Unionsfraktionschef Ralph Brinkhaus hat klargestellt, dass die Union keinen Blockadekurs steuern will. Foto: dpa/Kay Nietfeld

Die Versuchung für die größte Oppositionspartei, auf Generalattacke zu setzen, ist groß. Besser wäre es, die Anschlussfähigkeit der Partei wiederherzustellen.

Berlin - Für Helge Braun, einen der drei Bewerber um den künftigen CDU-Vorsitz, ist der Sachverhalt klar: Seine Partei stehe vor einer neuen Art von Opposition, „eine, wo nicht irgendwie ein bürgerliches Lager gegen Rot-Grün in der Opposition sitzt, sondern wo alle unsere potenziellen Koalitionspartner zusammenarbeiten“, sagte er jüngst unserer Zeitung.

Ganz so neu ist die Lage für die Union nicht. Als der Wähler sie 1969 in die Opposition schickte, bildeten die einzigen beiden anderen Fraktionen im Bundestag, SPD und FDP, die Regierung. Damit begannen 13 lange Jahre in der Opposition. Dennoch ist der Hinweis von Braun richtig: Wer keinen möglichen Koalitionspartner mit in der Opposition hat, läuft Gefahr, sich zu isolieren, wenn die gesamte Regierung pauschal attackiert wird. Die Union steht genau vor dieser Frage: Soll sie in einer Fundamentalopposition die gesamte Koalition angreifen?

Die abwertende Rede von der „linksgelben Koalition“

Wer die harte Variante der Oppositionsarbeit bevorzugt, muss auf Kulturkampf-Themen setzen, muss die Koalition bei gesellschaftlichen Modernisierungsvorhaben angreifen. Also bei Zuwanderung, Gender-Politik, Cannabis-Legalisierung, Senkung des Wahlalters, Streichung des Abtreibungsparagrafen 219a. Es gibt durchaus Ansätze dazu. Schon kurz nach der Wahl kam in der Union die spürbar abwertend gemeinte Rede von der „linksgelben Koalition“ in Mode. Fraktionschef Ralph Brinkhaus nannte das Sondierungspapier der Ampel „die strammste Linksagenda seit Jahrzehnten“.

Im Umkreis der Partei hat sich die Plattform „The Republic“ etabliert, die Kampagnen zu „Gender“ und für eine Reform der öffentlich-rechtlichen Rundfunks fährt. In diesen Zusammenhang gehört wohl auch, dass die Junge Union auf ihrem Deutschlandtag Rick Loughery auftreten ließ, den bekennenden Fan von Ex-US-Präsident Donald Trump und Chef der Jungen US-Republikaner, der die Delegierten zum „Kampf gegen den Sozialismus aufrief“.

Es gibt zwei Gefahren eines solchen Kurses: Er treibt alle potenziellen künftigen Koalitionspartner weiter weg von der Union. Und er macht die Abgrenzung zur AfD nicht gerade leichter. Das Risiko eines verbalen Überbietungswettkampfes mit den Rechtspopulisten liegt auf der Hand.

Merz will nicht das konservative Image betonen

Bei der Bundestagswahl hat die Union 1,5 Millionen Wähler an die FDP, 920 000 an die Grünen, eine halbe Million an die FDP verloren. Welche alternative Art der Opposition gibt es vor diesem Hintergrund? Einige in der Union setzen auf die Wiederherstellung der Anschlussfähigkeit. Dazu gehöre das Erarbeiten eines klimapolitischen Profils, das die Union in dieser entscheidenden Frage wieder dialogfähig macht. Norbert Röttgen, ein weiterer Anwärter auf den CDU-Vorsitz, spricht genau diesen Punkt an.

Der dritte Kandidat, Friedrich Merz, scheint das nicht grundsätzlich anders zu sehen, hat aber eher die FDP als die Grünen im Blick. Jedenfalls ist erstens auffällig, dass Merz mit den Liberalen auch nach der Bundestagswahl ausgesprochen höflich umgeht. Und zweitens hat er im Gespräch mit unserer Zeitung ausdrücklich der Erwartung widersprochen, als möglicher neuer Vorsitzender das konservative Profil der Union besonders herauszustellen. Auch Fraktionschef Ralph Brinkhaus äußert sich inzwischen konzilianter. Es werde „keine Blockade-Politik“ geben. „Wir werden die Dinge kritisieren, die falsch sind, aber die Dinge, die richtig sind, da werden wir auch mitmachen.“