Mercedes-Benz-Chef Ola Källenius stellte an der Côte d’Azur seine Luxusstrategie vor. Diese forciert er nun angesichts der Krise. Foto: Mercedes-Benz

Der Autobauer steigert die Rendite, weil er vor allem große Autos baut. Eine Senkung des Gasverbrauchs soll ihn nun noch krisenfester machen.

Trotz Krise hat der Stuttgarter Autohersteller Mercedes-Benz seine Rendite im zweiten Quartal dieses Jahres weiter gesteigert – und traut sich für das Gesamtjahr einen weiteren Anstieg bei Umsatz und Betriebsgewinn zu. Obwohl die Pkw-Sparte Mercedes-Benz Cars wegen unzureichender Belieferung mit Halbleitern nur noch 487 100 Autos und damit sieben Prozent weniger absetzte als im gleichen Zeitraum des Vorjahres, stieg der Umsatz um acht und der Betriebsgewinn um 20 Prozent. Unter dem Strich erhöhte sich die Umsatzrendite um rund eineinhalb Prozentpunkte auf 14,2 Prozent.

Absatz sinkt fast nur im unteren Segment

Zu den guten Zahlen habe die anhaltende Kostendisziplin ebenso beigetragen wie eine verbesserte Preisgestaltung, erklärte das Unternehmen. Dazu zählt unter anderem ein weitgehender Verzicht auf Rabatte.

Der Mangel an Halbleitern prägte das Geschäft auch im zweiten Quartal und führte dazu, dass die Absatzzahlen maßgeblich von den Produktionsmöglichkeiten statt von der Nachfrage der Kunden bestimmt wurden. Das gilt nicht nur für die Gesamtzahl der verkauften Autos, sondern auch für deren Verteilung auf die Segmente und Modelle.

Während sich bei den beiden obersten Modellsegmenten, die Daimler als „Top-End Luxury“ und „Core Luxury“ bezeichnet, nur geringe Verschiebungen ergaben, sank der Absatz im untersten Drittel der Modellpalette („Entry Luxury“) um mehr als 20 Prozent. Stark gestiegen ist der Verkauf vollelektrischer Fahrzeuge, der sich ohne die Marke Smart um 134 Prozent erhöhte. Der Anteil dieser vollelektrischen Autos stieg damit binnen Jahresfrist von zwei auf fünf Prozent.

Angesichts der günstigen Entwicklung erhöht Mercedes-Benz nun die Prognose für das Gesamtjahr. Der Umsatz soll deutlich, das operative Ergebnis leicht über dem des Vorjahres liegen. In der Autosparte soll vor allem das oberste Segment wachsen – im Jahresvergleich um zehn Prozent. Zudem setzt das Unternehmen auf das Auftragspolster, das sich durch die gestaute Nachfrage aufgebaut hat. Dieses Polster soll sich positiv auf die Auslastung auswirken, auch wenn Mercedes mit dem sehr hohen Inflationsdruck, den damit verbundenen Zinserhöhungen, den hohen Kosten für Energie und Rohstoffe sowie dem Ukraine-Krieg mit seinen Auswirkungen auf die Lieferketten eine Reihe von Risikofaktoren benennt.

Bank sieht erhöhtes Risiko

Die Van-Sparte konnte ihre Verkaufszahlen sogar leicht um zwei Prozent steigern, musste beim Ergebnis aber einen leichten Rückgang auf 414 Millionen Euro hinnehmen. Höhere Kosten für Rohstoffe konnten durch eine bessere Preisdurchsetzung teilweise ausgeglichen werden. Auch hier stieg der Umsatz mit einem Plus von zwölf Prozent deutlich stärker als die Zahl der verkauften Fahrzeuge, was ebenfalls auf einen gestiegenen Anteil teurerer Fahrzeuge hindeutet. Die Nachfrage gewerblicher Kunden nach Elektrotransportern wie dem e-Sprinter und dem e-Vito sei stark gestiegen – deren Verkäufe stiegen um 84 Prozent.

Einen Rückgang gab es beim Ergebnis der Finanzsparte Mercedes-Benz Mobility, deren Ertragskraft sich in der auf 17,1 Prozent gesunkenen Eigenkapitalrendite ausdrückt. Auch hier schlagen sich die Engpässe beim Fahrzeugangebot nieder; hinzu kommt, dass die Sparte angesichts der sich verschlechternden gesamtwirtschaftlichen Lage in der Bilanz mehr Geld für mögliche Ausfälle von Krediten beiseitelegen muss.

Ziel: Vorbild beim Energiesparen

Um die Widerstandsfähigkeit gegenüber möglichen Ausfällen von Erdgaslieferungen zu verringern, strebt das Unternehmen danach, die Abhängigkeit von dieser Energiequelle drastisch zu reduzieren. Es gebe in Deutschland ein Reduktionspotenzial von rund 50 Prozent, erklärte Konzernchef Ola Källenius, der sein Unternehmen dabei in einer Vorbildrolle für die gesamte Wirtschaft sieht. „Unser Plan einer Reduktion von 50 Prozent beweist: Wenn wir das können, können andere das auch.“ In Sindelfingen etwa, wo der vollelektrische EQS, die S-Klasse und Mercedes-Maybach-Modelle produziert werden, könne die Lackiererei im Notfallmodus ohne Gasversorgung betrieben werden. Langfristiges Ziel sei die komplette Umstellung von Gas auf Strom und auf weitere erneuerbare Energiequellen. Schon früher hatte Mercedes-Benz angekündigt, den Anteil erneuerbarer Energie von heute 40 bis Ende des Jahrzehnts auf 70 Prozent zu steigern. Dazu sollen etwa auf allen geeigneten Dächern Photovoltaikanlagen errichtet werden.

Warum Källenius eine Luxusstrategie verfolgt

Argumentation
 Die Luxusstrategie von Ola Källenius ist in der Öffentlichkeit umstritten. Mit einer internen Mitarbeiterinformation erläutert der Konzern Beschäftigten, was es damit auf sich hat. Wir nennen die wichtigsten Punkte:

Marktführerschaft
 Das Unternehmen baue schon seit 130 Jahren Produkte für die anspruchsvollsten Kunden der Welt. Heute sei Mercedes-Benz mit einem Absatz von rund 300 000 Fahrzeugen Weltmarktführer im Topsegment. Innovationen wie das weltweit erste zertifizierte System zum hochautomatisierten Fahren belegten, dass Mercedes auch Innovationsführer sei.

Profitabilität
 Die Zahl an wohlhabenden Kunden soll Prognosen zufolge weltweit steigen. Luxusmarken seien zudem krisenfester und schneller in der Lage, sich von Konjunkturdellen zu erholen, so der Konzern. Das schütze in herausfordernden Zeiten auch Jobs. Trotz Ausrichtung auf die Topsegmente solle der Absatz nicht sinken, sondern bis 2026 pro Jahr um etwa fünf Prozent steigen.

Begehrenswert statt billig
Im Volumensegment sei der Preisdruck am höchsten. Mit den bestehenden Kostenstrukturen lasse sich ein Preiskampf aber nicht gewinnen. Am Hochlohnstandort Deutschland verkaufe Mercedes zehn Prozent der Autos, während hier 67 Prozent der Beschäftigten tätig seien.

Nicht elitär
 Innovationen seien nie nur für elitäre Kreise gedacht, würden von diesen aber zunächst finanziert, ehe sie in der Breite eingesetzt würden – wie Airbag, ABS und ESP.