Am Gewürz- und Teestand bekommen die Kunden Körbchen, in denen sie die Ware sammeln, bis sie zahlen. Foto: /Geronimo Schmidt

Stöbern, shoppen, schlemmen, schwätzen: In der Steinstraße in Leonberg ist gut was los. Die Gründe für einen Krämermarktbesuch: völlig verschieden.

Links? Rechts? Manch ein Besucher weiß gar nicht so recht, wo er zuerst hingucken soll. Oder hinhören. „Lecker, lecker“, preist ein Händler sein Fladenbrot an. „Die Damen, haben Sie kurz Zeit?“ Wenige Schritte weiter gibt ein anderer junger Mann alles, damit die Leute zusehen, wie er Karotten schält und Weißkohl zerkleinert. Der Beschicker spult seine Show ab, wie ein Entertainer, immer und immer wieder. Hat er Erfolg, wächst die Menschentraube, erntet er Lacher – und verkauft seine Gemüseschäler.

Ein Zuschauer nimmt gleich zwei mit. Um sie mal auszuprobieren, wie er sagt. Seit 60 Jahren lebe er in Leonberg – und seitdem besuche er jedes Jahr den Pferde- beziehungsweise Krämermarkt. Freilich wüssten die Händler ganz genau, wie sie ihre Ware zu bewerben haben, und natürlich sei auch Schrott dabei. Dennoch, er wolle die Händler unterstützen. „Die tun mir auch leid“, meint der Mann. Vor allem bei dem Wetter.

Nachbarn, Bekannte, Freunde treffen

Trotz Regens ist der Krämermarkt am Dienstag gut besucht. Das Gedränge in der Steinstraße nimmt zu, je später es wird. Junge und Alte stöbern in den Angeboten an den rund 120 Ständen. Hier zieht eine Frau mit zwei Körben von dannen, da freut sich eine andere über Osterdeko. Hier beißt ein Mann in sein Wurstbrötchen, da nascht ein Kind Gummitiere. Wer auf den Krämermarkt geht, trifft Nachbarn, Bekannte, Freunde. Viele sind wegen des Essens da, viele kaufen auch etwas. Zum Beispiel bei Jürgen Bär.

Der Beschicker aus Pirmasens bietet in Leonberg seit 21 Jahren Haushaltswaren an – Messer, Bürsten, Staubwedel und vieles mehr. Er sei sehr zufrieden mit dem Geschäft, berichtet er – und auch, er habe viele Stammkunden und solche, die über Mundpropaganda kämen.

„Die Qualität muss stimmen“

Jürgen Bär erzählt, die Leute würden gezielt bei ihm kaufen, weil sie anderswo nur noch schwierig Haushaltswaren fänden – mit Ausnahme des Internets. Allerdings: „Die Qualität muss stimmen. Dann sind die Leute auch bereit, ein paar Euro mehr zu zahlen“, so Bär. Würde ein Produkt nichts taugen oder nach einmaligem Gebrauch auseinanderfallen, würde er die Kunden kein zweites Mal sehen. Wichtig sei auch, sie bei Bedarf zu beraten. „Man muss sich mit den Artikeln, die man verkauft, befassen.“

Eine ältere Dame hat bei Jürgen Bär mehrere Sachen erstanden. „Wo sonst soll ich Haushaltswaren kaufen, seitdem beispielsweise Karstadt zugemacht hat?“, fragt sie und schiebt dann allgemeine Kritik hinterher. Seit der Coronapandemie habe der Krämermarkt nachgelassen. So vermisse sie die Stände mit Bekleidung von der Schwäbischen Alb. Stattdessen gebe es immer mehr „Fressstände“. „Deswegen komme ich sicher nicht her.“

Kundin schwört auf Kraft von Kräutern

Die Beschickerinnen am Gewürz- und Teestand gehören zu denen, die alle Hände voll zu tun haben. Sie reichen den Kunden Körbchen, in denen sie die Ware sammeln, bis sie sie zahlen. Eine Gebersheimerin legt losen Pfefferminz- und Weidenrindentee rein samt Masala, eine Gewürzmischung. Sie schwöre auf die Wirkung von Kräutern und vertraue darauf, dass die Qualität stimme. Minztee habe sie besorgt, weil ihre Kinder die verschiedenen Sorten lieben würden, Weidenrindentee, weil er gegen Schmerzen und Entzündungen helfe. Die Frau hält inne. Sie hat Rosenblüten vergessen, stellt sie fest und eilt zurück zum Stand. Gemischt mit Matetee seien die super für die Gesichtshaut.

Paradies für Honigliebhaber: Der Krämermarkt bietet eine reichhaltige Auswahl. Foto: Geronimo Schmidt