Mehr als 200 Millionen Euro hat der Konzern mit dem Stern in das Electric Software Hub im Mercedes Technology Center (MTC) in Sindelfingen investiert. Foto: Mercedes-Benz AG

Mercedes-Benz tut sich wie viele andere Unternehmen schwer, die weithin sehr gefragten Software-Ingenieure nach Sindelfingen zu locken. Immerhin: ein großer Teil der 1000 gesuchten Digitaltalente ist gefunden.

Das Mercedes-Werk in Sindelfingen, wo bisher die Luxuslimousine S-Klasse und das elektrischen Pendant EQS gebaut werden, soll von 2025 das Leitwerk für die elektrischen Spitzenmodelle des Automobilherstellers werden. Das passt zum Kompetenzzentrum für das neue Mercedes-eigene Betriebssystem MB.OS, das 2024 auf den Markt kommen soll. Auf einer Fläche von über 70 000 Quadratmetern, verteilt auf acht Ebenen, ist der „Mercedes Benz Electric Software Hub“ entstanden, wo die Software-Ingenieure ideale Bedingungen zur Entwicklung des Betriebssystems vorfinden sollen.

Für diesen Bereich sucht Mercedes-Benz seit gut einem Jahr 1000 neue Software-Spezialisten – weltweit 3000. Dies ist ein mühsames Unterfangen angesichts des sich verschärfenden Wettbewerbs um die Digitaltalente. Doch es füllt sich in Sindelfingen: „Mittlerweile haben wir 850 an Bord“, sagt die Personalvorständin Sabine Kohleisen. Zu „mindestens zwei Dritteln“ kämen sie von außen.

Um die Spezialisten anzulocken, hatte das Unternehmen mit dem Betriebsrat eine Betriebsvereinbarung ausgehandelt, die den mit MB.OS befassten Software-Ingenieuren mehr Flexibilität und Eigenverantwortung in der Gestaltung ihrer Arbeitszeit sowie eine stärker leistungsorientierte Vergütung im Rahmen des Tarifvertrages der Metallindustrie einräumt. So gibt es in dem Bereich eine Vertrauensarbeitszeit ohne Zeiterfassung – und das Arbeitszeitvolumen bis zu 40 Wochenstunden ist in verschiedenen Kombinationen frei wählbar.

Mercedes-Benz müsse und wolle sich als attraktiver Arbeitgeber präsentieren, meint Kohleisen. Den Angaben zufolge sind die tariflichen Konditionen aber nur bedingt ein Argument, um die Spezialisten anzulocken. Viel Wert wird in dem Kreis der Hightech-Spezialisten demnach auf Statusfragen gelegt und auf Topkräfte mit Vorbildfunktion.

Dass die Wechselbereitschaft in den eigenen Reihen nicht übermäßig groß ist, hatte sich abgezeichnet. In den bestehenden Entgeltsystemen hätten langjährige Mitarbeiter, die schon als Experten in den Fachbereichen beschäftigt sind, ein „ziemlich hohes Leistungsentgelt“, so eine frühere Begründung des Betriebsrats. Dieser Lohnbestandteil würde beim Wechsel zunächst heruntergehen. Da scheuten viele das Risiko. Insofern sei das Angebot verlockender für jüngere Beschäftigte, die noch nicht das hohe Niveau beim Leistungsentgelt erreicht hätten.