Geben Trost und Halt: Jörg Männer (links) und Günter Sanzi in der Herrenberger Stiftskirche Foto: DRK

Mit einem „Blaulichtgottesdienst“ dankt der DRK-Kreisverband den Engagierten des Notfallnachsorgedienstes.

„Für uns war es das Schlimmste, was passieren konnte, als wir die Todesnachricht unseres Kindes erhielten.“ Diese herzzerreißenden Worte einer Mutter erschütterten die Anwesenden des „Blaulichtgottesdienstes“ in der voll besetzten Herrenberger Stiftskirche. Und sie machten deutlich, wie tragisch die Situationen sind, in denen Angehörige des Notfallnachsorgedienst (NND) des DRK-Kreisverbandes Böblingen, Polizei und Seelsorger eine Nachricht überbringen müssen, die von einer Sekunde auf die andere das Leben grundlegend verändert.

Doch ebenso machte die Mutter in dem Gottesdienst deutlich, wie mitfühlend die Polizei die Todesnachricht überbrachte und wie dankbar sie gewesen sei, „dass zwei NND-Ehrenamtliche des Roten Kreuzes für uns da waren, tiefe Mitmenschlichkeit zeigten. Ihre einfachen und ruhigen Gesten haben uns Halt gegeben. Und deshalb bin ich sehr dankbar, dass es diesen Dienst gibt.

Eine große Familie

Diese Dankbarkeit zog sich wie ein roter Faden durch diesen besonderen Gottesdienst. Er stand aus diesem Grunde auch unter dem Motto: „Danke . . . zusammen im Einsatz.“

Günter Sanzi, Vertreter des Polizeireviers Herrenberg, machte dies ebenfalls deutlich. Er blickte zurück auf seine 34 Dienstjahre als Polizeibeamter und stellte fest, zu Beginn seiner Laufbahn sei man noch allein gewesen, um die Nachricht an die Angehörigen bei schweren Unfällen zu überbringen. Nicht zuletzt habe es ein zeitliches Problem gegeben. Inzwischen sei es durch die Ehrenamtlichen des NND, den es seit 27 Jahren im Landkreis Böblingen gibt, möglich geworden, gemeinsam den Betroffenen beizustehen.

„Die Menschen werden nicht allein gelassen und für sie ist es ein gutes Gefühl zu wissen, dass noch jemand da ist, der ihnen beisteht.“ Günter Sanzi sprach in diesem Zusammenhang von einer großen Familie, die dann zusammen im Einsatz ist und dankte allen Ehrenamtlichen für diesen Dienst.

Auch Jörg Männer, Kreisbereitschaftsleiter des DRK-Kreisverbandes, lobte die „großartige Zusammenarbeit“ aller beteiligten Organisationen. „Wir arbeiten Hand in Hand und diese Zusammenarbeit ist der Schlüssel dafür, in Notsituationen helfen zu können.“ Die spezielle Aufgabe des NND sei es, in Situationen, die Menschen erschüttert, Trost und Halt zu geben. Es sei eine Arbeit im Stillen, getragen von höherem Auftrag.

Jörg Männer verwies auf den Galater-Brief, Kapitel sechs: „Einer trage des anderen Last; so werdet ihr das Gesetz Christi erfüllen.“ Dieses Wort beschreibe in aller Klarheit den Kern des gemeinsamen Einsatzes. Jeder trage die Last eines anderen mit – und erfülle so einen wichtigen Dienst nicht nur für den einzelnen Menschen, sondern für die ganze Gesellschaft.

Das Gleichnis vom barmherzigen Samariter

Feuerwehrmann Jens Dengler und Pfarrer Ulrich Behrendts gestalteten die Predigt. Dengler beschäftigte sich mit der Frage: Wer ist mein Nächster? Dengler ist seit einigen Jahren ehrenamtlich im NND tätig. Sein Grundsatz, all denjenigen zu helfen, die Hilfe brauchen, korrespondiert mit dem Credo des Rot-Kreuz-Gründers Henry Dunant: Helfen, ohne zu fragen wem. An Jesu Gleichnis vom barmherzigen Samariter aus dem Lukas-Evangelium gab er dann Antwort auf die Eingangsfrage: Ein Appell zur bedingungslosen Nächstenliebe und -Hilfe. „Geh hin und tue desgleichen !“

Pfarrer Ulrich Behrendts beschäftigte sich in seiner Predigt nach dem Lukas-Evangelium mit den zwei Jüngern, die nach der Kreuzigung von Jesus tieftraurig und mit vielen Fragen und Klagen behaftet auf dem Weg nach Emmaus waren. Plötzlich kam ein Fremder hinzu und die beiden Jünger klagten auch ihm ihre Not, ja schrien sie förmlich heraus. Erst als sie zusammen das Brot brachen, erkannten sie den Fremden – es war der auferstandene Jesus. Pfarrer Behrendts: „Das gab ihnen die Kraft und den Mut weiter zu machen, weiter zu leben.“

So viele Mitglieder wie noch nie

Pfarrer Ulrich Behrendts zog damit Parallelen zur Arbeit des NND: „Vertraut auf diese Geschichte. Gott steht an Eurer Seite, ist mit Ihnen.“ An Betroffene gewandt sagte der Pfarrer: „Presst Eure Not und Eure Zweifel nicht in Euch hinein. Klagt Eure Not, Euren Schmerz. Gott ist in Eurer Nähe.“

Claudia Gack, die den Gottesdienst in der 700 Jahre alten Herrenberger Stiftskirche mit ihrem Team akribisch vorbereitet hatte, sprach von einem „besonderen Abend an einem besonderen Ort“. Unter den Gottesdienst-Besuchern waren unter anderem Vize-Landrat Martin Wuttke, Mitglieder des Kreistages sowie zahlreiche weitere Kommunalpolitiker und DRK-Funktionäre.

Ute Widmann, die den NND im Kreis Böblingen leitet, erinnerte an Herbert Kilgus und Landesbischof Ernst-Wilhelm Gohl, die den DRK-NND im Landkreis Böblingen vor 27 Jahren gründeten. Im Landkreis zähle der NND 50 Ehrenamtliche (“so viel wie noch nie!“). Im vergangenen Jahr sei man zu 195 Einsätzen gerufen worden, im laufenden Jahr werde mit über 200 gerechnet.