Ziemlich lange stand ein Bushäuschen an der verschobenen Sindelfinger Straße in Böblingen wie vergessen im Nichts. Hatte es Mitleid verdient oder geschieht es ihm recht?, fragen wir in unserer Humorkolumne.
„Ein Männlein steht im Walde ganz still und stumm“, beginnt das populäre Kinderlied. Nein, es ist nicht der Fliegenpilz gemeint, wie schnell von irgendeinem in der Runde erklärt wird, sondern die Hagebutte. Sei’s drum, tut nichts zur Sache.
An diese wohlbekannten Zeilen jedenfalls mussten wir denken, als wir um die Weihnachtszeit ein armes einsames Bushäuschen an der Sindelfinger Straße entdeckten. Im Dreck stehend und allein gelassen von den Autobahn-Umbauern, die die Straße zwischen Böblingen und Sindelfingen ein Stück verschoben haben. Rund zehn Meter trennen das Häuschen nun vom Gehweg und dem Platz, wo es eigentlich hingehört. „Bushäuschen steht alleine ganz still und stumm“, könnte man dichten und Mitleid bekommen, während der Güterzug am Häuschen vorbeirauscht und ein eisiger Wind bläst. Immerhin hält die Fahrplantafel tapfer zu dem Ausgestoßenen und weicht ihm nicht von der Seite.
Jetzt weiß das Bushäuschen endlich, wie sich Warten anfühlt
Aber Moment – hat es dieses Bushäuschen nicht auch irgendwie verdient? Mussten wir nicht schon Minuten, Stunden, Tage unseres Lebens warten, endlos warten, bis die Bahn oder der Bus endlich einfuhr? Sollten nicht alle Bahnsteige und Bushalte dieser Welt einmal achtlos an den Rand gestellt werden um zu merken, wie es sich anfühlt, warten zu müssen? Zu warten, bis man endlich abgeholt wird. Zu warten, bis man endlich nach Hause darf.
Nun, das Bushäuschen hat lange genug gewartet. Vergangene Woche ist es tatsächlich abgeholt worden, wie das Böblinger Rathaus auf Nachfrage bestätigt. Auch die neuen „Fahrgastunterstände“, wie die korrekte Bezeichnung lautet, sind für beide Seiten bereits bestellt und werden bald geliefert und aufgebaut.
Und unser Bushäuschen hat Feierabend, ist in den Ruhestand versetzt, sitzt daheim bei einer Tasse Tee und denkt über die Zukunft nach. „Das Warten hat ein Ende“, sinniert es vielleicht, „endlich.“