Der 80 Jahre alte Eckard Fischer führt regelmäßig Besuchergruppen durch die Marbacher Alexanderkirche. Foto: Ralf Poller/Avanti

Auf Erkundungstour in der Region – zu geheimnisvollen Burgen und Ruinen, prächtigen Schlössern und eindrucksvollen Kirchen. Heute: die Alexanderkirche in Marbach.

Die Alexanderkirche in Marbach (Kreis Ludwigsburg)  ist etwas Besonderes. Schon allein wegen ihrer Lage – sie liegt nämlich außerhalb der Altstadt, was ungewöhnlich ist. Doch auch im Inneren hat der spätgotische Sakralbau einige Schätze zu bieten.

Was macht die Alexanderkirche aus?

Sie ist ein sakraler Schatz aus der Spätgotik in Form einer Hallenkirche, obwohl sie ursprünglich von dem bekannten württembergischen Baumeister Aberlin Jörg, dessen Baumeisterzeichen eingeritzt ist, als Basilika geplant wurde. Wie die Inschrift über dem Turm im Westportal zeigt, wurde sie in mehreren Bauphasen erstellt: Der Chor wurde im Jahr 1450 begonnen, das Langhaus 1463, der Turm 1481.

Wer kennt sich denn mit dem Gotteshaus aus?

Eckard Fischer. Wenn der 80-jährige ehemalige Lehrer all sein Wissen über die Alexanderkirche teilen würde, dann würde die Führung mehrere Stunden dauern. Kein Wunder. Seit mehr als 20 Jahren lässt er die Gäste auf seinen Rundgängen an Geschichte und Geschichten teilhaben. Schon der Name des Bauwerks steht für Exklusivität – denn nur diese Kirche ist in Württemberg Alexander gewidmet.

Wer steckt hinter dem Namenspatron?

Alexander war der fünfte Nachfolger auf dem Stuhl Petri von 107 bis 116 in Rom, ehe er den Märtyrertod starb. Lange hielt sich das Gerücht, dass sich ein Teil seiner Reliquien in Marbach befinden, was die Kirche in dieser Zeit zu einem Pilgerort machte.

Warum liegt die Kirche außerhalb der Altstadt?

Ja, der Standort ist ungewöhnlich. Hier lag um 1000 die erste ursprüngliche Siedlung von Marbach, ehe der Ort an anderer Stelle im 12. Jahrhundert neu gegründet wurde. Während die Siedlung um die Pfarrkirche unterging, hielt man an der Kirche fest und hat diese ebenfalls mit schützenden Mauern und Türmen umgeben, die sie zu einer Wehrkirche machte, was die Schießscharten in der Mauer zeigen. Sie blieb lange unbenutzt und dient erst seit einer Renovierung aus der Zeit 1926/28 wieder für Gottesdienste.

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Was ist das Besondere der Kirche?

Da fallen Fischer natürlich viele Dinge ein, es gibt so viele Details zu entdecken, zu denen er die Hintergründe kennt. „Ich liebe vor allem das weitmaschige Netzgewölbe, dessen sechs Schlusssteine verschiedene Symbole zeigen“, sagt der Experte. Spannend findet er auch das Wandbild links neben dem Altarraum, das die Schlacht von Helfenstein und Jesus an Kreuz zeigt. Beim näheren Hinsehen entdeckt man jedoch um dessen Taille Umrisse eines Kindes. Als die Alexanderkirche noch katholisch war, zeigte das Bild die Gottesmutter Maria – im Zuge der Reformation wurde selbige jedoch aus der Kirche verbannt und mit Jesus übermalt. Die kunstvoll gearbeitete Kanzel ruht auf einem Fuß, der als Baum der Erkenntnis mit sieben Herzen als Zeichen der Liebe und dem Sündenfall von Adam und Eva ausgestaltet ist. Die Brüstung zeigt fünf Reliefbilder mit dem Kirchenpatron sowie den vier Kirchenvätern Gregor, Augustinus, Hieronymus und Ambrosius. Interessant sind auch die Grabsteine, die in dem Durchgang auf dem Weg zur Kirche stehen. Die Inschrift eines Grabsteins kann auch zu Missverständnissen führen, wenn man die Schrift nicht richtig lesen kann: „Die meisten lesen ,Millionär in Afrika‘ – aber es heißt Missionar“, sagt Fischer.

Welche besonderen Veranstaltungen finden hier statt?

Der Marbacher Orgelsommer, denn 2005 erhielt die Alexanderkirche mit der Voit-Orgel ein weiteres Schatzstück. Weltweit ist sie die letzte noch erhaltene dreimanualige Voit-Orgel mit mechanischer Spiel- und Registertraktur aus der Zeit der Hochromantik. Die Durlacher Orgelmanufaktur Louis Voit & Söhne hat sie 1868 gebaut. In den Jahren 2002 bis 2005 wurde das Instrument restauriert, und fehlende Teile wurden nach altem Vorbild rekonstruiert. Die Empore musste erweitert werden, damit sie reinpasste.

Wie kommt man hin?

Die Alexanderkirche befindet sich am Alten Markt. Sie ist mit dem Auto zu erreichen. Es gibt aber direkt davor aber nur einige wenige Parkplätze, so dass man am besten auf einen der anderen öffentlichen Parkplätze oder eines der Parkhäuser in der Stadt ausweicht und davor noch einen Spaziergang durch die pittoreske Altstadt macht. Wer mit den öffentlichen Verkehrsmitteln anreist, braucht vom Bahnhof zu Fuß rund sechs Minuten über die Schillerstraße.

Wann kann man die Kirche besichtigen?

Die Alexanderkirche ist in der Zeit von April bis Oktober in der Regel von 9 Uhr bis 17 Uhr für Besichtigungen geöffnet. Kurzfristig kann die Kirche aufgrund von Gottesdiensten oder Konzertproben auch mal geschlossen sein. Wer sichergehen will, dass die Kirche geöffnet ist (auch für Führungen, die kostenlos sind), kontaktiert am besten das Gemeindebüro unter der Telefonnummer 0 71 44 / 89 80 13 oder E-Mail: gemeindebuero.marbach@elkw.de.

Unsere nächste Folge erscheint am Mittwoch, 3. August. Da geht es um die Festung Hohenasperg und ihre wechselvolle Geschichte.

Der Orgelsommer in der Marbacher Alexanderkirche

Serie
Auf Erkundungstour in der Region – zu geheimnisvollen Burgen und Ruinen, prächtigen Schlössern und eindrucksvollen Kirchen. Wir machen uns in und um Stuttgart auf die Suche nach Schlossgespenstern, erzählen spannende Geschichten aus vergangenen Tagen und liefern Wissenswertes zu mächtigen Mauern in luftigen Höhen. Unsere Sommerserie widmet sich diesen kulturellen und historischen Sehenswürdigkeiten und bietet Anregungen für Ausflüge, die sich lohnen. Wetten, dass auch für Sie etwas dabei ist?

Service
  Zurzeit findet in der Alexanderkirche der Orgelsommer statt. Sonntag, 31. Juli, 18 Uhr: Werke von Franz Schmidt, Max Reger, Josef Gabriel Rheinberger, Organistin: Melissa Dermastia, Wien/Graz; Sonntag, 7. August, 18 Uhr; Werke von César Frank, Organist Robert Selinger aus Verden an der Aller; Sonntag, 14. August: sämtliche Orgelwerke von Robert Schumann. Unter https://www.evkg-marbach.de/alexanderkirche/ gibt es weitere Infos, etwa zu Schließtagen.