Martina Grohmann, Intendantin des Theaters Rampe Foto: Lichtgut/Michael Latz/Lichtgut/Michael Latz

Die Rampe-Intendantinnen Marie Bues und Martina Grohmann haben das Theater zu einem Ort des Miteinanders gemacht.

Stuttgart - Natürlich kamen dumme Kommentare: Können die beiden jungen Frauen nicht mal richtig schreiben? Es war schon kühn, dass Marie Bues und Martina Grohmann als neue Intendantinnen der Rampe erst einmal das Schild an der Fassade abschraubten und das Stuttgart Theater umbenannten in THTR RMPE. Das, meinten sie, klinge - Tatarata - wie ein Tusch. Im Nachhinein muss man sagen, dass das durchaus passte, denn als die beiden 2012 die Theaterleitung übernahmen, brachten sie nicht nur frischen Wind in das Theater, sondern wirbelten die ganze Stadt auf. Diese zwei jungen Frauen haben viel in den Köpfen und im Selbstverständnis der Kulturinstitutionen angestoßen.

Wer wäre schon auf die Idee gekommen, zu einer Performance auf den Marienplatz einzuladen, bei dem das Publikum einer Schildkröte hinterher laufen sollte - um am eigenen Leib zu erfahren, was Entschleunigung bedeutet? Esmeralda hielt sich allerdings nicht ans Drehbuch, sondern marschierte munter im Kreis. Aber das passte zur Devise von Bues und Grohmann: mehr Spontaneität und weniger Hochglanzveranstaltungen. So untersuchten sie, welchen Einfluss der Popmusik auf unser Leben hat, starteten Forschungsreihen, führten aber auch neue Stücke auf – etwa das einer 18-Jährigen über sexuellen Missbrauch. Vor allem holten sie kleine, kreative Kollektive ans Haus.

Bei vielen Projekten wurde direkt mit der Bevölkerung zusammengearbeitet

Dass sie als Team antraten, war auch Botschaft, dass man gemeinsam mehr erreichen kann als allein. Martina Grohmann wurde 1972 im österreichischen Mödling geboren, hat in Wien Theaterwissenschaft studiert und unterfüttert als Dramaturgin das Rampe-Programm inhaltlich. Marie Bues, 1980 geboren, war ursprünglich Schauspielerin, ist inzwischen aber eine gefragte Regisseurin. Viele Inszenierungen, die sie an anderen Theatern herausbrachte, laufen auch an der Rampe – so kann man trotz überschaubarem Budget einen vielseitigen Spielplan anbieten.

2019 erhielten die beiden für ihr Konzept den Theaterpreis des Bundes, weil sie für ein neues Denken stehen und Theater als sozialen Ort verstehen, an dem es weniger um Kunst und eher um Gemeinschaft geht. Deshalb wurde bei vielen Projekten direkt mit der Bevölkerung zusammengearbeitet. Die beiden haben aber auch die Kategorien zwischen Institutionen und freien Kulturschaffenden aufgeweicht, zwischen klassischem Sprechtheater und freien Experimenten. So markiert ihre Zeit an der Rampe, dass sich die Gesellschaft und die Kultur ändert, ändern muss. Eine Botschaft, die sie auch selbst ernst nehmen und nun den Intendantenposten räumen für die nächste Generation.