Von so einer Anbaufläche träumen wohl viele Cannabis-Cub-Gründer. Doch der Weg dorthin ist beschwerlich, berichten Michael Tizzano und Margarita Burghardt aus Ludwigsburg. Foto: /Simon Granville

Zwei Cannabis-Clubs in Ludwigsburg stehen in den Startlöcher, einer plant noch in diesem Jahr eine Ernte. Ein genauer Blick zeigt die Plackerei der Vereine, die Emotionen in der Stadtpolitik und die Wege, Geld zu verdienen.

Seit dem 1. April ist Kiffen in Deutschland erlaubt – aber wann bekommt man Cannabis auch legal in Ludwigsburg? Um das Geschäft aus der Schmuddelecke zu holen, sollen sogenannte Social Clubs die Cannabis-Produkte anbauen und verteilen. Margarita Burghardt und Michael Tizzano wollen jeweils solche Vereine in Ludwigsburg möglich machen – doch das dauert.

Wann gehen die Cannabis Clubs an den Start?

Margarita Burghardt ist Familienmutter und zukünftige Vorständin des Cannameleon Cannabis Clubs Ludwigsburg. Es habe gedauert, sieben Gründungsmitglieder zusammen zu bekommen, „jetzt haben wir aber unsere Gruppe und stehen kurz vor unserer Satzung. Dann können wir loslegen.“ Der Verein wird von Cannameleon unterstützt, ein Start-up, das bereits einen Laden für Hanfprodukte in der Ludwigsburger Seestraße betreibt. Der Verein und der Laden wollen gemeinsam eine Cannabis-Gemeinschaft in Ludwigsburg gründen. Bis Frühling 2025 will der Club eine geeignete Anbaufläche finden, am besten in einer Industriehalle. Dort soll dann auch ein Ort der Begegnung entstehen, an dem sich Mitglieder austauschen können.

Michael Tizzano ist als Berater des Cannabis Clubs 23 (CC23) schon etwas weiter. Die Clubgründer haben eine alte Gärtnerei zwischen Bietigheim und Heilbronn angemietet, im besten Fall wollen sie im Dezember die erste Ernte einfahren und ausgeben, sagt Tizzano. Auch er hilft den Gründern aktuell bei der Vereinssatzung, zudem sucht die Gruppe einen Clubraum im Stadtgebiet. Sie stellen sich einen kleinen Laden vor, in dem Club-Mitglieder zu verschiedenen Sorten beraten werden.

Welche Hürden gibt es für die Cannabis Clubs?

Dass beide Ludwigsburger Vereine noch an ihrer Satzung hängen, ist kein Zufall. „Die Anträge sind eine Papierschlacht“, sagt Michael Tizzano. Unter anderem verlangt das zuständige Regierungspräsidium Freiburg ein Jugendschutzkonzept, zudem Informationen über die Sorten, den Transport und die Lagerung. Jedes Gründungsmitglied muss zudem ein Führungszeugnis vorweisen, damit ehemalige Dealer herausgefischt werden können.

Margarita Burghardt. Foto: Simon Granville

Burghardt und Tizzano zeigen Verständnis für den behördlichen Aufwand. „Das ist alles Neuland, auch für die Behörden, das dauert dann eben länger“, sagt Margarita Burghardt. Beide finden es richtig, dass geguckt wird, wer da wo anbaut.

Was wird aus dem Schwarzmarkt?

Durch die Vereinsarbeit verlieren illegale Dealer ihr Geschäftsmodell – das ist eine große Hoffnung der Politik. Das klappt aber nur, wenn die Vereine auch attraktive Preise bieten. „Wir wollen unsere Mitglieder zu Schwarzmarktpreisen versorgen“, sagt Burghardt. Sie glaube fest daran, dass dann der illegale Verkauf austrocknet und sich ein bewussterer Konsum im Rahmen der Vereine durchsetzt.

Es werde eine Herausforderung, so kostengünstig anzubauen, dass man das Gras für die üblichen zehn Euro pro Gramm ausgeben kann, sagt Tizzano. Wer in großem Rahmen anbaut und vertreibt, kann auch Preise senken. Laut Gesetz dürfen Vereine aber jeweils nur für maximal 500 Mitglieder anbauen. Er sei gespannt, ob die Vereine so das Geschäftsmodell der Dealer verdrängen können, sagt Tizzano.

Michael Tizzano. Foto: Simon Granville

Die Landespolitik ist derweil skeptisch. Nach Einschätzung des Innenministeriums besteht die Gefahr, dass die Legalisierung nicht zur Austrocknung des Schwarzmarktes beiträgt, sondern sich stattdessen zum „Konjunkturpaket für die organisierte Rauschgiftkriminalität entwickeln könnte“.

Wie reagiert die Stadtpolitik?

Die Stadtpolitik ist geteilter Meinung über den legalen Vertrieb. Oberbürgermeister Matthias Knecht sieht zwar einen Nutzen in medizinischem Cannabis, einen so offenen Umgang mit der Droge heißt er aber nicht gut. „Wir unterstützen keine Maßnahmen, den Konsum zu erleichtern“, sagt auch der CDU-Fraktionsvorsitzende Klaus Herrmann.

Jochen Zeltwanger von den Freien Wählern hofft indes, dass durch die Legalisierung die Drogenkriminalität in Ludwigsburg zurückgeht und hält einen transparenten Umgang mit Cannabis für wichtig: „Ideologische Besserwisserei hat noch niemanden überzeugt, ein gesünderes Leben zu führen.“

Wer verdient am Ende Geld?

Laut Gesetzeslage sollen Cannabis-Vereine nicht kommerziell sein – doch klappt das? Durch die Mitgliedsbeiträge und die legale Abgabe wird Geld fließen, gleichzeitig bringen die Verwaltung, der Anbau und der Vertrieb einen großen Arbeitsaufwand mit sich. Das alleine im Ehrenamt zu stemmen sei unmöglich, sagt Rechtsanwalt Johannes Nelkenstock, der sich auf die Beratung von Cannabis Clubs spezialisiert hat: „Die Clubs können nicht mit Dorfvereinen verglichen werden, eher mit Golfclubs, in denen Leute ein Hobby auf hohem Niveau ausüben.“

Im Schatten der Vereine würden bereits Gesellschaften gegründet werden, die Kredite für den teuren Anbau aufnehmen, sagt Nelkenstock. Zudem werden Jobs geschaffen, zum Beispiel können sich Vorstände für ihre Arbeit bezahlen lassen, was laut Nelkenstock jedoch nicht besonders lukrativ sein dürfte.

Wie andere Vereine auch, müssen Anbauvereine zudem Waren und Dienstleistungen nachfragen. Dafür stehen bereits hunderte Cannabis-Start-ups und Berater in den Startlöchern, die an den Vereinen Geld verdienen wollen. Diese bieten verschiedene Dienstleistungen an, wie etwa den Bau von Anbaucontainern, den Verleih von technische Geräten oder sie verkaufen Software-Lösungen für die Kommunikation mit den Behörden. „Den größten Umsatz mit Cannabis-Clubs werden bestehende Unternehmen wie beispielsweise Stromanbieter, Vermieter von Gewerbeimmobilien, Versicherungsgesellschaften oder Hardware-Hersteller machen“, sagt Nelkenstock.

Wichtige Infos zu Cannabis Clubs

  • Cannabis Social Clubs dürfen maximal 500 Mitglieder haben, damit will der Gesetzgeber verhindern, dass die Vereine große Geschäfte machen.
  • Ein Club hat normalerweise eine Anbaufläche und einen Abgaberaum (Clubraum) – dort ist jedoch kein Konsum erlaubt.
  • Mitglieder zahlen einen monatlichen Beitrag zwischen 30 und 160 Euro, hinzu kommen Aufnahmegebühren.
  • Die Mitglieder dürfen zwischen 30 und 50 Gramm pro Monat beziehen, die Preise bestimmen die Vereine.

Generell kann jeder Gründer eines Cannabis Social Clubs werden, das ist aber mit viel Arbeit verbunden: Es braucht einen sicheren Anbau, einen Mitgliederservice, Jugendschutz und viele Auskünfte an die Behörden. Die Clubs müssen zudem dafür sorgen, dass die Anbaufläche und der Clubraum einen 200 Meter Abstand zu Kitas, Schulen und Sportstätten haben.