Urlaub mit der Bahn? Nur die wenigsten machen das. Foto: dpa/Christoph Schmidt

Umweltfreundlicher verreisen wollen viele – und steigen dann doch wieder ins Auto. Das liegt nur zum Teil an Versäumnissen der Bahn.

Für Stefanie Berk steht fest: „Bahnfahren ist aktiver Umweltschutz.“ Als Marketingvorstand der DB Fernverkehr AG betont die Managerin gerne, dass Fahrgäste schon seit 2018 mit der ICE-Flotte klimaschonend „mit 100 Prozent Ökostrom“ unterwegs sind. Fliegen und Autofahren dagegen belasten das Klima massiv. Dennoch hat die Schiene in den vergangenen Jahren bei Ferienreisen keine Marktanteile gewonnen, sondern an Beliebtheit verloren.

Viele bekunden, umweltschonender verreisen zu wollen

Zwar freut sich Berk, dass „immer mehr Urlauber auf die Bahn umsteigen“ und der Konzern im Januar einen Rekordumsatz im Fernverkehr erzielte. Doch ein Blick in die Reiseanalyse der Forschungsgemeinschaft Urlaub und Reisen (FUR) zeigt, dass viele Bundesbürger immer gerne bekunden, umweltschonender verreisen zu wollen. Doch wenn es dann so weit ist, steigen die meisten doch lieber ins Auto statt in den Zug.

Der Marktanteil der Bahn bei längeren Reisen (ab fünf Tagen) sank voriges Jahr im Vergleich zu 2019 von sechs auf nur noch fünf Prozent und ist schon seit mehr als einem Jahrzehnt kaum wesentlich gestiegen. Der Anteil der Autoreisen dagegen wuchs 2022 von 44 auf 47 Prozent. Im ersten Pandemiejahr fanden sogar mehr als 60 Prozent der Urlaubsfahrten mit dem Auto statt, weil der Flugverkehr stark eingeschränkt war.

Wohnwagen werden beliebter

Bei kürzeren Reisen von zwei bis vier Tagen hat die Schiene noch stärker verloren. Im Vergleich zu 2019 sank der Bahnanteil von 21 auf 17 Prozent, während Autoreisen von 61 auf 68 Prozent zulegten. Laut Reiseanalyse werden Wohnmobile und Wohnwagen immer beliebter. Generell haben alle öffentlichen Verkehrsmittel in der Pandemie Anteile verloren, weil sich Reisende im Auto sicherer vor Ansteckungen fühlten und flexibler auf Einschränkungen reagieren konnten.

Umso mehr hofft nicht nur die Deutsche Bahn auf eine Trendumkehr. Auf der weltgrößten Tourismusmesse ITB in Berlin wirbt der Schienenriese derzeit mit seinen nachhaltigen Mobilitätsangeboten. Mit der Abschaffung eigener Liegewagen und Autozüge hat die Bahn allerdings viele Stammkunden verprellt, einen Teil der Linien führen seither erfolgreich die Österreichische Bundesbahnen (ÖBB) weiter.

Großes Defizit bei Radstellplätzen

Auch der Mangel an Radstellplätzen in den Fernzügen hat lange Zeit viele Urlauber verärgert und abgeschreckt. In der Hauptreisezeit war oft nur mit langer Vorbuchung eine Radmitnahme allein in Intercity-Zügen möglich, weil es in den ersten drei ICE-Generationen seit 1991 überhaupt keine Stellplätze gab. Mit der Modernisierung der Flotte wurde dieses Defizit behoben. Die Bahn rät, Radplätze möglichst frühzeitig zu buchen.

Die umweltfreundliche Kombination von Zug und Rad sei „so beliebt wie nie zuvor“, schwärmt Marketingchefin Berk. 2022 wurden 570 000 Räder in der ICE- und IC-Flotte transportiert – stolze 45 Prozent mehr als 2019. Im Vorjahresvergleich wuchs die Nachfrage um zwölf Prozent im Inland und sogar um mehr als 40 Prozent auf internationalen Verbindungen wie nach Amsterdam, Kopenhagen, Zürich, Wien oder Innsbruck.

Radmitnahme soll komfortabler werden

Insgesamt sind nun pro Jahr 1,5 Millionen Stellplätze in Fernzügen der Deutschen Bahn buchbar. Im ICE 3 neo reisen bis zu acht Räder mit. Der neu konzipierte ICE L, der im Herbst 2024 aufs Gleis kommen soll, wird mit einem stufenlosen Einstieg für die Radmitnahme noch mehr Komfort bieten und bevorzugt auf touristischen Routen nach Sylt und Oberstdorf eingesetzt werden.