Im Palais Thermal in Bad Wildbad wird größtenteils nackt gebadet. Foto: Bad Wildbad Touristik

Innerhalb weniger Tage musste die Polizei zweimal in die Schwaben Quellen in Stuttgart-Möhringen kommen, weil Frauen belästigt wurden. Sind Thermalbäder und Saunen in der Region Stuttgart ein unsicherer Ort?

Innerhalb weniger Tage wurden zwei Frauen in den Schwaben Quellen in Stuttgart sexuell belästigt. Einmal onanierte ein Mann vor einer Frau, beim anderen Mal fasste ein Mann eine Frau gegen ihren Willen an. Der Betreiber der Schwaben Quellen, die Kanto GmbH, spricht von „Zufall“, dass es in so kurzer Zeit zweimal zu solchen „Verfehlungen“ gekommen sei. Dem Haus sei „sehr daran gelegen“, dass sich alle Gäste sicher und wohlfühlten, weshalb zwei bis drei Mitarbeiter permanent umherliefen und kontrollierten, ob sich alle an die Hausregeln hielten. Insbesondere die „zurückgezogenen Ecken, die sicher schon das ein oder andere Mal ausgenutzt worden sind“, habe man im Blick. Aufgrund der aktuellen Vorfälle wolle man „noch genauer hinschauen“, heißt es.

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Sind Thermalbäder und Saunen ein unsicherer Ort für Frauen? Und hat dies damit zu tun, dass Männer und Frauen dort oftmals auch nackt sind? In den Schwaben Quellen wird zum Beispiel nicht nur nackt sauniert, sondern auch fast immer nackt gebadet, es gibt nur einen Textiltag pro Monat, außerdem viermal pro Jahr einen „Ladys Day“.

Mitarbeiter rufen Polizei, Hausverbot wird erteilt

Im Palais Thermal in Bad Wildbad gilt ebenfalls größtenteils Textilfreiheit. Dennoch kämen „schlimmere Übergriffe“ dort selten vor, sagt der Geschäftsführer Jürgen Schwarz. In den vergangenen zehn Jahren habe es zwei Fälle gegeben. „Dass Frauen von Männern angesprochen werden, ohne dass es dabei zu Handlungen kommt, kommt gelegentlich einmal vor.“ Allerdings geschehe dies in unterschiedlicher Form und mit unterschiedlichem Nachdruck. „Sollte sich eine Frau zu stark belästigt fühlen und mit der Situation nicht klarkommen, kann sie sich jederzeit an unser Personal wenden.“ Die Mitarbeiter gingen jeder Meldung nach, je nach „Schwere des Falls“ werde die Polizei gerufen, um Anzeige zu erstatten. Und es werde ein Hausverbot erteilt.

Auch im Thermalbad Böblingen wird von „Einzelfällen“ gesprochen. „In den letzten zehn Jahren hatten wir vielleicht ein bis zwei Fälle von sexueller Belästigung“, sagt Rolf Dettinger, der Geschäftsführer des Thermalbads Böblingen. Er erinnert sich daran, dass „vor vielen Jahren“ ein Mann vor einer Frau onaniert habe. Außerdem wurde im Dezember 2019 ein Spanner erwischt, der mit seinem Smartphone eine Frau in der Umkleidekabine filmte.

In Beuren noch kein einziger Übergriff verzeichnet

Im F3 in Fellbach gab es 2021 einen Fall von sexueller Belästigung. Es wurde die Polizei gerufen, ein Hausverbot ausgesprochen – und „meines Wissens nach aufgrund der Ermittlungen auch ein Strafverfahren eingeleitet“, sagt Birgit Steinegger, die Leiterin der Marketingabteilung im F3. Doch aufgrund der „Null-Toleranz-Politik“ habe man eine abschreckende Wirkung aufgebaut und müsse sich nur „äußerst selten“ mit solchen Fällen befassen.

Im Oskar-Frech-Bad in Schorndorf gebe es schon durch die helle und übersichtliche Struktur kaum Möglichkeiten, sagt Jörg Bay von den Schorndorfer Stadtwerken. Zudem würden die Mitarbeiter oft geschult, schon beim kleinsten Verdacht werde die Polizei gerufen und ein Hausverbot ausgesprochen. Noch keinen einzigen sexuellen Übergriff hat das Panoramabad in Beuren verzeichnet.

Knutschen im Saunapool ist Auslegungssache

Ganz anders ist es bei einvernehmlichen sexuellen Handlungen, die in öffentlichen Bädern und Saunen nicht erlaubt sind. Dafür würden Gäste nicht nur dunkle Ecken nutzen, sondern auch Momente, in denen sie unbeobachtet sind oder mit einzelnen Personen alleine, sagt Bertram Dorner, der Kur- und Bäderamtsleiter in Beuren. Abhilfe könne nur die Präsenz anderer Personen schaffen – also andere Badegäste oder Mitarbeiter. Doch trotz aller Vorsicht und Kontrollen gebe es immer ein gewisses Restrisiko, „vielleicht liegt bei den Tätern gerade auch in der Gefahr des Erwischtwerdens der Reiz“.

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Im Böblinger Thermalbad ist es vor allem der Saunapool, der besonders intensiv kontrolliert wird, damit andere Gäste nicht belästigt werden durch ausuferndes Verliebtsein. „Hin und wieder knutschen Paare dort herum, dann ist es Auslegungssache, ob das sexuelles Verhalten ist oder ob es sich noch um Zärtlichkeit handelt“, sagt Rolf Dettinger.

Im F3 sind Kameras, wo es erlaubt ist

Im Palais Thermal seien es „insbesondere die kleinen Fürstenbäder im Erdgeschoss, welche unter besonderer Beobachtung stehen“, sagt Jürgen Schwarz. In diese Becken passen nur zwei Menschen hinein. Doch durch konsequentes Vorgehen habe man in den vergangenen Jahre immer weniger Vorfälle verzeichnet: „Dies führt auch dazu, dass es sich in entsprechenden Kreisen schnell herumspricht und damit ein unliebsamer Tourismus im Keim erstickt wird.“ Das F3 nutzt Kameraüberwachung in jenen Bereichen, in denen es die Rechtslage gestattet.

Obwohl in den vergangenen Jahren einige sexuelle Übergriffe in Bädern angezeigt wurden, wird überall betont, dass dies kein „bäderspezifisches Problem“ sei. „Das kann leider überall passieren, Thermen, Hallen- und Erlebnisbäder sind da im Verhältnis nicht überproportional betroffen“, sagt etwa Felix Schneider, der Geschäftsführer des Fildorado in Filderstadt. „Das ist aber für uns natürlich kein Grund, nicht ganz genau hinzuschauen und jegliches Fehlverhalten schnellstmöglich zu unterbinden.“

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