Für Veranstaltungen in Innenräumen bleibt die Inzidenz von 35 der Richtwert Foto: imago/Ralph Peters

Die Ministerpräsidentenkonferenz sollte klären, wie es mit der Corona-Politik weitergeht. Doch am Tag danach ist klar: Die Bund-Länder-Runde hat wesentliche Punkte offen gelassen – zum Beispiel die Frage nach neuen Kriterien für eine epidemische Lage.

Berlin - Am Tag nach der Ministerpräsidenten-Konferenz (MPK) bestimmt zwar das beschlossene Ende der kostenlosen Corona-Schnelltests die Debatte. Eine Reihe von Länderchefs, darunter Brandenburgs Dietmar Woidke und Berlins Michael Müller (beide SPD), verteidigten die Maßnahme. Dennoch rückt am Tag danach verstärkt in den Blick, was die Runde entgegen mancher Erwartungen gerade nicht geklärt hat.

So fällt auf, dass die ausführliche Debatte, die im Vorfeld darüber entbrannt war, ob die Zahl der Inzidenzen als alleiniger Maßstab zur Bewertung der Pandemielage nicht dringend ergänzungsbedürftig sei, in den Beschlüssen kaum einen Niederschlag gefunden hat. Zwar heißt es dort, Bund und Länder würden „alle Indikatoren, insbesondere die Inzidenz, die Impfquote, und die Zahl der schweren Krankheitsverläufe sowie die resultierende Belastung des Gesundheitswesens berücksichtigen“, um das weitere Infektionsgeschehen zu kontrollieren.

Vieles weiter an Inzidenz geknüpft

Dort, wo die Beschlüsse ganz praktisch und handfest werden, geht es aber nur um die Inzidenz. So wird die Testpflicht für den Zugang zu Veranstaltungen in Innenräumen knallhart an eine Inzidenz von 35 geknüpft. Die Impfrate in der betroffenen Region spielt da eben keine Rolle. Das gefällt nicht jedem. CDU-Gesundheitspolitiker Michael Hennrich findet auch den gewählten 35er-Wert zu niedrig und sagt: „Ein bisschen mehr Großbritannien würde uns gut tun.“

Auch Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (CDU) spricht sich weiter für festgesetzte Richtgrößen etwa bei Impfquoten und Klinikaufnahmen aus, die bei der Beurteilung der pandemischen Lage zu berücksichtigen wären. In einer Protokollnotiz zu den MPK-Beschlüssen hält Niedersachsen deswegen fest, dass es einen „neuen Maßstab zur Einschätzung des Pandemiegeschehens anstelle der alleinigen Inzidenzbetrachtung für die Zukunft für geboten“ hält.

Schulstart spielt keine Rolle

Es ist nicht die einzige Protokollerklärung. Auch Thüringen hat eine solche Zusatzbemerkung in den Akten niedergelegt. Dabei geht es um das Thema Schule. Darin hält die Landesregierung fest, dass die „Erteilung von Unterricht in Präsenz und das Offenhalten von Schulen höchste Priorität“ haben müsse und der Bund unbürokratisch helfen müsse, „um den Schulträgern und Kindergartenträgern zügig die Beschaffung von Luftfilteranlagen zu ermöglichen“. Dass darüber hinaus das Schulthema die Ministerpräsidenten gerade zum anlaufenden Start des Schuljahres gar nicht besonders beschäftigt hat, ist erstaunlich.

Keine Testpflicht für Gottesdienste

Dafür war aber das Thema Gottesdienste ein diskutierter Punkt. In der Vorlage aus dem Kanzleramt, die den Beratungen zugrunde lag, war auch für die „Teilnahme an Gottesdiensten oder anderen religiösen Zusammenkünften in Innenräumen“ eine Testpflicht vorgesehen. Als einziger Unterpunkt einer langen Aufzählung von Veranstaltungstypen sind dann die Gottesdienste aus der Liste herausgefallen. Ein Gottesdienst sei etwas anderes als ein Diskobesuch, sagte CDU-Kanzlerkandidat Laschet nach der MPK-Sitzung. Hoffentlich weiß das auch das Virus.

Und auch das ist am Mittwoch schon klar geworden: Die Balance zwischen Regierung und Parlament bleibt ein heiß diskutiertes Thema. Kanzlerin und Länderchefs bitten das Parlament um eine Fortschreibung der „epidemischen Lage von nationaler Tragweite“. Das ist die Grundlage für das Corona-Management der Regierung, Mindestens die FDP wird das auch im Wahlkampf zum Thema machen. Parteichef Christian Lindner sprach davon, dass es „weiter Sonderrechte für die Regierung ohne Parlament“ gebe.