Andreas Schwarz macht die Gewinnung von Fachkräften zu seinem Thema. Foto: Lichtgut//Leif Piechowski

Schnell, unbürokratisch, pragmatisch. So will Andreas Schwarz gegen den Fachkräftemangel angehen. Das könne die Fraktion besser als ein Ministerium, meint der Chef der Landtagsgrünen.

Andreas Schwarz, der Vorsitzende der Grünenfraktion im baden-württembergischen Landtag, drückt bei der Fachkräftegewinnung im Land auf die Tube. „Ich mache das Thema Fachkräfte zur Chefsache und schmiede an einer schlagkräftigen Fachkräfte-Formation“, sagte Schwarz unserer Zeitung.

Beteiligt seien neben der Politik Vertreter von Wirtschaftsverbänden, Hochschulen und Gewerkschaften. „Unser Ziel ist es, Impulse für eine neue Fachkräftestrategie bei der Regierung einzubringen, damit die Maßnahmen schon in diesem Jahr ihre Wirkung entfalten können“, gibt Schwarz den Zeitplan vor.

Neue Formation mit drei Schwerpunkten

Die Not ist groß im Land. In Baden-Württemberg hat die Bundesagentur für Arbeit im Januar 2023 rund 101 600 offene Stellen registriert, fast 1500 mehr als ein Jahr zuvor. Die IHK Baden-Württemberg zeigt in ihrem Szenario für 2035 eine Lücke von 900 000 Fachkräften.

„Uns fehlen Fachkräfte an allen Ecken und Enden“, betont Schwarz. „Dabei sind gut ausgebildete Arbeitskräfte das Fundament, um den Wohlstand Baden-Württembergs zu sichern und unsere Wirtschaft für die Bedürfnisse von morgen umzubauen“.

Bei einem ersten Treffen Ende Januar verständigte sich die neue Fachkräfte-Formation auf drei Schwerpunkte, wie Schwarz berichtete: Die Verbesserung von Bildung und Weiterbildung, die Gewinnung von ausländischen Fachkräften und die Frage, wie mehr Menschen von Teilzeit in Vollzeit gebracht werden könnten. Zu diesen Bereichen wollen die Teilnehmer bei ihrem nächsten Treffen in etwa zwei Monaten Lösungsvorschläge entwickeln.

Bestehende Fachkräfteallianz zu langsam

Die Probleme hat auch die Fachkräfteallianz unter der Führung von Wirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut (CDU) bereits identifiziert. Die Allianz haben Grüne und SPD im Jahr 2011 geschmiedet. Inzwischen sind darin alle Landesministerien sowie die Wirtschaft, Gewerkschaften und die Bundesagentur für Arbeit vertreten.

Allerdings hatten Vertreter der Kommunen und der Wirtschaft schon im Herbst gegenüber Ministerpräsident Winfried Kretschmann mehr Tempo angemahnt.

Schwarz erwartet noch in diesem Jahr „sichtbare Ergebnisse“

Da sieht sich Schwarz aufgerufen. Anders als ein einzelnes Ministerium könne eine Regierungsfraktion die Fachkräftestrategie ressortübergreifend „schnell, unbürokratisch und pragmatisch“ vorantreiben, so der Fraktionschef gegenüber unserer Zeitung. Er wolle mit dem Bündnis bereits in diesem Jahr „sichtbare Ergebnisse“ erzielen.

Die Fachkräfte-Formation eint laut Schwarz „ein klares Bekenntnis zur Zuwanderung: Wir machen uns gemeinsam stark für die Gewinnung von ausländischen Fachkräften und für einen attraktiven Spitzenstandort im Südwesten“.

Nach dem ersten Treffen will die neue Formation nun mögliche Lösungen diskutieren. Ansätze wären laut Schwarz, ältere Menschen durch lebenslange Qualifikationen länger in den Betrieben zu halten und für flexiblere Arbeitszeitmodelle und eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu sorgen. So sollten mehr Erzieher ausgebildet und die Betreuungsstrukturen in der Pflege von Angehörigen erweitert werden.

Für bessere Berufsorientierung

Junge Menschen sollten bei der Berufsorientierung besser unterstützt werden. Der Fraktionschef will neue Berufsbilder in den Fokus rücken. Er nennt Umwelttechniker, Drohnenpilotinnen, Robotic-Ingenieure oder Cyber-Sicherheitsexpertinnen. Es gelte auch, Konzepte für attraktive Handwerksberufe zu entwickeln. Berufliche Umorientierungen sollten erleichtert werden.

Durch bessere Ausbildung und Qualifizierung könnten rechnerisch bis zu 110 000 Vollzeitstellen im Südwesten geschaffen werden, erklärt Schwarz mit Verweis auf die Bundesagentur für Arbeit.

Behörde für ausländische Fachkräfte in der Diskussion

Die neue Formation will auch die Zuwanderung von Fachkräften aus dem Ausland erleichtern. Der Wettbewerb innerhalb der EU sei groß, da braucht es laut Schwarz „gute Rahmenbedingungen und eine hohe Lebensqualität statt des deutschen Behördendschungels“. Gezielte Anwerbung, einfachere Anerkennung von Abschlüssen und schnelle Sprachförderung könnten Mittel sein. Diskutiert werden soll auch eine zentralisierte Ausländerbehörde für Fachkräfte in Baden-Württemberg.

Die Ergebnisse sollen in die Fachkräftestrategie der Regierung eingespeist werden.