Für die Olympischen Spiele und die Paralympics in Tokio wurden 5000 Medaillen produziert. Wobei nicht alles Gold ist, was bei den Siegerehrungen glänzen wird. Foto: imago/Kenjiro Matsuo

Nachhaltigkeit unter den fünf Ringen: Die Edelmetalle für die Olympia-Medaillen stammen aus alten Fernsehern, Computern, Laptops oder Smartphones.

Tokio - In Rio de Janeiro verrotten viele Sportstätten der Sommerspiele 2016, auf der Olympiaschanze von 2018 im südkoreanischen Pyeongchang fand nie wieder ein hochkarätiges Skispringen statt. Kein Wunder, dass das Internationale Olympische Komitee (IOC) und die Ausrichterstädte dieser Großereignisse immer wieder dafür kritisiert werden, sich viel zu wenig mit dem Thema Nachhaltigkeit zu beschäftigen. Tokio will es besser machen – und setzt deshalb auch auf Abfall. Die Medaillen bestehen aus Elektroschrott. So wird aus jedem sportlichen Erfolg ein Sieg für die Umwelt.

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Japan verkauft sich gerne als Hightech-Land, zugleich fehlt es dem Inselstaat an Rohstoffen. Umso wichtiger wäre ein funktionierendes Recyclingsystem. Laut dem Nachrichtenportal Ingenieur.de werden in Japan Jahr für Jahr rund 650 000 Tonnen Elektro- und Elektronikgeräte weggeworfen, allerdings wird nur ein Sechstel dieser Menge ordnungsgemäß entsorgt oder gar wiederverwertet. Was für eine Verschwendung von Ressourcen! Dachten sich auch die Olympia-Organisatoren – und beschlossen, mit gutem Beispiel voranzugehen.

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Zwei Jahre lang wurde Elektroschrott gesammelt, 1612 Gemeinden nahmen an dem Projekt teil. Der Berg an alten Fernsehern, Computern, Laptops oder Smartphones (ein Mobilfunkanbieter sammelte allein 6,2 Millionen ausrangierte Handys) summierte sich letztlich auf fast 79 000 Tonnen – und enthielt die für die Medaillen benötigten Edelmetalle im Wert von mehr als vier Millionen Euro: 32 Kilogramm Gold, 3500 Kilogramm Silber sowie 220 Kilogramm Kupfer und Zink. Danach ging Junichi Kawanishi ans Werk.

Der Grafikdesigner entwarf die begehrten Plaketten. Sie zeigen wie vom IOC vorgeschrieben die griechische Siegesgöttin Nike vor dem Panathinaiko-Stadion, der Arena der ersten Olympischen Spiele der Neuzeit 1896 in Athen. Die Rückseite zieren die Olympischen Ringe sowie das Logo und der Schriftzug von „Tokyo 2020“. Bei den Sommerspielen in Japan gibt es 339 Wettbewerbe, bei den folgenden Paralympics sind es 540. Produziert wurden dafür (wegen der vielen Teamentscheidungen) 5000 Medaillen. Wobei nicht alles Gold ist, was bei den Siegerehrungen glänzen wird.

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Die Goldmedaillen bestehen zu 98,8 Prozent aus Silber, nur die Oberfläche ist vergoldet. „Da spielt die Kostenfrage eine wichtige Rolle“, sagt Dominik Lochmann, Experte für Edelmetalle und Recycling aus Rheinstetten, „Gold übersteigt den Preis von Silber derzeit fast um das 70-Fache. Wären sie nur aus Gold, würden die rund 500 Gramm schweren Medaillen für die Sieger horrende Summer kosten.“ Aktuell rund 25 000 Euro pro Plakette. Die Zweitplatzierten bekommen dagegen pures Silber um den Hals gehängt. Die Bronzemedaillen setzen sich zu 95 Prozent aus Kupfer und zu fünf Prozent aus Zink zusammen. Allen gemeinsam ist, dass sie diesmal – genau genommen – Wegwerfprodukte sind. Was ihren Wert für die Athletinnen und Athleten allerdings keinesfalls schmälert, im Gegenteil. Bei den Sommerspielen 2021 muss, was die Nachhaltigkeit angeht, niemand ein schlechtes Gewissen haben. Zumindest bei den Medaillen.