Eine Gruppe von Touristen tanzt auf dem Ocean Drive während des Spring Break in Miami Beach. In Miami Beach ist eine Ausgangssperre in Kraft, die verhängt wurde, nachdem es zu Schlägereien, Schießereien, Sachbeschädigungen und gefährlichen Ausschreitungen in großen Menschenmengen gekommen war. Foto: dpa/Matias J. Ocner

Aus Deutschland zieht es Urlauber nach Mallorca, in den USA locken die Strände Floridas. Vor allem Studenten zieht es trotz Pandemie in Scharen in den Süden. Sie wollen feiern und Spaß haben - Masken und Corona-Auflagen sind dabei out. Betroffene Orte ziehen die Notbremse.

Miami Beach - Es fühlt sich an wie ein Leben ohne Corona: Die Sonne scheint, die Palmen wiegen sich im Wind, der Sandstrand lockt Tausende Urlauber an. Einkäufer bummeln ohne Masken, die Bars sind gut gefüllt. Vor allem Studenten sind in ihren Semesterferien, der sogenannten Spring Break, aus dem ganzen Land in Scharen an die Strände des warmen US-Bundesstaats Florida gepilgert, um Erholung und ausgelassene Parties zu finden. Alkohol und laute Musik gibt es im Überfluss, Masken zur Infektionskontrolle sind dagegen Mangelware. Doch eines ist klar: Das Coronavirus feiert mit.

Miami ruft Notstand aus

Experten befürchten, dass rückkehrende Urlauber die Pandemie erneut entfachen könnten. Das Strand-Mekka Miami Beach hat inzwischen den Notstand ausgerufen. Eine abendliche Ausgangssperre und mehr Polizei sollen die Massen im Zaum halten. „Die Botschaft ist klar: verantwortungsbewusst Urlaub machen oder festgenommen werden“, lautet der aktuelle Slogan der Stadt. „Wir haben Null Toleranz für öffentliche Trunkenheit, Straßenkämpfe, jegliche Diebstähle und die Nutzung illegaler Drogen.“

Schockierende Bilder

Die Mischung aus Bikini-Wetter, Musik, reichlich Alkohol und vielen gleichgesinnten Partygängern lieferte am vergangenen Wochenende für schockierende Bilder. Die Parties waren zeitweise so aus dem Ruder gelaufen, dass die Polizei auch Pfefferspray einsetzte, um die Menge auseinanderzutreiben. Es gab Schlägereien, Dutzende wurden festgenommen. „Es ist eine unmögliche Lage“, klagte Bürgermeister Dan Gelber am Montag im Sender ABC. „Es scheint so, als wären wir das einzige wirkliche Urlaubsziel im ganzen Land, das offen ist, deswegen kommen Zehntausende Menschen hierher.“ Der Notstand soll nun bis 11. April gelten, wenn die Semesterferien überall wieder zu Ende gehen.

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Keine Masken, keine Abstandsregeln

Die Feiernden hätten meist keine Masken getragen und sich nicht an Abstandsregeln gehalten, sagte Gelber. Die örtliche Polizei meldete für die vergangenen sechs Wochen bereits mehr als 1050 Festnahmen, in mehr als 100 Fällen seien auch Waffen beschlagnahmt worden. Ein Fall schockierte die Stadt: Zwei jungen Männern, 21 und 24 Jahre alt, wird vorgeworfen, die 24-jährige Urlauberin Christine E. in einem Hotel unter Drogen gesetzt und vergewaltigt zu haben. Danach stahlen sie ihre Kreditkarten und feierten weiter, die junge Frau wurde tot in ihrem Zimmer gefunden, wie die Zeitung „Miami Herald“ berichtete.

Ausgangssperre am Abend, kein Alkohol am Strand

Im Südzipfel der Stadt im Bereich der Partymeile rund um den Ocean Drive gilt nun ab 8 Uhr abends eine Ausgangssperre, die von der Polizei durchgesetzt wird. An den Stränden darf ganztags kein Alkohol mehr konsumiert werden. Die Brücken, um von Miami kommend in die Stadt Miami Beach zu gelangen, werden nachts weitestgehend gesperrt.

Ein Ritual des Studentenlebens

Die „Spring Break“ gehört zu den Ritualen des Studentenlebens in den USA. Für die „Frühlingspause“, also jene Semesterferien, die meist in den Zeitraum von Februar bis Mitte April fallen, reisen Studenten in Scharen an Strandorte, die für gute Parties, pralle Stimmung, üppiges Flirtpotenzial und reichlich Alkohol stehen. An beliebten Orten, etwa in Florida oder auf Mexikos Yucatán-Halbinsel rund um Cancún erklären manche Hotels schon auf ihrer Webseite, dass sie keine „Spring Break“-Touristen annehmen. Der Grund ist, dass die Studenten oft die etwas ältere und finanzkräftigere Kundschaft abschrecken.

In Amerika gibt es kein Beherbergungsverbot

In den USA gibt es in der Pandemie kein Beherbergungsverbot, Inlandsreisen unterliegen kaum Beschränkungen. Geführt vom republikanischen Gouverneur Ron DeSantis gehört Florida zudem zu jenen Bundesstaaten, die stolz darauf sind, ihren Bürgern trotz der Pandemie nur wenige Auflagen zuzumuten. Der Bundesstaat mit gut 21 Millionen Einwohnern meldet im Schnitt rund 5000 Neuinfektionen pro Tag, grob ein Viertel davon im bevölkerungsreichen Bezirk Miami-Dade. Rund 2,8 Millionen Menschen in Florida sind bislang voll geimpft.

Corona-Auflagen wurden zurück genommen

Trotz des Flehens der Bundesregierung haben zuletzt viele US-Staaten damit begonnen, ihre Corona-Auflagen zurückzunehmen. Die Experten in Washington warnen, dass eine vorschnelle Lockerung und mehr Reisen zu einer neuen Corona-Welle führen könnte. Landesweit ist die Zahl der Flugreisenden zuletzt auf die höchsten Werte seit Beginn der Pandemie angestiegen. Allein am Sonntag etwa fertigte die Behörde TSA an Flughäfen landesweit mehr als 1,5 Millionen Menschen ab.

„Jetzt ist nicht die Zeit, um zu reisen“

„Wir sorgen uns nicht nur darum, was passiert, wenn Menschen im Flugzeug sind, sondern darum, was passiert, wenn Menschen reisen“, erklärte die Chefin der Gesundheitsbehörde CDC, Rochelle Walensky jüngst bei einem Briefing des Weißen Hauses. „Das bedeutet, sie gehen aus, sie vermischen sich mit Menschen, die nicht geimpft sind.“ Die jüngste Entwicklung der Pandemie in Europa sei eine Warnung. „Wir wollen nicht wieder einen schnellen Anstieg der Fallzahlen.“ Angesichts der anhaltende hohen Zahl von rund 55 000 Neuinfektionen pro Tag mahnte Walensky: „Ich will alle Menschen ermuntern und die Menschen daran erinnern: Jetzt ist nicht die Zeit, um zu reisen.“

„Spring Break“ könnte zum Superspreader-Ereignis werden

Für Tausende Urlauber, die sich am kilometerlangen Strand von Miami Beach und dem türkisblaue Meerwasser des Atlantiks erfreuen, kommen die Appelle der Behörden zu spät. Experten befürchten, dass sich viele der feiernden Studenten im Urlaub anstecken und das Virus mit nach Hause bringen könnten. Das Risiko ist noch höher, weil es in keinem US-Staat bislang so viele nachgewiesene Fälle der ansteckenderen und wohl auch tödlicheren Variante B.1.1.7 gibt wie in Florida. Die „Spring Break“ in dem Bundesstaat könnte damit sozusagen ein Superspreader-Ereignis werden, das die Verbreitung der zunächst in Großbritannien festgestellten Variante nochmals anschiebt.

US-Präsident Bidens Top-Corona-Experte Anthony Fauci mahnte schon zu Beginn der Semesterferien im Gespräch mit CNN zur Vorsicht: „Wir wollen, dass die Leute während der Spring Break eine gute Zeit haben. Aber man kann nicht alle Vorsichtsmaßnahmen weglassen.“