Bei der Rede zur „Lage der Union“ stellte EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen ihre Pläne vor – unter anderem mehr militärische Selbstständigkeit. Foto: AFP/Yves Herman

Ursula von der Leyen will eine neue EU-Eingreiftruppe. Und zäumt damit das Pferd von der falschen Seite auf, meint StN-Chefredakteur Christoph Reisinger.

Stuttgart - So chancenlos die Idee einer EU-Armee auch sein mag – totzukriegen ist sie nicht. Besonders schräg am Vorschlag der Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen eine 5000-Mann-Eingreiftruppe aufzustellen ist, dass er ausgerechnet von ihr kommt. Als Ex-Verteidigungsministerin müsste sie es besser wissen und weiß es wohl auch.

18 Jahre schon existiert die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik der EU. Wirkung: minimal. 14 Jahre schon gibt es zwei Kampfverbände, die Battle Groups. Einsätze: null. Jeweils aus Mangel an Geschlossenheit der EU. Auf dieser Basis träumt von der Leyen von einer Truppe, über deren Einsatz womöglich die EU-Kommission bestimmt. Glaubt sie auch an den Weihnachtsmann?

Arbeitsteilung zwischen den nationalen Armeen?

Schon ihre Analyse ist falsch, es fehle nur der Wille, nicht an militärischen Kapazitäten. Die Kriege 2011 in Libyen und zuletzt in Afghanistan haben schonungslos offengelegt: Militärisch geht für Europa praktisch nichts mehr ohne die Amerikaner.

Gut, wenn die EU weg will von ihrer Symbolpolitik und aufholen. Aber das beginnt nicht mit einer Eingreiftruppe. Dieser Weg führt über mehr Vernetzung und Arbeitsteilung zwischen den nationalen Armeen, gemeinsame Rüstung, einen größeren Beitrag der Europäer zur Nato. Vor allem: Dieser Weg führt nie vorbei an gemeinsamen Positionen zur Migration, deren kleine Anfänge 2015 sichtbar wurden, oder zu China. Von solchen Positionen ist Europa leider sehr weit weg.