Einer, der das Saxofonspiel lebt: Klaus Graf mit seinem Quartett im atmosphärischen Gewölbe des Deufringer Schlosskeller. Foto: Bernd Epple

Nach den Lockdowns und einer defekten Lüftung im Deufringer Schlosskeller geben die Macher des Jazzforums in Aidlingen wieder Gas. Der SWR-Bigband-Musiker Klaus Graf Quartett bot mit seinem Quartett einen beeindruckenden Gig.

Lange war es still um das Jazzforum Aidlingen. Nach der Neuformierung des Vorstandes im Januar 2020 hätte alles so schön werden können. Die Schweizer Schlagzeug-Ikone Charly Antolini machte im Februar 2020 vor ausverkauftem Haus den Auftakt zu einer neuen Jazzforum-Ära. Was dann kam, ist bekannt: Lockdowns und Ausbremsung des Kulturlebens. Doch damit nicht genug. Als Veranstaltungen wieder möglich waren, streikte die Lüftungsanlage des Deufringer Schlosskellers.

Aber die Liebe zum Jazz war stärker als die Resignation und half über die Durststrecke hinweg, bis schließlich wieder alles ordnungsgemäß funktionierte. Nachdem die Sängerin Laura und die Lokalmatadoren der Böblinger Jazzconnection schon am Wochenende zuvor den eindrucksvollen Auftakt hinlegten, gab sich am Samstagabend der Altsaxofonist Klaus Graf mit seinem Quartett die Ehre.

Der Jazzprofessor ist ein impulsiver Tonzauberer

Klaus Graf sitzt in der Saxofon-Sektion der SWR-Bigband. Schon das allein ist ein Hinweis auf seine Klasse. Doch was er am Samstag mit eigenem Quartett zum Besten gab, ist nahezu unbeschreiblich. Der impulsive Tonzauberer und Professor für Jazz-Saxofon hatte mit dem ehemaligen Landesjazzpreisträger Axel Kühn (Bass), Obi Jenne (Schlagzeug) und Martin Söres (Piano) Musiker an Bord, die einfach nur eines wollten: spielen! Und zwar Jazz spielen, wie er sein soll: Musikalische Steilpässe wurden von den Mitspielern aufgenommen, es blieb ununterbrochen spannend, wie sich das Spielgeschehen entwickelt.

Beatles und Duke Ellington in ungewohnten Gewand

Die Musiker verfügen alle über Spieltechniken auf höchstem Niveau. Grafs satter, bisweilen auch sanfter Ton wurde von ihm, der jeweiligen Stimmung entsprechend brillant moduliert: Tonale Aufschreie, High Notes, Fall Offs – alles, was das (Saxofon-)Herz begehrt. Die einfühlsamen Spielkameraden taten das ihrige dazu. In der ersten Halbzeit des Abends bediente man sich Standards wie Duke Ellingtons „It Don’t Mean a Thing“ oder „I Feel Fine“ von den Beatles. Diese Musikstücke wurden allerdings so umarrangiert, dass sie nicht sofort als die bekannten Hits erkannt wurden.

Die zweite Halbzeit gehörte dann den Klaus-Graf-Kompositionen, die hauptsächlich aus seiner „Live in India“-CD entstammten. Launig erzählte Graf von der Konzertreise seines Quartetts durch dieses Land der Gegensätze, wo 2020 der Livemitschnitt für die CD entstand. Die rund 20-minütige, aus drei Sätzen bestehende „Mysore Suite“ war dann auch krönender Abschluss des Konzertabends, den die Besucher mit tosendem Beifall quittierten.

Der Aufwind im Verein ist spürbar

Das ehemalige Vorstandsmitglied des Aidlinger Jazzforums, Peter Wieland, ist nach den Querelen der Vergangenheit wieder Vereinsmitglied geworden. „Solche Klasse, der guten Arbeit des neuen Vorstandes geschuldet, muss honoriert werden“, meinte er. Das Konzert sei grandios gewesen: „Graf hat sich richtig entfaltet und seine ganze Virtuosität gezeigt. Das Quartett hat wunderbar harmoniert, und jeder Einzelne war super“, fügte er hinzu. Dem schloss sich auch Horst Nonnenmacher aus Gärtringen an: „Nach vielen Jahren bin ich hier wieder mit dabei, erst bei Antolini, dann auch am vergangenen Wochenende. Es war einfach spitze. Wahnsinn!“ Ein kleines Wermutströpfchen bleibe die Akustik des Schlosskellers, „ein Holzboden würde den Hall etwas rausnehmen, aber sonst erste Sahne!“, lobte er.

Auch Martin Wernado, erster Vorsitzender des Jazzforums Aidlingen, gab sich zufrieden: „Wir haben einen gelungenen Neustart hingelegt. Trotz vieler Konzertabsagen sind wir im Vorstand nach wie vor hochmotiviert, auch wenn es bislang immer noch ein Draufzahlgeschäft ist. Wenn keine Zuschüsse vom Landesjazzverband kämen, sähe es zappenduster aus.“

Am 19. November gibt’s Jazz aus der Hauptstadt

Martin Wernado hofft auf mehr ehrenamtliche Helfer und hat für April 2023 bereits die ersten Heckengäu-Jazztage im Visier oder auch Formate wie „Jazz trifft Kulinarik“. Und die Stuttgarter Jazzsängerin Fola Dada sowie der Saxofonist und Landesjazzpreisträger Alexander Bühl stehen bereits in den Startlöchern für die nächsten Konzerte.

Doch zunächst darf sich das Jazzpublikum auf den 19. November freuen. Der Berliner Trompeter Christian Meyer wird mit seiner Formation „Meyers Nachtcafé“ sein Stelldichein im Schlosskeller geben. Mit von der Partie: der Herrenberger Pianist Martin Johnson. Auch hier ist einmal mehr Jazz der Spitzenklasse zu erwarten.

Karten für „Meyers Nachtcafé“ am 19. November im Schlosskeller Deufringen gibt es bereits jetzt im Vorverkauf. Erhältlich sind diese im Internet unter www.jazzforumaidlingen.de oder an der Abendkasse.