Die Gewerkschaften haben vehement für die Anhebung auf zwölf Euro gekämpft. Foto: picture alliance/dpa/Jens Wolf

Die Arbeitgebervereinigung BDA kämpft für Erleichterungen bei der Anhebung des gesetzlichen Mindestlohns auf zwölf Euro. So soll die Untergrenze erst zum Januar 2023 statt schon im Oktober dieses Jahres erhöht werden.

Stuttgart - Die Bundesvereinigung der Arbeitgeberverbände (BDA) lehnt eine gesetzliche Lohnuntergrenze von zwölf Euro ab, will aber in der mit den Gewerkschaften gebildeten Mindestlohnkommission weiter mitmachen. „Schadenbegrenzung geht vor“, laute die mehrheitliche Ansicht in den Arbeitgeberverbänden. Der Gesetzentwurf von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) wird nun von einem Verfassungsrechtler und einem Arbeitsrechtsexperten juristisch überprüft, doch droht die BDA nicht mit einer Verfassungsklage. Das in zwei Wochen erwartete Gutachten soll vielmehr Argumente für direkt betroffene Betriebe liefern, die eventuell vor das Bundesverfassungsgericht ziehen wollen; die BDA selbst darf ohnehin nicht dort klagen.

Lesen Sie aus unserem Plus-Angebot: „Arbeitsrechtliche Sanktionen für Ungeimpfte gehen nicht“

In einer Stellungnahme zum Entwurf wird die Kritik bekräftigt. Die Anhebung beschädige die verfassungsrechtlich geschützte Tarifautonomie, heißt es. „Sie würde unmittelbar in viele Tarifverträge eingreifen sowie Tariflohngruppen eliminieren und hätte Auswirkungen auf das Lohn- und Tarifsystem insgesamt.“ Erzeugt werde „ein erheblicher Lohndruck nach oben“, weil weitere Entgeltgruppen oberhalb der zwölf Euro angehoben werden müssten.

Vorrang für tarifliche Regelungen gefordert

Die BDA fordert, dass die Erhöhung erst zum 1. Januar 2023 statt schon zum 1. Oktober 2022 erfolgen soll. Tarifpartner sollten für eine Übergangszeit die Möglichkeit haben, auf ihrem eigenen tarifautonomen Weg die zwölf Euro zu erreichen. Denn aktuelle Tarifvereinbarungen einzelner Branchen sehen schon Einstiegslöhne von mindestens zwölf Euro vor, erreichen diese Schwelle aber erst später. Die gesetzliche Anhebung müsse zudem bis Ende 2024 Bestand haben, so die BDA. Entsprechend solle die Mindestlohnkommission erst zum 30. Juni 2024 statt schon ein Jahr früher – wie Heil es plant – über eine weitere Anpassung entscheiden.

Lesen Sie aus unserem Plus-Angebot: Entspannungssignale im Mindestlohnstreit