Flüchtlinge kommen in einem Schlauchboot aus der Türkei auf der griechischen Insel Lesbos an. Europa steht dieser Migrationsbewegung auch nach Jahren vor allem hilflos entgegen. Foto: dpa/Kay Nietfeld

In Zukunft werden sich immer mehr Menschen auf die Flucht machen. Dieses Problem kann die Europäische Union nur gemeinsam lösen, doch viele Staaten haben das noch nicht verstanden.

Im Fall der gemeinsamen Migrationspolitik zeigt die Europäische Union immer wieder ihr hässliches Gesicht. Von der oft beschworenen Solidarität kann keine Rede sein. Im Gegenteil, jeder einzelne Staat scheint nur seine egoistischen Interessen zu verfolgen. Manche Regierungen schrecken auch nicht davor zurück, hilflose Flüchtlinge zur Manövriermasse ihres zynischen Spiels um politischen Einfluss und Geld zu machen.

Nach den Jahren 2015 und 2016 machte sich allerdings die Hoffnung breit, dass die Staaten der EU aus jener tiefen Krise gelernt haben könnten. Damals hatten sich Millionen von Menschen in Richtung Europa aufgemacht und stellten viele Länder Europas nicht nur finanziell, sondern auch gesellschaftlich vor eine Zerreißprobe. Das war auch in Deutschland der ideale Nährboden für einen Rechtspopulismus, der auf nationalistische Abgrenzung setzt und menschliche Zwietracht säht.

Ein gründlich missglückter Neufang

Nach langen Verhandlungen konnte dann die EU-Kommission vor inzwischen fast zwei Jahren ein umfassendes Konzept für eine neue Migrations- und Asylpolitik vorstellen. Es reicht von der Sicherung der Außengrenzen über die Abschiebung von Asylbewerbern bis zur Integration von Zuwanderern in den Arbeitsmarkt. Dieses Papier sollte den Neuanfang in der hart umkämpften Migrationspolitik Europas darstellen. Doch das viel gepriesene Konzept scheiterte an einem zentralen Punkt: der solidarischen Aufnahme von geflüchteten Menschen, der sich vor allem Ungarn und Polen verweigerten.

Die Wende schien erneut gekommen, als nach dem Überfall Russlands auf die Ukraine Hunderttausende Menschen flohen und vor allem Polen äußerst großzügig Hilfe leistete. Doch als in diesen Wochen der neue Verteilmechanismus als Hilfe für die Staaten in Südeuropa festgezurrt wurde, zeigte es sich, dass die Solidarität der Osteuropäer weiter sehr enge Grenzen hat.

Die Zahl der Flüchtlinge wird zunehmen

Diese Haltung aber ist äußerst kurzsichtig. Denn die Migrationsbewegungen werden in den kommenden Jahren zunehmen. Grund dafür sind nicht enden wollende Bürgerkriege und vor allem auch der Klimawandel. Wenn in Afrika immer mehr Landstriche unbewohnbar sind, werden sich deren Bewohner auf die Flucht begeben.

Zudem zeigt es sich, dass Fluchtbewegungen immer häufiger gezielt gesteuert werden, um Staaten zu schaden. Deutlichstes Beispiel war das Chaos an der polnisch-weißrussischen Grenze, als Tausende Menschen von den Regimen in Minsk und Moskau ins dortige Niemandsland transportiert wurden und unter unmenschlichen Bedingungen in der Kälte campierten. Diese Tragödie konnte beendet werden, weil die EU solidarisch Hilfe leistete. Immer wieder zeigt es sich, dass solche Krisen nur gemeinsam gelöst werden können. Dennoch siegt am Ende bei zu vielen Staaten doch wieder ein von Populismus getriebener Egoismus.