Nach Experteneinschätzungen könnte sich die Sublinie XBB.1.5 der Corona-Variante Omikron in den nächsten Wochen auch in Deutschland ausbreiten. (Symbolfoto) Foto: dpa/Tom Weller

Drei Buchstaben und zwei Zahlen sorgen für Beunruhigung: XBB.1.5. Die Sublinie der Corona-Variante Omikron breitet sich zurzeit in den USA aus, auch in Deutschland gibt es bereits Nachweise. Welche Entwicklung ist abzusehen?

 Die Sublinie XBB.1.5 der Corona-Variante Omikron könnte sich nach Einschätzung von Experten in den kommenden Wochen und Monaten auch in Europa und Deutschland ausbreiten. „Man kann mit einiger prognostischer Sicherheit sagen, dass die Variante auch bei uns die dominante Variante werden wird“, sagte der Bremer Epidemiologe Hajo Zeeb. Anlass zu großer Sorge gebe es aber nicht. „Wir sehen zwar etwas mehr Fälle in den USA, aber da läuft keine gigantische Welle ab.“

XBB.1.5 habe im Nordosten der USA schnell an Häufigkeit zugenommen und dominiere dort seit Mitte Dezember das Infektionsgeschehen, sagte Richard Neher, Leiter der Forschungsgruppe Evolution von Viren und Bakterien am Biozentrum der Universität Basel. Außerhalb des Nordostens der USA sei die Variante noch seltener verbreitet, der Anteil nehme aber zu.

Variante ist seit Oktober bekannt

„Die grundsätzliche Variante ist seit Oktober bekannt“, sagte Zeeb, der Leiter des Leibniz-Instituts für Präventionsforschung ist. „Da wurde erstmalig gesehen, dass die Kombination von Untervarianten aufgetreten ist.“ Die Besonderheit von XBB.1.5 sei die noch mal höhere Infektiosität. „Die war bei Omikron schon entwickelt, XBB.1.5 toppt das jetzt noch mal.“

Die Sublinie sei so leicht übertragbar wie keine der bisher bekannten Varianten, hatte die Corona-Spezialistin Maria van Kerkhove von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) am Mittwoch in Genf gesagt. Es werde angenommen, dass XBB.1.5 einen „großen Wachstumsvorteil“ gegenüber den zuvor zirkulierenden Linien in Nordamerika und Europa habe, teilte die EU-Gesundheitsbehörde ECDC am Donnerstag mit. Diese Annahme sei aber noch mit erheblichen Unsicherheiten verbunden.

Besorgte Äußerung von Lauterbach

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) äußerte sich bereits besorgt. Am Donnerstag twitterte er: „Hoffentlich kommen wir durch den Winter, bevor eine solche Variante sich bei uns ausbreiten kann.“

Neher zufolge gibt es bisher wenig Informationen über den Schweregrad von Erkrankungen mit der neuen Sublinie. Fälle und Krankenhausaufenthalte hätten in den gesamten USA zugenommen, nicht nur in Regionen, in denen XBB.1.5 vorherrsche, sagte der Experte. Das sei zumindest ein erster Hinweis darauf, dass sich der Schweregrad von XBB.1.5-Infektionen nicht wesentlich von dem anderer aktuell kursierender Varianten unterscheide.

Und was bedeutet die Sublinie für Deutschland? „XBB.1.5 trifft auf eine wieder nachlassende Immunität von Menschen, deren Impfung oder Infektion schon länger zurückliegt“, erklärte Zeeb. „Erst in den USA und in der Folge dann auch bei uns in Deutschland.“ Allerdings sei die Zahl der Nachweise von XBB.1.5 in Deutschland zurzeit noch sehr gering. „Da muss man noch nicht über neue Maßnahmen nachdenken.“

Sublinie könnte zunehmend Einfluss auf Fälle in Europa haben

Nach Angaben des Robert Koch-Instituts wurde die Sublinie Ende November das erste Mal in einer Stichprobe in Deutschland nachgewiesen. Laut ECDC könnte sie zunehmenden Einfluss auf die Zahl der Corona-Fälle in Europa haben, allerdings nicht schon innerhalb des nächsten Monats, da sie derzeit erst in geringem Umfang vorkomme. Die Häufigkeit von XBB.1.5 habe sich etwa jede Woche verdoppelt, teilte Neher mit. Wenn sich dieser Trend fortsetze, könne man in der ersten Januarhälfte einen Anteil von drei bis sechs Prozent erwarten.

Wichtig sei, die Entwicklung genau zu beobachten, sagte Zeeb. Die fortlaufende Sequenzierung von Proben sei sehr wichtig und müsse auf hohem Niveau beibehalten werden. Dafür müsse man europaweit zusammenarbeiten. „Es sollte ein guter Anteil von Fällen aus allen Ländern sequenziert werden. Das ist wichtig, um dann wirklich relevante Veränderungen möglichst frühzeitig zu erkennen.“