Ob Schlüsselanhänger, Geldbörse oder Filztasche: In Cornelia Ziemers „Selbstbedienungs-Schränkle“ gibt es viele hochwertige, selbst genähte Produkte zu entdecken. Foto: Simon Granville

Aus einem „Selbstbedienungs-Schränkle“ verkauft Cornelia Ziemer in Renningen ihre selbst gemachten Nähartikel.

Früher wurden überwiegend Zigaretten oder Kaugummis in Automaten zum Verkauf angeboten. Mittlerweile boomen Snackautomaten, die aus Bahnhöfen und Innenstädten kaum mehr wegzudenken sind. Auch an vielen Bauernhöfen in der Region haben Verkaufsautomaten den klassischen Hofladen ergänzt oder gar ersetzt. Denn die Verfügbarkeit an sieben Tagen in der Woche und 24 Stunden am Tag ist für Kunden und Betreiber praktisch.

Auch Cornelia Ziemer aus Renningen hat sich das Rund-um-die-Uhr-Angebot zunutze gemacht und bietet seit September 2024 ihre Nähwaren in einem „Selbstbedienungs-Schränkle“ vor der eigenen Haustür an. Der Schrank steht vor einem Hinterhaus in der Rutesheimer Straße und ist frei zugänglich. Wer unter den schicken Filztaschen, originellen Geldbörsen, Schlüsselanhängern und anderen Gebrauchs- und Geschenkartikeln fündig geworden ist, kann entweder bargeldlos via PayPal oder im Briefumschlag passend den fälligen Geldbetrag in den Briefkasten einwerfen. „Das funktioniert richtig gut, ich bin sehr zufrieden“, zieht Ziemer nach acht Monaten Bilanz. „Wer kurz entschlossen noch nach einem originellen Geschenk sucht, kann bei mir zu jeder Zeit etwas Passendes finden“, sagt sie.

Lokale und Online-Angebote

Schon seit einigen Jahren sind Ziemers handgefertigte Produkte im Onlinehandel auf der Plattform Etsy (früher Dawanda) zu erwerben. 97 Prozent der 192 Bewertungen vergeben „Connys Kleine Nähwelt“ die Höchstzahl von fünf Sternen. Noch immer stammt der Großteil ihres Umsatzes aus Online-Verkäufen. „Nach der Geburt meines Sohnes habe ich im Jahr 1997 angefangen, aus alten Kaffeeverpackungen Taschen zu nähen“, erinnert sich Ziemer an die Anfänge zurück. „Das war Upcycling, bevor es den Begriff gegeben hat.“

Von Jahr zu Jahr wuchs das kleine, als Hobby begonnene Unternehmen. Noch immer ist die Kaffeetasche einer der Bestseller im Sortiment. Auch die aus alten Getränkepackungen genähten Geldbörsen sind bei jungen Leuten sehr beliebt. Die größte Nachfrage erlebt sie bei großen Filztaschen, auf denen Altpapier gestickt steht. „Davon habe ich bestimmt schon knapp 700 Stück verkauft“, erzählt Ziemer stolz. Ein Hotel in Hamburg habe zuletzt 30 Exemplare bestellt.

Originelle Geschenkideen können in Renningen aus einem Selbstbedienungs-Schrank erworben werden. Foto: Simon Granville

Neben dem Online-Handel ist Ziemer in der Region bei Oster-, Pfingst- und Weihnachtsmärkten vor Ort. Das Schränkle bietet ihr nun die Möglichkeit, über die saisonalen Märkte hinaus ihre Produkte vor Ort anbieten zu können. Denn die Nähwaren sind für die 55-Jährige nur ein finanzielles Standbein. Zusätzlich arbeitet sie in Teilzeit bei einem Pforzheimer Bekleidungswerk. „Von meinen Nähsachen bleibt mir zu wenig zum Leben und zu viel zum Sterben“, resümiert Ziemer.

Nur einmal wurde zu wenig bezahlt

Umso wichtiger ist es, dass Kunden die aus dem Selbstbedienungs-Schrank entnommenen Waren auch bezahlen. „Wer Fragen hat, kann gerne klingeln und wenn ich da bin, berate ich auch gerne“, erzählt die gebürtige Pforzheimerin, die auf Anfrage auch Sonderanfertigungen herstellt. Doch meistens ziehen es die Kunden vor, sich alleine zurechtzufinden, im Schränkle zu stöbern und dann zu zahlen. Und bis auf eine Ausnahme hat das auch immer funktioniert.

„Ein einziges Mal hat jemand eine Kosmetiktasche genommen und statt 22 nur 2 Euro in den Briefumschlag gegeben“, berichtet Cornelia Ziemer. „Ich habe versucht, mir das so zu erklären, dass vielleicht ein Kind nicht genug Geld hatte und der Mama mit der Tasche eine Freude machen wollte.“ So sei der Verlust für sie leichter zu verschmerzen gewesen.