Im Iran wird die Sittenpolizei nach Protesten aufgelöst. Foto: dpa/Uncredited

Nach mehr als zwei Monaten heftiger Proteste hat der Iran angekündigt, die Sittenpolizei aufzulösen. Aktivisten sind dagegen skeptisch.

Aktivisten haben sich am Montag skeptisch zur Ankündigung des iranischen Generalstaatsanwalts zur Auflösung der Sittenpolizei im Iran gezeigt und die Bedeutung des Schritts angezweifelt. „Die mutmaßliche Aussetzung der Sittenpolizei des Irans bedeutet nichts, da sie wegen des massiven zivilen Ungehorsams der Frauen und der Missachtung der Hidschab-Vorschriften bereits irrelevant geworden ist“, sagte Omid Memarian von der Organisation Democracy for the Arab World Now.

Der iranische Generalstaatsanwalt Mohammed Dschafar Montaseri hatte am Samstag die Auflösung der Sittenpolizei verkündet. „Die Sittenpolizei hat nichts mit der Judikative zu tun und wurde von denen, die sie geschaffen haben, abgeschafft“, zitierte ihn die Nachrichtenagentur Isna. Seit dem Tod der 22-jährigen Kurdin Mahsa Amini nach ihrer Festnahme durch die Sittenpolizei Mitte September geht eine Protestwelle durch das Land, gegen die Teheran mit Härte durchgreift.

Aktivisten sehen Ankündigung kritisch

Aktivisten sahen Montaseris Äußerungen auch kritisch, weil sie eher eine spontane Antwort auf eine Frage bei einer Konferenz zu sein schien - statt einer klaren Bekanntgabe bezüglich der Sittenpolizei. Diese untersteht dem Innenministerium. Kritik bezog sich auch darauf, dass eine Abschaffung der Sittenpolizei nichts an den strengen Kleidervorschriften für Frauen ändere.

Die Polizeieinheit nun abzuschaffen sei „wahrscheinlich zu wenig und zu spät“ für die Demonstrierenden, die nunmehr unverhohlen einen Wandel in der Staatsführung forderten, erklärte Roja Borumand, Mitbegründerin der Organisation Abdorrahman Borumand Center mit Sitz in den USA. „Solange sie nicht alle gesetzlichen Beschränkungen für Frauenkleidung und Gesetze, die das Privatleben der Bürger kontrollieren, aufheben, ist das nur eine PR-Maßnahme“, erklärte sie.

Die Kopftuchpflicht sei „eine der Säulen der Islamischen Republik“, sagte Memarian. Diese Gesetze und Strukturen abzuschaffen, würde einen „fundamentalen Wandel in der Identität und Existenz“ bedeuten.

Aufrufe zum Streik

Montaseris Erklärung und die darauffolgende Verwirrung galten auch als Zeichen für Meinungsverschiedenheiten in der iranischen Staatsführung zur Frage, wie mit den anhaltenden Protesten umgegangen werden soll. In den Online-Netzwerken gab es derweil Aufrufe zu einem dreitägigen Streik.

Im Iran schien es ebenfalls Unklarheit über die Bedeutung von Montaseris Äußerungen zu geben. Konservative Medien ignorierten sie komplett, nur reformorientierte Tageszeitungen hoben die Nachricht auf die Titelseite. „Das Ende der Sittenpolizei“, titelte die „Sasandegi“. Vorsichtiger blieb die Zeitung „Schark“. Sie gab an, dass die Polizei den Schritt nicht bestätigt habe, und fragte: „Ist dies das Ende der Patrouillen?“