Bei regnerischem Wetter werden die Corona-Regeln auf der Skateranlage in Sindelfingen locker eingehalten. Foto: factum/Simon Granville

Im Kreis Böblingen ist der Inzidenzwert leicht auf 145,4 infizierte Personen pro 100 000 Einwohner gesunken. Beim Abfallwirtschaftsbetrieb führt die Pandemie aber zu Engpässen. Sindelfingen verstärkt die Corona-Kontrollen in der Stadt und auf der Skateranlage.

Böblingen - Die Zahl der Corona-Ansteckungen ist etwas gesunken: Am Donnerstag betrug der Inzidenzwert für den Kreis Böblingen 145,4 Infizierte pro 100 000 Einwohner. Aktuell sind im Kreis 1115 Menschen an Covid-19 erkrankt. In den Krankenhäusern werden 59 positive Fälle behandelt, bei 19 weiteren Personen besteht der Verdacht auf eine Infektion. Noch vor zwei Tagen waren es 68 Corona-Patienten gewesen. Momentan befinden sich zehn Personen auf der Intensivstation, sieben müssen beatmet werden.

Bislang 75 Todesopfer

„Unser größtes Sorgenkind sind die Pflegeheime“, sagte der Landrat Roland Bernhard. In sieben Einrichtungen gibt es derzeit 63 infizierte Bewohner. Nach dem Wiedenhöfer-Stift in Herrenberg und einer Einrichtung in Steinenbronn hat es unter anderem das Pflegeheim St. Hildegard und das DRK-Haus am See in Böblingen erwischt. Waren es vergangene Woche noch vier Corona-Fälle in den Böblinger Heimen, hat sich ihre Zahl jetzt offensichtlich ebenfalls stark erhöht. „Es war nur eine Frage der Zeit, bis das Coronavirus auch dort ankommt“, erklärte die Gesundheitsamtsleiterin Anna Leher den Anstieg. Die große Mehrheit der 46 Pflegeheime im Kreis ist aber noch verschont geblieben. Die Zahl der Toten hat sich innerhalb einer Woche von 58 auf 75 erhöht. Dabei handele es sich nach wie vor eher um ältere Personen, sagte der Landrat.

Engpass bei der Müllabfuhr

Von den 122 Schulen im Kreis tauchten an 20 Corona-Fälle auf, 30 Klassen waren davon betroffen. Mitte Oktober waren es 13 Schulen und 25 Klassen gewesen. In sieben Kindergärten schlich sich das Virus ein sowie in nur eine Flüchtlingsunterkunft. Beim Abfallwirtschaftsbetrieb sorgt die Pandemie womöglich für einen Engpass aufgrund hoher Personalausfälle in der Müllabfuhr, kündigte der Landrat an. Während Rest- und Biomüll weiterhin abgeholt werden, könnte es bei Altpapier und Altkleidern länger dauern. Weil die Mitarbeiter oft in Gruppen tätig seien, sei die Ansteckungsgefahr hoch. Deshalb gebe es vermehrt Corona-Kranke und Quarantänesituationen – zusätzlich zu den in dieser Jahreszeit normalen Erkältungen.

Standort für Kreisimpfzentrum

Sollte der Inzidenzwert wieder steigen und auf mehr als 200 Infizierte pro 100 000 Einwohner klettern, sei der Kreis gewappnet, kündigte Roland Bernhard an – mit „einem Maßnahmen-Koffer für weitere Kontakteinschränkungen“. Im Kontaktpersonenmanagement wurde der Zielwert von 100 Vollzeitkräften leicht überschritten: Verschiedene Ämter im Landratsamt stellen 50 Mitarbeiter, die Bundeswehr und das Gesundheitsamt selbst jeweils 25. Die Soldaten bleiben bis mindestens 4. Dezember in Böblingen im Einsatz. An der Corona-Hotline des Gesundheitsamtes habe sich die Situation wieder entspannt, berichtete Roland Bernhard. Und das Dashboard auf der Internetseite des Landratsamtes, wo täglich die Corona-Zahlen aktualisiert werden, funktioniert von Freitag, 20. November, an im Laufe des Tages wieder vollumfänglich. Im Auftrag des Landessozialministeriums ist die Kreisbehörde derzeit auf der Suche nach einem Standort für ein Impfzentrum. Die Messe Sindelfingen hat sich laut dem Landrat dafür angeboten. Nun würde geprüft, ob sie sich in Bezug auf die Erreichbarkeit dafür eigne.

Enttäuscht vom Rettungsschirm

„Bitter enttäuscht“ ist Roland Bernhard vom Rettungsschirm des Bundes für die Kliniken. Allein die zweite Welle seit Oktober kostet den Klinikverbund drei bis 3,5 Millionen Euro, weil derzeit keine verschiebbaren Behandlungen und Operationen durchgeführt werden, um Betten für Covid 19-Patienten freizuhalten. Freihaltepauschalen solle es aber nur für größere Notfallkliniken geben, beim Klinikverbund Südwest qualifiziere sich dafür nur das Sindelfinger Krankenhaus.

Verstärkte Kontrollen

Auf 50 bis 70 Ordnungswidrigkeitsanzeigen kommen die Streifenbeamten vom Polizeipräsidium Ludwigsburg, das auch für den Kreis Böblingen zuständig ist, täglich. Beim Großteil davon handelt es sich Verstöße gegen die Maskenpflicht, erklärt der Präsidiumssprecher Peter Widenhorn. Im öffentlichen Nahverkehr und in den Innenstädten würden die meisten Verstöße festgestellt und nur uneinsichtige Menschen angezeigt. Seltener werden illegale Treffen oder Partys mit zu vielen Teilnehmern entdeckt. Die Stadt Sindelfingen – ein Corona-Hotspot im Kreis – schickt seit dieser Woche noch verstärkt Mitarbeiter des Ordnungsamtes auf Kontrollgänge. Dabei haben sie unter anderem die Schulbusse und die stark genutzten Skateranlage am Glaspalast im Visier. In der ersten Woche gab es kaum Beanstandungen: „Der überwiegende Teil der Sindelfinger Bevölkerung verhält sich erfreulicherweise sehr vorbildlich“, teilt die Stadt mit. Nur am Omnibusbahnhof wurden am Dienstag gleich 20 Personen auf einen Schlag ohne Maske angetroffen und mündlich verwarnt.