Dieses Auto in Bonn wurde am 13. April 1992 durch herabfallende Steine eines Gebäudes stark demoliert. Foto: dpa/Martin Gerten

In der Türkei und Syrien reißt ein Erdbeben Tausende Menschen in den Tod. Auch hier können Häuser wackeln. Und das, obwohl Deutschland gar nicht in einer Gegend liegt, wo zwei Erdplatten aufeinandertreffen.

Die Situation ist dramatisch: Immer weiter steigt die Opferzahl im Erdbebengebiet an der türkisch-syrischen Grenze – und nach wie vor werden viele Menschen unter den Trümmern vermutet. Ist eine solche Naturkatastrophe wie in der Türkei und Syrien auch in Deutschland möglich? Erdbeben mit schweren Schäden sind zwar auch in Deutschland nicht ausgeschlossen, zumeist verlaufen sie jedoch glimpflich, wie aus Angaben des Geoforschungszentrums Potsdam (GFZ) hervorgeht.

Dass Beben hierzulande deutlich zu spüren sind oder gar Schäden verursachen, ist eher selten. So genannte tektonische Erdbeben entstehen meist durch ruckartige Verschiebungen von Gesteinsschollen im tieferen Bereich der Erdkruste. Zu den am meisten bedrohten Gebieten in Deutschland zählen die Schwäbische Alb, das Vogtland sowie der Rheingraben.

Wann war das letzte schwere Erdbeben in Deutschland?

Weil die afrikanische Platte sich langsam Europa nähert, heben und senken sich Gesteinsfurchen in etwa 20 Kilometern Tiefe unter der Rheinischen Bucht. Sie lösen die größeren Beben aus. Kleinere Beben sind im Rheinland alltäglich. Zum Teil werden sie durch den Abbau von Kohle oder Salz in Bergwerken verursacht und haben nichts mit tektonischen Bewegungen zu tun.

Beben der Stärke 5, bei denen Ziegel und Schornsteine von den Dächern fallen, kommen in Deutschland laut GFZ im Durchschnitt alle zehn Jahre vor. „Historische“ Beben, die Menschenleben gefährden und größere Schäden anrichten können, gibt es statistisch gesehen ein Mal in hundert Jahren.

„Roermond-Beben“ versetzt Rheinland in Angst und Schrecken

Am 13. April 1992 hatte das sogenannte „Roermond-Beben“ die Menschen im Rheinland aus dem Schlaf gerissen. In der Altstadt von Bonn krachte das Teil einer Hausfassade auf ein geparktes Auto. Im Kölner Dom schlug ein 1,50 Meter großes Ornament aus Stein zu Boden.

In Häusern klirrten Gläser, fielen Bücher aus den Regalen, rieselte Putz von der Decke. Menschen stürzten vor Schreck aus dem Bett. Innerhalb kurzer Zeit gingen Tausende Notrufe ein. «Alles schwankt!», berichteten die Anrufer damals panisch bei Polizei und Feuerwehr.

Heftiges Beben im Zollernalb-Kreis

Mit einer Stärke von 5,9 auf der Richterskala war es das stärkste Beben in Mitteleuropa seit 1756 und dauerte ganze 15 Sekunden. Viele gerieten in Panik, es gab rund 40 Verletzte vor allem durch herabfallende Schornsteine und Dachziegeln, eine Frau starb an Herzversagen. Versicherer bezifferten die Schäden auf rund 100 Millionen D-Mark (51,12 Millionen Euro).

Ein besonders starkes Erdbeben ereignete sich auch am 3. September 1978 im baden-württembergischen Zollernalb-Kreis. Damals wurden beim schwersten Erdbeben seit 35 Jahren (5,7 bis 7,1 auf der Richter- Skala) 25 Menschen verletzt. Sachschaden: mindestens 100 Millionen Mark (51 Millionen Euro).

Viele Erdbeben im Südwesten

Die Hälfte aller Erdbeben in Deutschland haben ihr Epizentrum in Baden-Württemberg. Dort kommt es im langjährigen Durchschnitt einmal im Monat zu einem Beben der Stärke 3. Oft sind dies nur lokale Erschütterungen, die lediglich von wenigen Menschen wahrgenommen werden. Schwerpunkte sind der Rheingraben von Mainz bis Basel sowie der Zollernalbkreis auf der Schwäbischen Alb.

Grund sind fast immer ruckartige Verschiebungen von Gesteinsschollen im tieferen Bereich der Erdkruste entlang von geologischen Verwerfungszonen. Vor rund 50 Millionen Jahren brachen Schwarzwald und Vogesen auseinander. Dadurch entstand der 40 Kilometer breite Oberrheingraben, der von tektonischen Störungen zerschnitten ist.

Die Stärke um 4 wird etwa einmal jährlich im Südwesten registriert; dabei kann es zu kleinen Beschädigungen wie Rissen im Putz kommen. Im Schnitt nur rund alle zehn Jahre gibt es Beben der Stärke 5, bei denen Ziegel und Schornsteine von den Dächern fallen und Mauerrisse vorkommen. Die Stärke bis 6 mit größeren Schäden wird statistisch alle 100 bis 200 Jahre einmal verzeichnet.