Holger Koch war auch schon Konzertmeister der Schlossfestspiele. Foto: Dietmar Ziegler

Holger Koch, Geiger beim Stuttgarter Staatsorchester, ist viel beschäftigt. In seiner Wahlheimat Kornwestheim hat er sich aber jetzt trotzdem einspannen lassen, um ein musikalisches Erbe weiterzutragen.

Jedes Jahr zwischen Januar und März passieren im Kornwestheimer Galerie-Gebäude kleine Musikwunder. Im halbrunden Saal des Gebäudes, das sich die Stadt in den 1990ern von dem renommierten Architekten Josef Paul Kleihues planen ließ, gibt es Konzerte von famosen Künstlern zu hören. Vor mehr als 30 Jahren hat Burkhart Zeh, ehemals Bratschist im Staatsorchester Stuttgart, die Galeriekonzerte ins Leben gerufen – auf Initiative des damaligen Oberbürgermeisters Ernst Fischer, der den Neubau mit all seinen Facetten ins Bewusstsein der von der Galerie nicht einhellig begeisterten Kornwestheimer rücken wollte.

Geheimtipp für Musikfreunde aus der Region

Zeh kuratierte die Galeriekonzerte seither und brachte dank seiner Beziehungen etliche Musikerinnen, Musiker und Musikspezialisten in den Kleihues-Bau, bei denen er sonst wohl eher nicht vorne auf der Top-Liste möglicher Spielstätten gestanden hätte. Michael Volle etwa, international gefragter Bariton-Star, die Ausnahme-Jazzerin Olivia Trummer oder den preisgekrönten Wiener Musikpublizisten Joachim Reiber. Manche Künstler kamen auch deshalb gerne, weil ihnen die Reihe die Gelegenheit bot, mit Freunden zu konzertieren, mit denen sich sonst keine gemeinsamen Auftrittsmöglichkeiten boten. Oft waren Musikfreunde gut beraten, sich rechtzeitig Karten zu besorgen.

Jetzt übernimmt Holger Koch die künstlerische Leitung der Kammermusikreihe. Er ist einer, der wie sein Vorgänger vom Fach kommt und Connections hat. Der Violinist im Orchester der Staatsoper ist 2019 mit seiner Familie in die Salamander-Stadt gezogen. Die Stadt habe einen tollen Park, einen Stadtgarten, ein Schwimmbad und überhaupt alles an Infrastruktur, was man brauche – nur ein richtiger Wald fehle. Sie fühlten sich dort total wohl, erzählt Koch. Ein Glück für die Galeriekonzerte – und für Burkhart Zeh, der die Reihe, da er sie in gute Hände legt, leichteren Herzens abgegeben kann.

„Wo gibt’s in einer Stadt dieser Größenordnung noch so etwas Besonderes“

Sein Nachfolger, der in Leinfelden aufgewachsen ist und in Stuttgart und London studiert hat, ist Vorspieler der Ersten Violinen im Staatsorchester, Mitglied der Parnassus Akademie und lehrt an der Musikhochschule in Stuttgart. Viele Jahre lang war er auch Konzertmeister im Orchester der Ludwigsburger Schlossfestspiele. Er übernehme die Kornwestheimer Reihe gerne, sagt der Vater zweier kleiner Kinder: „Wo gibt’s denn in einer Stadt dieser Größenordnung noch so etwas Besonderes? Eine Kammermusikreihe mit einem tollen Publikum in einem schönen kleinen Saal: Das mache ich, weil ich es interessant finde und Freude daran habe.“

Der Aufwand sei überschaubar, sagt er, drei Konzerte pro Frühjahr – „das ist machbar“. Dass es ein unbezahltes Ehrenamt ist, war erst recht kein Hinderungsgrund. „Ich habe mein Auskommen durch meine Festanstellung. Gerade in der Corona-Zeit ist mir bewusst geworden, was das für ein Privileg ist“, erklärt der 43-Jährige. „Aus so einem Privileg heraus kann man ruhig Dinge machen, ohne die Hand aufzuhalten.“

Interessant und überraschend

Zum Konzept gehört es, dass der künstlerische Leiter einmal pro Saison auch als Ausführender mit von der Partie ist – Zeh war es meist mit dem Jommelli-Quartett. „Nächstes Jahr wollte ich darauf eigentlich gentlemanlike verzichten“, meint Holger Koch lachend; er sei auch so ganz ordentlich gefordert. Nach Absprache mit seinem Vorgänger werde er das aber beibehalten.

Ohnehin werde er sich in den ersten Jahren mit Zeh kurzschließen: Wie experimentell kann man vorgehen? Was passt, was vielleicht eher doch nicht? „Ich habe vor, interessante und überraschende Programme zu machen“, sagt er. „Aber ich sehe meine Rolle in erster Linie als sehr dienende und will niemanden vor den Kopf stoßen.“

Auf ein großes Netzwerk von vorzüglichen Musikern kann auch Holger Koch zurückgreifen. Die Galeriekonzerte bleiben eine spannende Adresse.

Stabwechsel am Sonntag

Finale und Neubeginn
Beim letzten Galeriekonzert in der Saison 2023 am Sonntag, 26. März, tritt Holger Koch mit seinem Kammerensemble auf. Auf dem Programm stehen Werke von Mozart und Brahms. Beginn ist um 17 Uhr im Galerieversammlungssaal im Kleihues-Bau in Kornwestheim. Karten gibt es zu 18, ermäßigt zu 15 Euro, Reservierung beim Kulturmanagement unter Telefon 0 71 54 / 202 60 33. Inbegriffen ist der Eintritt ins Museum ab 15 Uhr.

Abschied von Zeh
Bei diesem Konzert verabschiedet Oberbürgermeisterin Ursula Keck auch den langjährigen künstlerischen Leiter der Galeriekonzerte, Burkhart Zeh, der dann den Stab an Holger Koch übergibt. Unter Zehs Fittichen hatte sich die Reihe etabliert. Er leitete sie von Anbeginn an – seit 33 Jahren.