkehr in die Polizei nach einem Ende als Abgeordneter garantiert gewesen. Dass die Spitze der Landespolizei schon für ihn gesorgt hätte, interpretieren CDUler wie auch Polizisten damit, dass er sich zumindest auch einen dienstlichen Karrieresprung versprach, falls seine Politikerlaufbahn enden sollte.

Zumal Lorek auf den Fluren des Parlaments in der Vergangenheit prahlte, er habe wesentlich dazu beigetragen, dass Hinz und Renner überhaupt in ihre Ämter gekommen seien. Den Erzählungen seiner Parteifreunde widerspricht Lorek nicht. Einzig verweist er darauf, dass „Stellen innerhalb der Polizei“ nach dem Prinzip der Bestenauslese, also nach einer Stellenausschreibung, vergeben würden. „Dies gilt auch für die Besetzung der Stelle des Inspekteurs der Polizei.“

Nicht ganz: Mindestens zwei weitere Polizeiführer interessierten sich im vergangenen Herbst genau für diese Verwendung als Inspekteur. Die Stelle wurde jedoch nicht ausgeschrieben. Sondern ohne Bewerbungsverfahren an Loreks engen Freund Renner vergeben, „durch den Ministerrat“, dem er nicht angehöre, betont Lorek. Den seine Parteifreunde fest an der Seite des CDU-Landesvorsitzenden Thomas Strobl verorten. Der Innenminister, der bei Landtagswahl ohne Mandat blieb, benannte Lorek, der selbst nur knapp mit einem Zweitmandat ins Parlament einzog, für die Koalitionsverhandlungen mit den Grünen zum Leiter der Arbeitsgruppe, die die Innere Sicherheit verhandelte. Lorek warb vor der Landtagswahl 2021 in Telefonaten bei Polizisten um Unterstützung für das Amt des Innenstaatssekretärs.

Regelmäßiger Besucher des Innenministeriums

Dort ist der umtriebige Parlamentarier regelmäßig Gast im vierten Stock, den Büros des Landespolizeipräsidiums. „Er mischt sich seit Jahren aktiv in alles ein, was auch nur im Entferntesten die Polizei anbelangt“, sagt ein Ministerialer. Er – wie alle Gesprächspartner – befürchten Nachteile und Hetze, sollte ihr Name öffentlich werden. Zumal die Personalentscheidung in der Polizeiführung nicht die Einzige ist, die merkwürdig scheint. Loreks Frau, eine Polizistin im gehobenen Dienst, wechselte – ohne dass die Stelle ausgeschrieben wurde – als persönliche Referentin ins Kultusministerium zur damaligen CDU-Spitzenkandidatin und Bildungsministerin Susanne Eisenmann. Und machte einen Karrieresprung in den höheren Dienst. „Vetternwirtschaft“ unkten die Parteigenossen an der Basis im Wahlkreis Waiblingen. Lorek reagierte am 18. Februar 2020 um 19.09 Uhr: In einer E-Mail mit dem Betreff „Stelle Gabi“ rechtfertigt er den „horizontalen Laufbahnwechsel“ juristisch als einwandfrei. Verschwieg aber, dass ein vergleichbarer Laufbahnwechsel innerhalb der Polizei ein komplexes Auswahlverfahren und eine zusätzliche Ausbildung an der Polizeiführungsakademie in Münster-Hiltrup mit sich gebracht hätte. Immer mit dem Risiko, den hohen Auswahlansprüchen nicht zu genügen. Bei einem Verbleib als Polizistin im Innenministerium konnte seine Frau keine Beförderung und damit auch keine höhere Besoldungsstufe mehr erwarten. Nun aber sind ihr nach oben im Besoldungssystem des Landes keine Grenzen gesetzt.

Grundsätzlich habe seine Ehefrau Eisenmann 2018 signalisiert, Interesse an einer Arbeit im Kultusministerium zu haben. Später, sagt Lorek, „sprach Frau Ministerin mich und anschließend meine Frau bezüglich der Stelle an“. Versetzungen in ein anderes Ministerium seien nichts Ungewöhnliches. Seien sie doch, sagt ein Personalrat: Solche Wechsel seien „äußerst seltene Vorgänge“. Nur dann vollzogen, wenn Polizeibeamte aus gesundheitlichen Gründen ihren Dienst nicht mehr versehen könnten.

Mitgliederwerbung zur Kür des Landtagskandidaten

Das konnte Lorek als Polizist im Februar 2015 noch sehr gut, als er sich auf dem CDU-Nominierungsparteitag im Wahlkreis 15 Waiblingen der Parteibasis zur Wahl als Landtagskandidat stellte. Zuvor war der Ordnungshüter aktiv geworden: Polizisten und Feuerwehrleuten hatten von Lorek E-Mails geschickt bekommen, in denen er dafür warb, in die CDU einzutreten und für ihn zu votieren. Danach, so schlug der Politneuling vor, könnten sie ja wieder aus der Partei austreten. Solche Mitgliederwerbung sei „selbstverständlich“ sagt Lorek. Eine Gegenleistung für den Parteieintritt habe er weder versprochen oder gewährt. Wenn auch bei den umworbenen Kollegen ein fader Nachgeschmack blieb: „Das habe ich als merkwürdig empfunden, weil die Mail von einem Vorgesetzten kam“, sagt ein Polizist. Drei von ihnen traten in die CDU ein, weiß Lorek. Und 17 Feuerwehrleute. Es mag Zufall sein: Mit 20 Stimmen Vorsprung gewann Lorek die Abstimmung gegen Amtsinhaber Matthias Pröfrock, dem 108 Mitglieder das Vertrauen aussprachen.

Der damalige Landespolizeipräsident Wolf Hammann mahnte im April 2013 in einer grundsätzlichen Weisung im Vorfeld der Bundestagswahl Zurückhaltung für politische Werbung bei der Polizei an. Die Metadaten des Dokuments offenbaren dessen Autor: Andreas Renner, Loreks enger Freund.