Hayley (Hayley Squires) ist gründlich sauer. Foto: Endemol Shine UK/Fifty Fathoms/Tereza Červeňová

Die vierteilige britische Miniserie „Nur für Erwachsne“ im Ersten erzählt von einer wütenden Sexfilm-Darstellerin. Diese Hayley legt sich mit allen an.

Ein Mann hat Sex mit seiner Frau. Etwas irritiert ihn, er hält inne, weist sie zurecht: Hayley solle, sagt Rich, aufhören, nach der Kamera zu suchen. Er liegt da nicht falsch, aber auch nicht ganz richtig. Hayley Burrow ist unter dem Pseudonym Jolene Dollar ein Pornostar der britischen „Erwachsenenfilmszene“, wie der ein oder andere Produzent sagen würde. Für Hayley sind körperliche Nähe, Ekstase und Höhepunkte die meiste Zeit bloß Akte der Vortäuschung, Inszenierungen für das Auge der Kamera.

Im intimen Moment mit Rick aber ist sie aus anderen Gründen abgelenkt, nicht, weil sie überlegt, ob sie gerade zu weit aus dem Bild gerutscht ist. In der vierteiligen britischen Miniserie „Nur für Erwachsene“, die jetzt ihre Free-TV-Premiere im Ersten erlebt und anschließend in der ARD-Mediathek abgerufen werden kann, plagen Hayley viele Probleme auf einmal.

Gebrauchte Unterwäsche online

Eigentlich, würde sie vermutlich sagen, sei sie zufrieden mit ihrem Gewerbe. Die Anfängerinnenjahre hat Hayley hinter sich. Sie hat sich Fans erarbeitet, sie hat einen gewissen Einfluss, sie darf Regisseuren und Produzenten aufzeigen, wo ihre persönlichen Grenzen liegen. Sie verdient ganz gut, und die gebrauchte Unterwäsche vom Dreh verkauft sie online an Fetischisten. Weil die von Lucy Kirkwood („The Smoke“, „Chimerica“) entwickelte und geschriebene Serie im ersten Bild schon einen vermeintlich gutmütig satirischen Blick aufs Pornogewerbe offenbart, einen milden Spott über die banalen Produktionsrealitäten hinter der Endlosbehauptung von Sinnentaumel, ist man fast ein bisschen konsterniert. Nimmt diese Komödie ein hartes Gewerbe vielleicht zu leicht?

Zumindest nicht so leicht, wie man zunächst fürchten könnte. Hayley trifft beim Dreh eine neue Kollegin , die naive 19-jährige Tänzerin Amy (Siena Kelly). Die ist aufgeregt, vorfreudig, enthusiastisch, nervös – und hat ein paar Vorbehalte. Hayley versichert ihr, dass nichts gegen ihren Willen geschehen werde, und sie schärft den Kollegen ein, Amy nicht zu bedrängen. Als Hayley dann aber nach Hause und der Dreh weiter geht, kommt es zum Debakel in mehreren Eskalationsstufen.

Die Belastung wird sichtbar

Hayley legt sich in der Folge nicht nur mit den Verantwortlichen an, unter anderem mit dem von Rupert Everett gespielten Produzenten Quinn. Sie muss sich eingestehen, dass auch in ihr schon die ganze Zeit Zweifel an ihrer Lebenssituation nagten, dass sie vieles einfach verdrängt hatte. Die Brüche und Risse durch die Belastung werden gerade sichtbar. Die Beziehung zu ihrem Mann kriselt, und auch ihre Kinder kommen, wird ihr schockartig klar, nicht so gut mit dem für viele indiskutablen Beruf der Mutter klar, wie sie sich das einreden wollte.

Das besonders Interessante an der rundum gut gespielten Serie ist Hayleys Zerrissenheit. Ihr Hader mit der Branche ist nicht aus einem Guss, immer wieder verteidigt sie Filmgeschäft und eigenes Tun gegen moralisierende Kritik von außen. Hayley ist aufgespannt zwischen ihrem Wissen um Lüge, Heuchelei und Zwang in der Pornoszene einerseits und ihrem Widerwillen gegen herablassendes Mitleid oder angeekelte Vorwürfe aus bürgerlichen Kreisen. Und man kann diesen Zwiespalt gut verstehen.

Nur für Erwachsene. ARD, Do auf Fr, 0.45 Uhr. Anschließend in der ARD-Mediathek