„Natürlich weiß ich, dass ich einen persönlichen Anteil an dem Wahlergebnis habe“ – CDU-Kandidat Armin Laschet am Montag nach der Wahlniederlage. Foto: AFP/Ina Fassbender

Der CDU-Chef Armin Laschet will mit der Aussicht auf Jamaika die eigene Partei bei der Stange halten. Das gelingt aber schon am Montag nur noch bedingt.

Berlin - Da rasen zwei Züge aufeinander zu. Während die CDU-Spitze schon den Sonntag miteinander im Konrad-Adenauer-Haus verbracht hat und dort gleich weiterkonferiert, machen sich die gewählten Abgeordneten an diesem Montag auf die Reise nach Berlin – mit ganz eigenen Vor-Ort-Eindrücken vom Wahldesaster. Irritiert sind sie nicht zuletzt darüber, dass sich Parteichef Armin Laschet auf Augenhöhe mit SPD-Kandidat Olaf Scholz wähnt und selbst auf die rechnerisch mögliche Kanzlerschaft einer Jamaikakoalition hinarbeitet.

„Wir können aus dem Wahlergebnis nicht ernsthaft den Anspruch auf eine Regierungsbildung ableiten“, sagt der frisch gewählte Vertreter des Wahlkreises Nürtingen, Michael Hennrich. Inhaltlich bereithalten, falls es mit einer Ampel nichts wird? Da gehen die Parlamentarier noch mit. Aber nach dieser Klatsche in die Offensive gehen? „Wir als Union müssen anerkennen, dass die SPD die Wahl gewonnen hat und den ersten Regierungsbildungsversuch starten darf“, sagt der Böblinger Marc Biadacz: „Parallelverhandlungen über Jamaika sollte es nicht geben.“ Im Adenauerhaus räumt Laschet nun immerhin ein, nicht gewonnen zu haben: „Wir sind Platz zwei.“ An seinen Jamaika-Überlegungen ändert das nichts.

Laschet gesteht Fehler ein

Das ist nur einer von vielen Gräben, die sich auftun. Ein Ost-West-Konflikt tritt hervor, weil die CDU in Sachsen und Thüringen fast vom Erdboden verschluckt wurde. Die Ministerpräsidenten Michael Kretschmer und Reiner Haseloff mahnen zum Innehalten. Es müsse „ein Ende haben“, dass Entscheidungen „gegen die Mehrheit der eigenen Mitglieder“ getroffen würden – ein härteres Urteil über die eigene Volkspartei lässt sich nur schwer denken. Als Laschet und Generalsekretär Paul Ziemiak einen „strukturierten Prozess“ der Aufarbeitung ankündigen, klingt das allzu bürokratisch.

Der Weißwurschtäquator wird ebenfalls sichtbar. Weniger in offiziellen Erklärungen, da auch Bayerns Markus Söder in das orchestrierte Vorgehen vom Vorabend eingebunden war: Die Chance auf den Machterhalt soll die eigene Truppe disziplinieren, ein öffentliches Scherbengericht verhindern. Aus der CSU-Sitzung dringen dann doch Spitzen nach außen – über die schwache CDU-Kampagne und „Fettnäpfchen“ des Kandidaten. Das nährt die Spekulation, dass Söder kein Interesse an einem Doch-noch-Kanzler Laschet hat, weil es seinen Ambitionen 2025 entgegenstünde.

Das Münchner Gebaren wiederum bringt CDU-Leute wie den Innenpolitiker Roderich Kiesewetter auf die Palme: „Hätte sich die Union von Anfang an geschlossen hinter ihrem Kandidaten gestellt, würde an Armin Laschet als Kanzler kein Weg vorbeiführen.“

Der Wahlkampf hat Laschet mitgenommen

Der Mann, der im Wahlkampf nicht geschont wurde, berichtet derweil in Berlin, wie ihn die Attacken vor allem im Netz „berührt“ haben. Er räumt aber auch eigene Fehler ein: „Natürlich weiß ich, dass ich einen persönlichen Anteil an dem Wahlergebnis habe.“ Persönliche Konsequenzen ziehen will er deshalb aber nicht. Noch nicht?

Die mit der Machtoption Jamaika einhergehende Disziplinierung beginnt schon am Montag einen Teil ihrer Wirkung zu verlieren. Jeder müsse sich, sagt Biadacz, ohne Namen zu nennen, „selbst hinterfragen, ob er der nach diesem Ergebnis überfälligen Erneuerung im Weg steht“. Hennrich fehlt es an „Fantasie, wie Laschet die für eine neue Regierung notwendige Aufbruchstimmung erzeugen will“. Und Ellen Demuth, Landtagsabgeordnete in Mainz und Vertraute von CDU-Präsidiumsmitglied Norbert Röttgen, spricht es nach Laschets Pressekonferenz auf Twitter laut aus. „Bitte haben Sie Einsicht. Wenden Sie weiteren Schaden von der CDU ab und treten Sie zurück.“

Die nächste Bewährungsprobe

An diesem Dienstag steht Laschets nächste Bewährungsprobe an. Bei der ersten Sitzung der neuen Unionsfraktion soll satzungsgemäß für ein Jahr der neue Vorsitzende gewählt werden. So steht es auch in der Einladung. Der CDU-Chef dringt aber darauf, dass Amtsinhaber Ralph Brinkhaus vorerst nur für die Zeit der Koalitionsgespräche weitermacht – um sich Optionen offenzuhalten. Das ärgert selbst Laschet-Unterstützer maßlos – sie kündigen an, gegen dessen Wunsch an der Wahl festhalten zu wollen.