Busse in Filderstadt-Bernhausen: Die Stadt Filderstadt will ein erneutes Bus-Chaos unbedingt vermeiden, doch ihre Möglichkeiten sind begrenzt. Foto: Caroline Holowiecki

Der steigende Dieselpreis bringt Busunternehmen massiv in Nöte. In mehreren Kreisen fordern sie einen Ausgleich und drohen ansonsten mit Kündigungen oder Stillstand. Stimmen aus dem Kreis Esslingen.

Die Aussage ist deutlich. „Im Herbst wird es ernst.“ So wird in einer Mitteilung, die der WBO, der Verband Baden-Württembergischer Omnibusunternehmer, jüngst veröffentlicht hat, Yvonne Hüneburg, die stellvertretende Geschäftsführerin, zitiert. Sie meint die hohen Dieselpreise, die bald noch weiter steigen werden, denn im September endet nach drei Monaten die befriste Reduzierung der Energiesteuer.

Busunternehmer verlangen daher finanzielle Hilfen, auch der WBO fordert die Politik zur Unterstützung auf und warnt vor Stillständen nicht nur beim Schülerverkehr. Der WBO drängt auf eine Landeslösung für die vollständige Übernahme der Dieselmehrkosten. Zwar gebe es in etlichen Landkreisen individuelle Lösungsansätze, doch dieser Flickenteppich sei „unzumutbar“.

Womit die Busunternehmen in anderen Kreisen drohen

Die Folge: In mehreren Kreisen haben sich Busunternehmer organisiert und drohen, ihre Fahrzeuge stehen zu lassen. Im Zollernalbkreis hat eine Bietergemeinschaft aus drei Firmen bereits Nägel mit Köpfen gemacht und ihre Subunternehmerleistungen in drei Linienbündeln zum 11. September gekündigt, in Reutlingen stellen sieben Verkehrsunternehmen ebenfalls die Kündigung ihrer Leistungen in Aussicht. Stehende Busse, und das auch noch zu Beginn des Schuljahres – für Filderstadt etwa wäre das fatal. Schon seit Jahren gibt es dort immer wieder Probleme mit der Busbeförderung. „Es ist ein Dauerbrenner“, sagt Karin Väth, die stellvertretende Ordnungsamtsleiterin. Ausfälle hielte sie für „Fahrgäste fast nicht tragbar“. Allerdings: Den Städten und Gemeinden seien hier die Hände gebunden. Für die Bedienung und Vergabe der Linienbündel sei der Kreis zuständig, „letztendlich können wir das als Kommune kaum beeinflussen“.

Ausgeliefert fühlt sich auch Erhard Kiesel. Der Busunternehmer führt die Geschäfte der Schlienz-Gruppe, zu der etwa GR Omnibus aus Ostfildern gehört, und ist mit seinen Fahrzeugen in den Kreisen Esslingen, Rems-Murr und in Stuttgart tätig. Er sagt über seine Branche: „Uns steht das Wasser nicht nur zum Hals, es schwappt schon über.“ Ende 2021 habe ihn die Lieferung eines Lastzugs mit 32 000 Liter Diesel 28 000 Euro gekostet, im März dieses Jahres habe er dafür 62 000 Euro hinblättern müssen. „Gestern haben wir eine neue Lieferung bestellt“, der Preis habe noch mal fünf Prozent drüber gelegen.

Vier Millionen Liter Diesel im Jahr

Jetzt kommt auch noch das Ende des Tankrabatts, so könne man nicht wirtschaftlich arbeiten. Schlienz verbrauche pro Jahr vier Millionen Liter Diesel. Die Gruppe ist neben dem Linien- auch im Reise- und im Schülerverkehr zwischen Behinderteneinrichtungen tätig. Die Preisexplosion kann Erhard Kiesel nur bedingt kompensieren. Im Reiseverkehr könne er zwar Kostensteigerungen an die Kundschaft weitergeben, im Linienverkehr jedoch gebe es feste Tarife.

Auch im Kreis Esslingen haben sich Busunternehmen frühzeitig gemeldet und um eine finanzielle Unterstützung infolge der drastisch gestiegenen Energiekosten gebeten, erklärt Wolf-Dieter Roser, ein Sprecher des Landratsamts. „Der Landkreis hat dann zusammen mit den anderen Verbundlandkreisen (Böblingen, Ludwigsburg und Rems-Murr) und dem VVS einheitliche Lösungsansätze erarbeitet“, sagt er. Der Rettungsschirm wurde Mitte Juli beschlossen.

Damit der Busverkehr weiterhin läuft

Für 2022 hat der Landkreis Esslingen zusätzliche Mittel in Höhe von 3,2 Millionen Euro für den Linienverkehr eingeplant. Überdies werden Schülerfahrten zu den sonderpädagogischen Beratungs- und Bildungszentren mit rund 55 000 Euro unterstützt. „In den nächsten Wochen soll in den Gremien auch über Mittel über das vertraglich Vereinbarte hinaus in 2023/2024 diskutiert werden“, erklärt er.

Ziel sei, alles zu ermöglichen, damit die Busverkehre am Laufen bleiben. „Wir wollen damit die Fortführung des Busverkehrs sichern und hoffen, dadurch drohende Insolvenzen beziehungsweise Marktaustritte abzuwenden“, sagt Wolf-Dieter Roser. Die Verkehrsverträge mit den Busunternehmen seien bereits entsprechend angepasst worden, Notverträge seien abgeschlossen worden. Insofern gehe man davon aus, dass die beauftragten Verkehrsleistungen vertragsgemäß erbracht werden. Gleichwohl betont er: „Wir sehen aber auch das Land Baden-Württemberg in der Pflicht, sich an der Finanzierung der Diesel-Mehrkosten zu beteiligen.“

Stadt Filderstadt bildet Finanzpuffer

Änderungen
Kurz vor der Sommerpause hat der Filderstädter Gemeinderat Zubestellungen im Busverkehr zugestimmt. Sie waren möglich geworden, da die Insolvenz eines Busunternehmens Neuvergaben im April 2024 notwendig machen wird. Es geht um das sogenannte Linienbündel 11, das den Bereich Filderstadt-Aichtal abdeckt. Die Stadt strebt einige Verbesserungen an. So soll auf der Linie 809 Harthausen viertelstündlich an die S-Bahn in Bernhausen angeschlossen werden.

Kosten
„Die von den Kommunen gemeinsam zu finanzierende Kostentragung für Zubestellung wurden auf Basis der letzten Vergabe des Landkreises mit Kosten für durchschnittlich 3,20 Euro je zubestelltem Betriebskilometer berechnet“, hieß es in der Vorlage der Verwaltung. Aber wegen der Kostensteigerungen bei den Kraftstoffen und auch bei den Löhnen will die Verwaltung einen Puffer von 25 Prozent bilden. Es wurden vier Euro je Betriebskilometer in der Mittelplanung angesetzt. car