Die Gebäude des Bildungszentrums West sind in die Jahre gekommen – oben ist die Rundsporthalle zu sehen. Foto: Werner Kuhnle

Bildungszentrum West: Die Stadträte sollen mit „Ja“ stimmen. Unmittelbar vor der Sitzung des Ludwigsburger Gemeinderats ist eine Demonstration auf dem Rathaushof geplant. Rektoren und Eltern üben harte Kritik: Es darf keine weiteren Verzögerungen geben.

Sie sprechen von einer „Mutmach-Aktion“, es handelt sich aber um eine Demonstration – was vermutlich nicht allen Ludwigsburger Kommunalpolitikern passen dürfte. Die Leiter der drei Schulen im Bildungszentrum West (BZW) hoffen, dass die Demo am Donnerstag 23. November, ihnen Rückenwind gibt. Die Protestaktion beginnt um 16.15 Uhr auf dem Rathaushof, also kurz vor dem Beginn der Sitzung des Gemeinderats, in der es um den seit vielen Jahren diskutieren Neubau des Schulzentrums in der Weststadt geht.

Stadträte sollen für Neubau stimmen

„Gemeinsam mit den Eltern der Kinder am BZW wollen wir den Gemeinderat ermutigen, allen anstehenden Beschlüssen zum Neubau das BZW zuzustimmen“, heißt es in einem gemeinsamen Brief der Schulleiter des Otto-Hahn-Gymnasiums (OHG), der Gottlieb-Dailmer-Realschule (GDRS) und der Osterholz-Grundschule. Gerade in diesen schwierigen Zeiten – Stichworte Corona und Ukrainekrieg – gelte es, „ein Signal des Aufbruchs“ zu senden.

Wenige Tage vor der Demo geben sich die Schulleiter zwar freundlich im Ton, sie loben mitunter die Stadt, sind in der Sache aber bestimmt. Mathias Hilber vom Otto-Hahn-Gymnasuim, Hartmut Meier von der Gottlieb-Dailmer-Realschule, und Michael Marek, Osterholz-Grundschule, sagen sinngemäß, es seien schon viel zu viele Jahren der Planungsarbeit ins Land gegangen. „Jetzt muss es losgehen“, erklärt Marek. Losgehen mit den Bauarbeiten: Der Gemeinderat müsse jede weitere Verzögerung unbedingt verhindern. Hilbert erzählt, bereits bei seinem Antritt als Direktor vor fast 20 Jahren sei im Grunde klar gewesen, dass der marode Gebäudekomplex aufwendig saniert oder komplett neu gebaut werden müsse. Aus Brandschutzgründen und wegen der mit Schadstoffen stark belasteten Luft ist die Entscheidung pro Neubau im Grundsatz längst gefallen. Einen Baubeschluss indes gibt es nach wie vor nicht. Meier sagt, wenn die Stadt schneller gehandelt hätte, die ersten Bauabschnitte des neuen Gebäudes könnten längst fertiggestellt sein. Seit rund 15 Jahren werde kaum mehr etwas investiert in den Altbau, entsprechend marode sei das Gebäude.

Sorge: Immer weniger Schüler melden sich an

Die stellvertretende Vorsitzende des Elternbeirats des OHG, Tatjana Schäfer, sagt, jede weitere Verzögerung des Baubeschlusses und des Baubeginns würde das Projekt nur noch weiter verteuern. Die Geduld der Eltern sei irgendwann zu Ende. Dann, so die Befürchtung der Schulleiter, könnte es passieren, dass die Anmeldezahlen an den beiden weiterführenden Schulen stark zurückgehen könnten. Und dann müsste die Stadt als Schulträger die Kinder zuweisen, was unweigerlich zu Unmut bei Müttern und Vätern führen würde.

Eltern: Ludwigsburg soll sich Beispiel an Freiberg nehmen

Die Schulleiter und die Elternvertreterin verweisen auf die Nachbarstadt Freiberg, die ein ähnliches Projekt „durchgezogen“ habe. Der Neubau der dortigen Oscar-Paret-Schule ist kürzlich eröffnet worden. In Ludwigsburg indes werde nach wie vor debattiert, unterdessen seien die Baukosten in die Höhe geschnellt. Einst sei man für den BZW-Neubau von rund 80 Millionen Euro ausgegangen. Lange her. Nun stehen schwindelerregende 200 Millionen Euro im Raum – obwohl das Projekt bereits abgespeckt worden ist, so sei zum Beispiel eine Etage des Gebäudes für das OHG aus den Plänen gestrichen worden. Und ob die eigentlich geplanten Sportanlagen für den Außenbereich tatsächlich gebaut werden, das sei längst nicht ausgemacht.

Das BZW, so die Schulleiter, sei weit mehr als ein Gebäude, das drei Schulen mit zusammen rund 2000 Kindern und Jugendlichen beherberge. Hilbert sagt, im Bildungszentrum arbeiteten auch die Volkshochschule, die Stadtteilbibliothek und die Abendrealschule, das Gelände werde zudem von zwei benachbarten Kitas genutzt. Das Gebäude sei täglich von 7 Uhr am Morgen bis 22 Uhr am Abend offen. Der Neubau sei für die gesamte Stadtgesellschaft von größter Bedeutung. Die drei Schulen – alle mit einem Sportprofil – trügen bei zum Renommee der Stadt Ludwigsburg. Das OHG gehöre zu den landesweit erfolgreichsten Schulen beim Projekt „Jugend trainiert für Olympia“, die Osterholz-Schule sei eine von lediglich vier Grundschulen die Partnerschulen des Sports seien. Hartmut Meier sagt, er hoffe, dass zur Demonstration am kommenden Donnerstag möglichst je Schulkind eine Person erscheine. Das wären dann rund 2000 Personen auf dem Rathaushof, und das wäre durchaus beeindruckend.

Abbrucharbeiten am Campus sollen schon Anfang 2023 beginnen

Rückblick
 Der Grundsatzbeschluss, das Schulzentrum neu zu bauen, fiel im Jahr 2017. Im darauffolgenden Jahr stand der Sieger des Architektenwettbewerbs fest. In der kommenden Woche wird der Gemeinderat wohl den Weg freimachen für erste Arbeiten auf dem Gelände.

Zeitplan
 Vorbehaltlich der Zustimmung sollen die ersten Bäume an der Kaiserstraße schon im kommenden Frühjahr fallen. Auch die Zweigstelle der Bibliothek wird teils abgebrochen. Der Baubeschluss für die Neubauten ist für Juli 2023 anvisiert, die Arbeiten am Neubau ab Mitte 2024.

Finanzierung
 Wie die Stadt die Leistungen für das Schulzentrum vergibt, steht nicht fest. Sie rechnet in jedem Fall mit 20 Millionen Euro an Fördergeld vom Land sowie mindestens 1,25 Millionen Euro, weil die Schulen künftig energieeffizient sind. Die Anträge stellt sie bis Ende des Jahres.